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Kultur der kleinen Dinge
Wir haben, was wir uns vor 20 Jahren in den kühnsten Träumen nicht hätten einfallen lassen — wir haben das Auto, den Kühlschrank, den Fersehapparat, mit einem Wort, wir haben die Konsumgesellschaft und wir haben Zivilisation. Gekaufte Zivilisation, um sich das Leben zu jeder Zeit angenehmer zu machen. Es wäre sinnlos, die Vorzüge dieser Möglichkeiten leugnen zu wollen oder in falsch verstandenem Kulturbewußtsein dagegen ankämpfen zu wollen. Es mag aber sehr wohl an der Zeit sein, sich darauf zu besinnen, daß es jenseits der Zivilisation im täglichen Leben und mehr noch dort, wo die eigentliche persönliche Sphäre des Menschen beginnt, eine Menge Dinge gibt, die man zwar auch um gutes Geld kaufen kann, die aber weder durch den Wohlstand noch durch die damit scheinbar verbundene Repräsentation, und nicht einmal durch den bloßen Bedarf, als unbedingte Notwendigkeit in unserem Anschaffungskonto erscheinen. Es sind dies die kleinen Dinge, die man ganz einfach gerne haben möchte, die man nicht unbedingt braucht und die, wie kaum etwas anderes, dazu geeignet sind, jene Atmosphäre von Kultur zu schaffen, die uns — gerade weil wir es uns leisten können — im Uberangebot der Waren heute so leicht verlorenzugehen droht.
Wir meinen damit nicht den Luxus und die Luxusgüter. Luxus ist in erster Linie eine Frage des Geldes und vielleicht auch noch eine Frage der Zeit. Es sei denn, man meint damit jenen persönlichen Luxus, für den in den harten Kriegs- und Nachkriegsjahren einfach der Sinn fehlte, den Luxus, sich Dinge anzuschaffen, die durch ihr bloßes Dasein erfreuen und uns Kraft und Anregung für ein gehetztes Arbeitsdasein geben.
Wahrscheinlich wird jeder Mensch etwas ganz anderes unter diesen Dingen verstehen. Für den einen werden es Einrichtungsgegenstände für die Wohnung sein, für den anderen Kleinigkeiten, die zur Kleidung gehören, oder irgend etwas, das mit seinem Hobby zu tun hat. Das gemeinsame Kennzeichen ist, daß es sich immer um Gegenstände handelt, zu denen man eine ganz besondere persönliche Beziehung hat, die einem mehr bedeuten als den Wert des Geldes und die daher
auch mit besonderer Sorgfalt ausgewählt sein wollen. Denn in dieser Auswahl kann man persönliche Neigungen und individuellen Geschmack beweisen und kann sich oder anderen über die Bedarfsnotwendigkeit hinaus Freude bereiten. Den schon einmal zitierten Kühlschrank wählt man nach praktischen Gesichtspunkten, nach Größe, Funktion; und wenn man noch überlegt, ob die Formgebung auch ansprechend ist, hat man damit schon geradezu eine Pioniertat vollbracht. Die
Kleinigkeiten aber, die viel mehr zum persönlichen Besitz gehören als die perfekten technischen Wunderwerke, sucht man vor allem danach aus, ob sie einem gefallen und ob man sie ständig und für immer um sich haben möchte.
Bleiben wir einmal bei den Dingen für die Wohnung. Aus dem oben Gesagten ergibt sich schon, daß es sich dabei kaum um Geräte für das Badezimmer und auch nicht für die Küche handeln wird, daß aber etwa eine schöne Tischlampe, ein Aschenbecher, eine Vase, das Glas für festliche Anlässe oder eine besonders schöne Kaffeegarnitur bereits dem Bereich der persönlichen Atmosphäre angehören. Vielleicht ist gerade in unserer nüchternen Zeit, die so energisch mit Zierat und Ausschmückung im Wohnraum aufgeräumt hat, das Bedürfnis um so stärker, doch irgendwo ein paar Dinge zu haben, die man nicht nur benützen kann, sondern auch liebgewinnen will. Diese Anforderungen erfüllen
besonders kunsthandwerklich hergestellte Gegenstände. Echtes Kunsthandwerk, wie es in Österreich und in Wien eine alte Tradition hat. Es ist nicht immer leicht, heute zwischen mehr oder minder geschickten Nachahmungen solcher Kunsthandwerkserzeugnisse und den
des Schöpfers, die ganz persönliche Handschrift, und spricht den Käufer und künftigen Benutzer auf diese Weise sofort persönlich an. Er hat das Gefühl, dieses Stück wurde eigens für ihn gemacht, und sein Besitz unterscheidet ihn von allen anderen, die ähnliche Gegenstände haben. Denken wir doch zum Beispiel an eine schöne Keramikschale, die mit ihrer völlig unverwechselbaren Glasur als Einzelstück ihren besonderen Wert erhält. Oder an handbedruckte Stoffe, an Drechselarbeiten aus Holz oder Horn oder Flechtwaren, bei denen gerade geringfügige Unregelmäßigkeiten die schaffende Hand des Meisters bei der Arbeit erkennen lassen. Das soll nun nicht heißen, daß die persönliche, durch eigenen Geschmack und Vorliebe ge-
wirklich guten Leistungen zu unterscheiden; mit etwas Sorgfalt und einer gewissen Schulung im Schauen gelingt es aber sehr bald. Denn das kunsthandwerkliche Einzelstück — selbst wenn es mit geringfügigen Variationen wiederholt wird — trägt immer die Merkmale
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