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Österreich ist eine Wirtschaftslokomotive

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In der angesehenen Neuen Zürcher Zeitung, der man einen kritischen Blick gegenüber Österreich nicht absprechen kann, stellte ein international bekannter Beobachter fest, daß die Weltkonjunktur am stärksten von den Lokomotiven Deutschland, Japan und Österreich gezogen wird. Zu diesem Bild paßt es, die Unternehmer als die Lokomotivführer zu bezeichnen.

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In der angesehenen Neuen Zürcher Zeitung, der man einen kritischen Blick gegenüber Österreich nicht absprechen kann, stellte ein international bekannter Beobachter fest, daß die Weltkonjunktur am stärksten von den Lokomotiven Deutschland, Japan und Österreich gezogen wird. Zu diesem Bild paßt es, die Unternehmer als die Lokomotivführer zu bezeichnen.

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So erfreulich dieses Urteil aus dem Ausland auch ist, im Inland steht man dieser hohen Bewertung skeptischer gegenüber. In manchen Kreisen herrscht sogar Mißtrauen gegen die Hochschätzung der Unternehmen und damit auch der Unternehmer- gleichgültig, obes sich um Eigentumsunternehmer oder um die verantwortungs-vollen. beauftragten Unternehmer (Topmanager) handelt - vor.

Es ist daher von Interesse, wie die Betroffenen selbst über sich und ihre Leistungen denken und vor allem, warum sie sich so wenig oder nur unzureichend in der Öffentlichkeit präsentieren. Auf meine Bitte haben sich eine Anzahl von Persönlichkeiten aus den unterschiedlichen Zweigen des Wirtschaftslebens für eine Befragung, wie sie sich selbst als tragende und verantwortungsbewußte Unternehmer erkennen, zur Verfügung gestellt.

Neben diesen Personen, die zu einer solchen Zusammenarbeit bereit waren, antworteten auf meine Anfrage auch eine Reihe von Topleuten, daß sie an sich mein Vorhaben begrüßten. Sie selbst wollten in der beabsichtigten Publikation" aber nicht aufscheinen, da sie sich ihren Mitarbeitern so verpflichtet fühlten, daß sie nicht allein herausgestellt werden wollten. f*0'2 ruxjS'S Stw

Dieser bemerkenswerte und sympathische Zug an Bescheidenheit wird aber oft, zumindest im Ausland, als mangelndes Selbstbewußtsein ausgelegt. Wir sind daher der Frage nachgegangen, ob es sich da um eine spezielle Eigenschaft des „österreichischen Unternehmers" handelt. Unerwartet stießen wir auf einige Aussagen, die wir als aus der Geschichte stammende Vorurteile erkannten, die die meisten Unternehmer zwar längst überwunden hatten, die aber unbewußt noch nachwirkten.

Eines dieser Vorurteile stammt noch ausderZeitder Monarchie. Als Nachwirkung zum früheren feudalen Lebensstil galt bis vor kurzem noch immer der Beamte, auch der Advokat und der Arzt, später der politische Funktionär als prägender Typ der Gesellschaftsordnung, während der Ver-treterder Wirtschaft zweitrangig bl ieb. Diese frühere Wertordnung könnte heute nebensächlich sein, doch basierte daraus auch eine jahrzehntelange Mißachtung des wirtschaftlichen Erfolgsdenkens.

Der Wirtschaftsführer war aus diesem Grund gezwungen, Kompromisse einzugehen. Die meisten Topleutc der Wirtschaft haben sich aber wohl die Liebenswürdigkeit bewahrt (österreichischen Charme), was aber im Gegensatz zur Zeit noch 30 Jahre zuvor, keineswegs a|s Schwäche gilt.

Ein zweites Erbe scheint auch noch belastend nachzuwirken. Österreich galt und gilt noch immer als das Land der Klein- und Mittelbetriebe, .was durchaus positiv zu werten ist. Auch ist die eigene Industrie- und Gewerbestruktur nicht viel anders als in vergleichbaren Ländern Europas. Aber den Österreichern wird gar nicht zugetraut. Großunternehmen zu errichten, da sogar im Inland die Ansicht verbreitet war. daß unsere Großbetriebe entweder verstaatlicht oder in ausländischer Hand sein müßten. Es ist heute aber doch bekannt, daß diese Ansicht zumindest für die letzten zehn Jahre nicht mehr gilt. Man weiß, daß bei allen Vorteilen, die Mittelbetriebe dank ihrer Flexibilität und ihrer Inno-vationsfreude bieten, Großunternehmen unverzichtbar sind.

Sie haben die finanzielle Kapazität, um aus eigener Kraft im Ausland Betriebe aufzubauen und eine effiziente Forschung zu betreiben. Der Schritt zum innovationsfreudigen Großbetrieb ist bei uns in vollem Gang und das dank unternehmerischen Persönlichkeiten, die zumindest für den ökonomischen Bereich das Dichterwort .....doch die Größe ist gefährlich" als nicht mehr relevant ansehen.

Der dritte neue Aspekt ist die zielbewußte Übernahme von Eigentumsrechten am eigenen Unternehmen durch Mitarbeiter, vor allem durch das Management; diese Tatsache stellt geistesgeschichtlich eine Revolution dar. In Österreich war, begünstigt durch die politischen Verhältnisse der letzten fünfzig Jahre, eine hohe Anzahl von Unternehmen in die öffentliche Hand überführt worden, sodaß man dem Produktionsfaktor Kapital, in Form der Eigentumsrechte, eine geringere Bedeutung zumaß, da das Kapitalrisiko durch den Staat und andere Einrichtungen übernommen wurde.

Jetzt ist man weitgehend bereit, wieder bewußt Kapitalrisiko zu übernehmen. Damit ist auch ein Ansatzpunkt gegeben, den unseligen Konflikt zwischen Arbeit und Kapital endlich auszuräumen.

Diese drei neuen Wertvorstellungen (Hochschätzen der wirtschaftlichen Leistung des einzelnen, die Bereitschaft, den Sprung in die Größe zu wagen, die bewußte Übernahme von Kapitalrisiko) beenden jene historische Belastung, die der Entwick-lung der Wirtschaft in unserm Land feindlich gegenübergestanden war.

Mit der neuen Auffassung wächst auch die Verantwortung der Unternehmer und aller unternehmerisch tätigen Führungskräfte. Man hat dies als Untemehmerefhik bezeichnet, die so lange ein inhaltsloser Begriff bleiben wird, so lange sie nicht mit konkreten Inhalten gefüllt werden kann. Das ethische Verhalten von Unternehmern setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen:

I. Ünternehmerethik ist Verant w or-tunggegenüberdem Unternehmen als Ganzes, das man mit Erfolg führen muß. 2. Ünternehmerethik ist Innovationsbereitschaft in Technik. Management und Marketing. 3. Ünternehmerethik ist Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern. 4. Ünternehmerethik ist Verantwortung gegenüber der Umwelt, die man mit einer vernünftig einzusetzenden Technik beherrschen muß. 5. Ünternehmerethik ist Verantwortung gegenüber der Gesellschaft, die sich in der Mitarbeit in Politik, Interessenvertretungen, aber auch in Kultur und Wissenschaft, auszudrücken hat.

Österreich hat seit etwa zehn bis zwölf Jahren eine neue Schicht von verantwortungsbereiten Unternehmern aufgebaut, die dazu wesentlich beigetragen haben, daß Österreichs Wirtschaft eine der Lokomotiven beim Weltkonjunkturszug geworden ist.

"ERFOLGSBIOGRAPHIEN AUS ÖSTERREICH. Von Alois Brusatti/Gerald Schulze. Norka-Verlag. 160 Seiten, Leinen. öS 290.-.

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