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Möbel, made in Austria

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Kunde behandelt werden und nicht als genormter „Planverbraucher“, so hat er allen Grund, den Bestand tausender Einzelhandlungen zu bejahen und zu wünschen, weil er nur dann seine freie Konsumentscheidung mit Erfolg durchzusetzen vermag. Käme es wieder zu Krisenerscheinungen, so wissen wir aus leidvoller Erfahrung, wie sehr die Bevölkerung auf diese bewährten Kleinfirmen angewiesen ist, die auch in der Stunde der Not und bittersten Erniedrigung dank der großen Opfer und der braven und tüchtigen Frauen, die ihre Männer hervorragend vertreten haben, das Leben überhaupt ermöglicht haben. Wo waren sie denn, alle jene Volkswohltäter und Beglücker, als es, darum ging, aus Schutt und Asche wieder zu erstehen? Diese Tausende und aber Tausende Mittel- und Kleinbetriebe haben durch persönliche Initiative, trotz Hunger und Kälte, ohne jede staatliche Hilfe, mutig und tapfer die ersten wirtschaftlichen Schritte des Staates ermöglicht, und wir sollten diese große Tat niemals vergessen und unbfedankt lassen. Hätten sie ebenso wie manche andere auf den Staat gewartet, wären wir wahrscheinlich kaum mehr am Leben.

Damit aber bekommt die Frage des Bestandes der Mittel- und Kleinbetriebe einen hochpolitischen und gesellschaftlichen Charakter. Wo es nur noch einige Großbetriebe gibt, steht die Verstaatlichung, wie man sie heißen möge, vor der Tür, aber mit dem Tod des gewerblichen Mittelstandes stirbt auch die Freiheit überhaupt, weil die Freiheit unteilbar war, ist und sein wird.

Um jedes Mißverständnis auszuschalten, möchte ich darauf hinweisen, daß ich weder ein Maschinenstürmer noch Windmühlenkämpfer bin. Es soll und muß Großbetriebe geben, aber die Buntheit zahlloser Klein- und Mittelbetriebe kennzeichnet die wirtschaftliche Freiheit der westlichen Welt, im Gegensatz zur eingeplanten, schalen und leistungsfremden Staatswirtschaft des Ostens, wovon sich jeder persönlich bei einem Besuch hinter dem Eisernen Vorhang selbst überzeugen kann. Keine noch so gute Zentraldienststelle kann die persönliche Leistung des einzelnen ersetzen.

Der Greißler auf Bundesbahnreglement ist wohl nur ein Alptraum, der hoffentlich nie Wirklichkeit werden wird. Weil der einzelne Betriebsinhaber von seinem Geschäft leben muß, ist er täglich gezwungen, seine Kundschaft noch besser, billiger und attraktiver zu bedienen, und dieser Trieb kann durch kein Zwangsgesetz ersetzt werden.

Fortschritt? Gewiß. Neue Schale und moderne Verkaufsmethoden? , Natürlich. Aber keine Expreßentwicklung und keine Experimente, sondern auch hier der goldene Mittelweg, eine organische Entwicklung, die das gute Alte bewahrt und das neue Fortschrittliche bejaht. Auch hier die Synthese von Tradition und Fortschritt.

Damit stellt sich auch der Handel, wie seit eh und je, in den Dienst des ganzen Volkes. Noch immer hat der private Handel den Konsumenten am besten und billigsten bedient und damit seine Existenzberechtigung klar unter Beweis gestellt. Heute wie morgen aber wird gerade der Handel als völkerverbindendes Glied ein ehrlicher Makler einer Großraumidee wirken. Nicht von ungefähr entstand Freytags herrlicher Roman, der davon kündet, daß der Handel über alle kommerziellen Funktionen hinaus ein echter und bewährter Kulturträger war. Im herandämmernden

Großraum Europas wird der Handel seine weltweiten Funktionen ebenso erfüllen, wie er diese in dem schon einmal bereits bestandenen großen Wirtschaftsraum der alten und ehrwürdigen Donaumonarchie glänzend bewiesen hat. Der Handel bittet nicht um Subventionen, er fordert keine staatliche direkte noch indirekte Hilfe! Gerade im Atomzeitalter ist der Handel als echte menschliche Brücke der Garant für den erfolgreichen Kampf christlich-abendländischer Menschenwürde gegen den östlichen Kollektivismus. Nur in der Freiheit kann und wird der Handel bestehen, und daher ist er ein echter und ver-

läßlicher Kämpfer für die wirtschaftliche und damit persönliche Freiheit!

Man sagt, der Greißler sei tot, die alten Handelsformen seien überlebt. Ich aber glaube ehrlichen Herzens, daß die Chancen für den Handel nach Überwindung lokaler Steuer- und anderer Fragen und im Zeichen einer echten Renaissance der menschlichen und persönlichen Leistung noch niemals so groß, seine Aufgaben und Leistungen noch nie so gewaltig waren wie am Vorabend der Wiedergeburt des oft totgesagten, aber ewig jungen Europas — des Urquells aller geistigen Kräfte dieser Erde.

Bei der Wiener Frühjahrsmesse 1961 wird zum erstenmal die Möbelausstellung auf dem Messegelände durchgeführt und ist dementsprechend die größte derartige Sonderschau in Österreich. Wir geben daher diesmal gerade den Problemen dieses .Wirtschaftszweiges entsprechend Raum.

Jede Vorbereitung für die Integration bringt die Notwendigkeit mit sich, zu exportieren, denn Öffnung der Grenzen bringt Importe ins Land. Notwendigerweise verringert dies die Absatzmöglichkeiten für inländische Erzeugnisse und bringt damit einen Verlust an inländischen Arbeitsplätzen. Konstruktiv kann dieser Verlust nur durch Exporte ausgeglichen werden. Es ist dabei an sich gleichgültig, von welchen Betrieben eines Wirtschaftszweiges dieser Export durchgeführt wird. Denn gelingt der Export auch nur bei einem Teil, so werden wieder Arbeitsplätze geschaffen, und der Arbeitsmarkt bleibt im Gleichgewicht. Gelingt aber der Export nicht, so müssen jene Betriebe, die Absatz verloren haben, trachten, den Absatz anderen Betrieben auf dem Inlandsmarkt abzunehmen.

Wie sieht aber nun der Markt des österreichischen Tischlergewerbes aus, das derzeit mit 9783 Betrieben und zirka 30.000 Beschäftigten im Rahmen der 40.000 Beschäftigten der Möbelindustrie und des Gewerbes einen bedeutenden Platz einnimmt?

Zum ersten ist es im Bereich der Möbelerzeugung — Bautischler und Spezialgebiete bleiben bei dieser Untersuchung außer acht — der persönlich geprägte Bedarf. Dieses Gebiet ist eine besondere Domäne des Tischlerhandwerks. Trotzdem aber besteht hier Konkurrenz zu anderen Gebieten. Wenn der Kunde auch ein für ihn persönlich gefertigtes Stück vorzieht, so darf der Preis nicht so hoch über den Massenerzeugnissen liegen, daß der Kunde am Ende zwar bedauernd, aber doch darauf verzichten müßte, seinem persönlichen Geschmack durch eine Einzelanfertigung Rechnung zu tragen.

An und für sich hat dieses Gebiet besondere Bedeutung für die Gestaltung; Denn weisen auch manche Gegenstände des Massenkonsums schon eine gewisse Vollendung auf, So ist die Aufgabe des Architekten und des Raumgestalters bei ihnen doch nur auf ein Arrangieren beschränkt. Nur dort, wo „nach Maß“ gearbeitet wird, kann ein Entwerfer schöpferisch tätig sein.

Bei der Kleinserie aber ist der handwerkliche Betrieb vielfach in Konkurrenz mit den Massenerzeugnissen. Trotzdem trachten viele Betriebe, auf diesem Gebiet auch den Bedarf weiter Kreise zu befriedigen und trotzdem — eben durch die kleinen Serien — keine Uniformierung entstehen zu lassen.

Auf diesem Gebiet steht aber das Tischlerhandwerk naturgemäß in einer direkten un-

mittelbaren Konkurrenz mit den großen Fabriken des In- und Auslandes.

Um der Konkurrenz, die sich durch die Integration zwangsläufig ergibt, begegnen zu können, sind Maßnahmen nötig, und zwar auf technischem Gebiet, insbesondere durch Rationalisierung,

• auf dem Gebiet der Formgebung,

• in den Fragen der Werbung und des Marktes und

• nicht zuletzt im Hinblick auf die geistige Einstellung.

Die Rationalisierung

wurde im Tischlergewerbe schon vor mehr als einem Jahrzehnt begonnen,. Die Einrichtung einer technischen Beratungsstelle für Auswahl der zweckmäßigen Materialien, rationelles Arbeiten, die Sammlung der nötigen schriftlichen Unterlagen in einem Tischlerlexikcm, die Vermittlung des Wissens in Arbeitsgemeinschaften und Arbeitstagungen wurde sowohl in Wien als

auch in verschiedenen Bundesländern schon vor Jahren begonnen.

Derzeit ist im Anschluß an Arbeiten, deren Beginn ebenfalls schon Jahre, sowohl in Wien als auch in Salzburg, zurückliegt, eine Rationalisierungsaktion des Bundeswirtschaftsförde-rungsinstituts im Zuge, die an die 200 Betriebe erfassen soll und zahlreiche Meister zu ihren Mitarbeitern zählt.

Ein besonderes Problem dabei stellt auch die Werkstättenfrage dar, die auf dem flachen Land verhältnismäßig leicht lösbar ist, in der Großstadt jedoch eine besondere Zusammenarbeit mit der Stadtplanung erfordert, denn der handwerkliche Betrieb muß kundennah sein, um seinen Aufgaben nachkommen zu können.

Auch auf dem Gebiet der

Formgebung

setzten die Bemühungen schon bald nach 1945 ein. Damals noch in Zusammenarbeit mit dem inzwischen verstorbenen Prof. Witzmann. In der weiteren Folge sollten eine Reihe von Ausstellungen, teilweise unter internationaler Beteiligung, sowohl dem Publikum als auch dem Meister selbst den derzeitigen Stand als auch die zu erreichenden Ziele aufzeigen.

So brachte vor einem halben Dutzend Jahren die Ausstellung „Schweiz — Österreich“ erstmalig eine Gegenüberstellung des schweizerischen avantgardistischen und des österreichischen, mehr kunsthandwerklichen Möbel Schaffens.

Daran schloß sich eine Zusammenarbeit mit den Meisterklassen Prof. Hartls und Prof. Niedermosers der Akademie für angewandte Kunst, die bis heute andauert und als erstes Ergebnis die Ausstellung „Modern, nicht modisch“ brachte.

Modern zeigte sich dabei das Möbelstück, das — wie historische Vergleiche ergaben — den jeweiligen Erfordernissen seiner Zeit entsprechend durch Jahrhunderte zeitlos bleiben kann, während das modische Stück jeweils aus der Nachahmung oder aus dem Streben, aufzufallen, entsteht.

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