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Kreditgarantiegemeinschaften

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In letzter Zeit war viel von Kreditgarantie-gemeinsohaften die Rede. (Unter andern Wirtschaftspolitische Blätter Nr. 2/1965, Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen Nr. 10 und 11'1965, Die Bundeswirtschaftskammer, Sektion Geld-, Kredit- und Versicherungswesen, hat in einem Rundschreiben an die Landessektionen vom April 1965 mitgeteilt, daß sich Vertreter aller Kreditinstitutsverbände anläßlich einer Besprechung zur Schaffung von Kreditgarantiegemeinschaften nach bundesdeutschem und schweizerischem Muster positiv geäußert hätten, wobei die Errichtung auf Landesebene als am geeignetsten angesehen wurde.) Diese Angelegenheit steht also auch in Österreich zur Diskussion. Man weist hiebei gerne auf das Vorarlberger Beispiel hin, wo in der sogenannten „Vorarlberger Garantiegemeinschaft“ und in der „Aktion für Mittelkredite“ besonders markante und relativ bedeutende Einrichtungen dieser Art geschaffen worden seien.

Es soll deshalb die Gelegenheit, da die „Furche“ der Vorarlberger Wirtschaft besonderes Augenmerk schenkt, wahrgenommen werden, eine kritische Begutachtung der Kreditgarantiegemeinschaften im allgemeinen und der Vorarlberger Beispiele im besonderen vorzunehmen. Für die allgemeinen Ausführungen soll die Situation in der Bundesrepublik Deutschland herangezogen werden, wo die Kreditgarantiegemeinschaften in letzter Zeit eine im Verhältnis zur gesamten Kreditwirtschaft zwar nicht bedeutende, im Hinblick auf ihre eigene Entwicklung aber gewisse zahlen- und geschäftsmäßige Vergrößerung erfahren haben. Dabei muß, von der Verschiedenheit in einzelnen Ländern und Branchen abgesehen, eine Modellform dargestellt werden, die im wesentlichen auf alle einzelnen Einrichtungen dieser Art paßt.

Demnach sind Kreditgarantiegemeinschaften Kapitalgesellschaften in der Form der Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die gegenüber Kreditinstituten die Ausfallshaftung bis 80 Prozent des Risikos (Bürgschaftsrahmen) übernehmen. Für 20 Prozent haben sich die Kreditinstitute selbst zu sichern. Das Deckungskapital besteht aus dem Eigenkapital der Gesellschaften und dem Haftungs-

fonds. Dieser wird aus unverzinslichen und niedrigverzinslichen unkündbaren Darlehen von Wirtschaftskreisen und der ERP-Verwaltung dotiert. Der gesamte Bürgschaftsrahmen ist ein vom Aufsichtsamt genehmigtes Vielfaches des Deckungskapitals. Die öffentliche Hand übernimmt gegenüber der Kreditgarantiegemeinschaft für 80 Prozent des Bürgschaftsrahmens (das sind 64 Prozent der Kreditsumme) die Rückbürgschaft.

Die Kreditgarantiegemeinschaften sind Einrichtungen, die dem Kreditwesengesetz unterliegen. Sie sind bis auf die Umsatzsteuer steuerbefreit. Einzahlungen an den Haftungsfonds sind steuerliche Abzugsposten.

Die Initiative zur Gründung geht unter anderen von den Sparkassen, Volksbanken und Raiffeisenkassen aus; für sie bedeuten die Kreditgarantiegemeinschaften ein organisatorisches Hilfsmittel, die satzungsmäßig gezogenen Grenzen der Kreditgewährung zu überschreiten. Die Handelskammer und die Interessenverbände erblicken in der Tätigkeit der Kreditgarantiegemeinschaften eine Unterstützung ihrer Mitglieder mit fremder Hilfe. Für die öffentliche Hand fällt das Engagement in den wirtschaftspolitischen Bereich der Mittelstandsförderung. Die Bürokratie sieht in den Kreditgarantiegemeinschaften ein wirtschaftliches Betätigungsfeld. An der Spitze der Entwicklung ist der Trend zu einer neuen Art steuerlich privilegierter Kreditinstitutsgruppe, nämlich Bürgschaftsbanken, unverkennbar. Als Rechtfertigung dieser neuen Organisation führt man im allgemeinen die finanztechnischen Schwierigkeiten der mittelständischen Wirtschaft an, die in erster Linie darauf zurückzuführen seien, daß die mittelständischen Unternehmen infolge des Mangels an bankmäßigen Sicherheiten ihren Kreditbedarf nicht oder nicht befriedigend decken können. Statistische Unterlagen, mit denen diese Behauptung bewiesen werden könnte, fehlen.

Was ist hiezu zu sagen? Der Ausdruck „bankmäßige Sicherheit“ ist ein relativer Begriff. Der Geld- und Kapitalmarkt, dessen Hauptträger die Kreditinstitute sind, hat im Verlaufe der Geschichte verschiedene Formen und Techniken der Kapitalbeschaffung und der Kapitalausleihung erfunden und entwik-

kelt, die sich hauptsächlich im Zinssatz, in der Laufzeit und in der Besicherungsart unterscheiden. Für eine Hypothekenbank oder Sparkasse ist demzufolge die Hypothek die hautpsächliche und traditionelle bankmäßige Sicherheit, für Raiffeisenkassen und Volksbanken ist es die mittelfristige Bürgschaft, für die typischen Geschäftsbanken das Entstehen eines entwicklungsfähigen Geschäftes. Alle Kreditinstitute — wenn sie ihre Aufgabe ernst nehmen — müssen auf die persönliche Tüchtigkeit des Kreditnehmers besonderen Wert legen; auf ihr fußt das charakteristische Vertrauen, das dem Kreditgeschäft eigen ist und das im Wort „Kredit“ mit dem lateinischen Stamm von Glauben und Vertrauen buchstäblich zum Ausdruck kommt. Niemand als die Kreditinstitute weiß besser, daß alles Sachvermögen in den Händen untüchtiger Menschen keinen Ertrag abwirft und bis zum Schrott-, Abbruchs- beziehungsweise Ramschwert absinken kann.

Es fehlt im Kreditapparat keineswegs an Unternehmen, bei denen der Begriff „bankmäßige Sicherheit“ so weit gezogen ist, daß sie jedem tüchtigen Wirtschaftstreibenden für ein rentables Projekt jenes Kreditausmaß einräumen können, das im Verhältnis zur geschäftlichen Entwicklung als gesunde Verschuldenshöhe angesehen werden darf. Ein verantwortungsvoller Kreditapparat muß sich allerdings hüten, den Grad der Verschuldung zu übersehen, auch wenn dies heute infolge der schleichenden Inflation sowohl bei der öffentlichen Hand als auch in der privaten Sphäre gang und gäbe wird. Von diesem Trend scheint auch die Geschäftspolitik der jungen Kreditgarantiegemeinschaften erfaßt zu sein. Der Vorwurf, daß sich jene Kreditinstitutstypen, die vom Standpunkt der bankmäßigen Sicherheit praktisch jeden Kreditantrag bewilligen können, um den mittelständischen und Kleinbetrieb zuwenig kümmern, ist vielleicht nicht ganz von der Hand zu weisen. Die Vernachlässigung des kleinen Aktiv-und Passivgeschäftes und der damit verbundene Verlust des Anschlusses an die breite Masse zwingt dann zu Werbunganstrengungen, wie wir sie etwa in dem Aufziehen des PKK-Geschäftes erblicken können. Gerechterweise ist hier allerdings zu sagen, daß die öffentliche Hand dem Kreditapparat noch nie jene Begünstigungen zuteil werden ließ, wie sie bereits heute den Kreditgarantiegemeinschaften eingeräumt sind.

Man muß sich im klaren sein, daß die Kreditgarantiegemeinschaften keine billigen Organisationen sind; ihre Arbeitsweise ist umständlich. Es ist deshalb begreiflich, daß sich die Kreditinstitute bei normaler Ergiebigkeit des Geld- und Kapitalmarktes wenig um die Einschaltung der Kreditgarantiegemeinschaften kümmern und nur im Stadium großer Geldflüssigkeit die Gelegenheit wahrnehmen, schwache Fälle mit einem relativen Minimum an Risiko zu erliegen. Seit einiger Zeit wird in einzelnen Fällen eine besondere Rührigkeit der Kreditgarantiegemeinschaften festgestellt, mit dem Kreditapparat mehr ins Geschäft zu kommen. Hiebei ist man sich auf Seiten der Kreditgarantiegemeinschaften im klaren, daß sich die schleppende Art der Behandlung der Geschäftsfälle mit diesen Bestrebungen schwer verträgt. Neben den erwähnten Privilegien zu Lasten der Allgemeinheit verlangen die Kreditgarantiegemeinschaften als Entgelt einmalig ein Prozent der übernommenen und dreiviertel Prozent per Anno der jeweils bestehenden Bürgschaftshöhe. Die kreditgebende Bank kann ihrerseits die Verdienstspanne nicht im gleichen Ausmaß senken, weil für sie gerade durch die Einschaltung der Kreditgarantiegemeinschaft mehr Arbeit anfällt. Es handelt sich also bei

der Zusammenarbeit von Kreditgarantiegemeinschaften und Kreditapparat nicht um eine Arbeitsteilung mit sinkenden oder gleichbleibenden, sondern mit steigenden Kreditgesamtkosten. Gerade dieser Umstand sollte sehr zu denken geben. Es fehlt schon heute nicht an Versuchen, die hierin liegenden Hindernisse für die Ausbreitung der Kreditgarantiegemeinschaften dadurch zu beseitigen, daß man für die von den Kreditgarantiegemeinschaften verbürgten Kredite Zinsenzuschüsse aus öffentlichen Mitteln in Aussicht stellt. Diese Beobachtung kann man in Österreich bei der Bürgschaftsfonds Ges. m. b. H. (Bürges) machen, die ihre Inanspruchnahme in erster Linie den von ihr gewährten Zinszuschüssen verdankt.

Wenn man die mittelständische Kredit-insufflzienz infolge mangelnder Sachsicherung beurteilen will, darf man nicht allein — wie es im genannten Aufsatz der Wirtschaftspolitischen Blätter geschieht — die absoluten

Zahlen der abgelehnten Kreditanträge anführen, sondern muß vor allem aufzeigen, wie groß ihr Anteil im Verhältnis zur vergleichbaren Kreditnachfrage ist. Das österreichische Forschungsinstitut für Sparkassen hat unter anderem bei 111 Sparkassen eine Untersuchung gemacht, welche diesen Anteil bestimmen läßt. Dabei zeigte sich, daß er nur rund drei Prozent beträgt. Bei anderen Kreditinstitutsgruppen dürfte dieser Anteil wahrscheinlich noch geringer sein, weil sie entweder nur bei Vorliegen bestimmter Deckungsmöglichkeiten angegangen werden oder hinsichtlich der Deckungsbestimmungen einen weiteren Rahmen haben. Es ist auch nicht sicher, ob bei den wegen der Vermögenslage oder mangelnden Deckung abgelehnten Fällen andere Gründe mitspielen. So ist es zum Beispiel anders zu beurteilen, ob ein tüchtiger Anfänger wenig Vermögen besitzt oder ob ein Besitzer infolge eingetretener Überschuldung eines Reinvermögens entbehrt. Bei dem erwähnten Satz von 3 Prozent kann man nicht mehr — wie es geschieht — von einer mittelständischen Kreditmisere infolge mangelnder Sachsicherung sprechen, welche nach der Installation eines kostspieligen und mit eigener Dynamik versehenen Bürgschafteapparates ruft, der allzu großzügig persönliche Risken

auf die Schultern der Allgemeinheit \ überwälzt. Im gleichen Aufsatz wird erwähnt, daß der durchschnittliche Garantieanteil, dessen Maximum 80 Prozent ist, 75 Prozent beträgt. Man folgert daraus, daß dies ein weiterer Beweis für die geringe Sicherungskapazität des gewerblichen Mittelstandes sei. Diese Schlußfolgerung geht bei näherem Einblick in die Praxis daneben. Richtig ist vielmehr, daß die Kreditgarantiegemeinschaften mangels Inanspruchnahme mit ihrer Bürgschaftsübernahme sehr großzügig sein können und dies bei ihrem Expansionstrend auch sein wollen und daß es sich jeder Kreditgeber gefallen läßt, wenn ihm mehr Risken abgenommen werden, als normalerweise erforderlich wären.

Berechtigte Kreditnachfrage von tüchtigen Personen hat noch selten keinen Kreditgeber gefunden. Was — um nochmals auf den Aufsatz in den Wirtschaftspolitischen Blättern zurückzukommen — dem Mittelstande wirklich fehlt, ist die Geldwertetabilität, die die Haltung entsprechender Liquidität gestattet, und außerdem die ausreichende Eigenkapitalsbildung.

Im übrigen liegt der Kreditmarkt nicht allein tn den Händen der Geldinstitute. Neben ihnen

geben die Lieferanten Kredite. Jene tun es auf Grund von Bargeldersparnissen, diese auf Grund von Ersparnissen im Warenlager; der wirtschaftliche Effekt ist derselbe. Wie bedeutend die Kreditquelle der Lieferanten ist, kann man daraus ersehen, daß zum Beispiel im Jahre 1960 1886 Aktiengesellschaften in der Bundesrepublik Deutschland (ohne Banken und Versicherungen) 6,9 Milliarden D-Mark kurzfristige Lieferantenkredite bei nur

2.4 Milliarden D-Mark kurzfristigen Bankverbindlichkeiten auswiesen. Die analogen Zahlen betrugen im Jahre 1961 7,3 und

3.5 Millionen D-Mark.

Wie zuvor dargestellt, ist der Prozentsatz der Kreditanträge, den der Kreditapparat wegen mangelnder bankmäßiger Deckung heute tatsächlich nicht bearbeiten kann, so gering, daß das Problem unschwer befriedigend zu lösen ist; dieser Prozentsatz ist auch zu klein, um eine Lösung zu forcieren, bei welcher der Kreditapparat einiges zu verlieren hat: Es ist nicht nur den Versicherungsunternehmen eigen, die Vorteile der Assoziation wahrzunehmen, auch der Kreditapparat stellt eine bewährte Organisation der Vorsorge dar, in der das Risiko, das die Kosten des einzelnen Kreditfalles in die Höhe treiben würde, auf ein erträgliches Maß reduziert wird, indem es in-

folge der (großen Zahl der Kreditfälle zeitlich aufgeteilt werden kann. Man muß sich in diesem Zusammenhang fragen, ob die Errichtung eines Bürgschaftsapparates, wie ihn die Kreditgarantiegemeinschaften darstellen, nicht eine unrationelle Strapazierung dieses Assoziationsgedankens und eine Organisationshypertrophie bedeutet. Diese Frage muß bejaht werden, wenn man die zuvor erwähnte Kreditkostenverteuerung durch Einschaltung der Kreditgarantiegemeinschaften in Betracht zieht.

Darüber hinaus ist folgendes zu beachten: Das Funktionieren des Assoziationsprinzips und die zeitliche Riskenverteilung setzen voraus, daß der Grad der willkürlich herbeiführbaren Risken (diese liegen in der Person des Kreditnehmers) nicht vergrößert wird. Wer im Kreditgewerbe tätig ist, weiß, wieviel Fingerspitzengefühl, Erfahrung und strukturelle Diskretion nötig ist, um bei der Kreditvergabe die persönliche Tauglichkeit des Kreditnehmers zu testen. Im dem Maße, in dem sich der Kreditapparat dem System der Kreditgarantiegemeinschaften verschreibt, begibt er sich der Möglichkeit, den Grad des willkürlich herbeiführbaren Risikos im Griff zu behalten. In der Praxis zeigt sich dieser Ablauf folgen-

dermaßen: Das Kreditinstitut kümmert sich um die genügende Sicherung des 20prozenti-gen Selbstbehaltes und überläßt die Prüfung der persönlichen Kreditwürdigkeit denjenigen Stellen, die das 80prozentige Risiko tragen, nämlich den Kreditgarantiegemeinschaften. Diese holen ihrerseits die Gutachten der Interessenverbände, der Kammern und der öffentlichen Verwaltung ein. Das Intervention sspiel beginnt. Stellen, die mit der Tragung des Schadens in keiner unmittelbaren Beziehung stehen, setzen — unbelastet von kaufmännischer Verantwortung — in das Schema ihrer allgemeinen Grundsätze und Kenntnisse den konkreten Namen ein. Es ist einsichtig, daß sich der Kreditapparat auf diesem Wege selbst entfremdet und auf eine persönliche Riskenabschätzung einmündet, die seiner traditionellen und bewährten Art entgegengesetzt ist. Die öffentliche Hand darf diesen Wandel nicht übersehen, weil sie bei Verschlechterung des Grades der willkürlichen Risken den Schaden zu tragen hat.

Wer im heutigen Wirtschaftsleben steht, weiß, daß der Stil der Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Verwaltung, Verwaltung von Interessengruppen, Führung der Betriebe und politischen Parteien noch nicht gefunden ist. Von der Bonität und inneren Richtigkeit dieses Stils wird es aber in Zukunft abhängen, ob die moderne Demokratie lebensfähig ist. Dieser neue Stil muß auf zwei Voraussetzungen aufbauen: Jede dieser Institutionen hat ihren eigenen Verantwortungsbereich, der von den anderen nicht abgenommen werden kann und nicht so beeinflußt werden darf, daß die eigene Verantwortung aufhört. Jede dieser Gruppen kommt von anderen Voraussetzungen und mit anderen Methoden zu dem ihr

eigenen Entschluß. Wenn man nun Vertreter dieser vier Gruppen zu einer wirtschaftlichen Beschlußfassung zusammenführt, ist die betriebswirtschaftliche Sachentscheidung

ständig in Gefahr, aus verhüllten Motiven des Wettbewerbs und der politischen Intervention vereitelt zu werden. Es besteht ständig die Möglichkeit zur Vermachtung der Wirtschaft. Die Bürgschaftsausschüsse der Kreditgarantiegemeinschaften, in denen die Entscheidung auf Übernahme der Bürgschaft fällt, sind ein charakteristisches Beispiel einer solchen Zusammenfassung von Vertretern der verschiedenen Institutionen zu einem Beschlußkörper. Deshalb tragen auch sie ständig die Gefahr der gestörten Sachlichkeit in sich.

Bei der nun gewonnenen Vorstellung von den Kreditgarantiegemeinschaften zeigt sich, daß die sogenannte „Vorarlberger Garantiegemeinschaft“, welche bis zum Jahre 1965 der gewerblichen Wirtschaft rund 250 Millionen Schilling fünf- bis sechseinhalbprozentiges langfristiges Kapital beschafft hat, die an den Kreditgarantiegemeinschaften ausgesetzten Fehler vermeidet. Bei ihr wurde keine neue Organisation geschaffen; sie ist ein reines Vertragswerk, dessen Verwirklichung in den Händen der Hypothekenbank des Landes Vorarlberg liegt. Die Kreditvergabe erfolgt im herkömmlichen Bankstil der sachlichen und diskreten Entscheidung durch das zuständige Bankgremium. Die zu den Kreditsitzungen beigezogenen Vertreter von Kammer und Land unterstehen den Bestimmungen der Bank und haben lediglich eine Beobachtertätigkeit. Die

Kreditunterlagen und die Kenntnis der Kreditwerber verbleiben ausschließlich im Bankbereich. Außerhalb der Kreditsitzungen werden keine Besprechungen (Vorbesprechungen) abgehalten; es besteht allein die fachliche Vorbereitung der Bank und die sachliche Entscheidung im zuständigen Bankausschuß.

Sinn der Vorarlberger Garantiegemeinschaft war es, der Wirtschaft preiswertes und langfristiges Kapital durch besseren Einsatz des Emissionsinstrumentes der Hypothekenbank des Landes Vorarlberg zu beschaffen. Im Zuge dieser Verwirklichung wurde der Begriff der bankmäßigen Sicherheit auf die heutigen Erfordernisse erweitert, ohne daß hiedurch der Boden einer gesunden Kreditpolitik verlassen wurde. Die Garantie der öffentlichen Hand hat rein formalen Charakter und dient dem Zweck, das Emissionsinstrument voll einzusetzen. Der Selbsthilfeeffekt ist materiell hundertprozentig gegeben. Die Initiative hiezu und das Konzept gingen von der Hypothekenbank des Landes Vorarlberg aus und beruhen

auf einem echten Hilfswillen unter starker Beschneidung der üblichen Verdienstspanne. Der Gedanke fand bei Kammer und Land volles Verständnis, ein Beweis dafür, daß es der öffentlichen Hand und der Interessengemeinschaft nicht unbedingt um die Ausdehnung des Machtbereiches geht, wenn sich die vor ihnen liegenden Aufgaben der Wirtschaftspolitik auf andere Weise lösen lassen.

Bei der neben der Vorarlberger Garantiegemeinschaft bestehenden „Aktion für Mittelkredite“ ist die Einhaltung dieser Linie leider nicht gelungen. Es ist zwar auch keine neue Organisation entstanden, wenn man von der BewilligungskommisÜon bei der Kammer absieht, wohl aber hat sich der eigentliche Beschluß der Kreditgewährung außerhalb des einzelnen Kreditinstitutes in ein heterogenes Gremium der zuvor beschriebenen Art verlagert. Es wäre zu wünschen, daß sich auch bei dieser Aktion eine Zurückführung in die bewährte Form des Kreditapparates ermöglichen ließe.

Abschließend ist zu sagen, daß wir auf allen Gebieten zu schnell bereit sind, neue Organisationen zu schaffen, wo sich das Bestehende billig und gut einsetzen ließe. Ein besonderer Fall dieser Art scheint uns die Angelegenheit der Kreditgarantiegemeinschaften zu sein. Sie ist noch in Diskussion, und es wäre wünschenswert, wenn die hier dargelegte Kritik und das aufgezeigte Beispiel der Vorarlberger Garantiegemeinschaft dazu beitrügen, den unvernünftigen Trend zur Schaffung neuer unrationeller Apparate hintanzuhalten.

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