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Verstärkte Zukunftsinvestitionen

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Angesichts vieler negativer Nachricli-ten aus der internationalen, aber auch der heimischen Wirtschaft drängt sich die Frage auf, weiche Anstrengungen wir Österreicher intensivieren sollen, um die Zulunft in den Griff zu bekommen. Wir dürfen nicht auf Wunder hoffen oder Maßnahmen auf ein angeblich günstigeres iVIorgen verschieben, sonst wird uns die Rechnung dafür in Form von rasch wachsenden Anpassungslosten präsentiert.

Wo Handlungsbedarf besteht, muß Klarheit über die Rahmenbedingungen herrschen: Die Wirtschaften aller Länder sind heute mit wesentlichen Strukturveränderungen konfrontiert. Die Industrielle Produktion entkoppelt sich aufgrund der zunehmenden Automatisierung von der eingesetzten Arbeit. Gleichzeitig fallen Arbeitsund Maschinenbetriebszeit zunehmend auseinander. Die Auswirkung auf die internationale Arbeitsteilung Ist kaum noch absehbar. Die Produktion entkoppelt sich auch vom Energie- und Grundstoffeinsatz. Die Nachfrageschwäche nach Rohstoffen und die dadurch rückläufigen Preise sind nicht nur ein konjunkturelles, sondern auch ein strukturelles Problem.

Die Geldwirtschaft hat In den letzten Jahren eine beachtliche Eigendynamik entwickelt, die weit über jene der Realwirtschaft hinausgeht. Die Geldwirtschaft hat heute nicht mehr überwiegend dienende oder begleitende Funktion für realwirtschaftliche Prozesse, sie bestimmt im Gegenteil selbst zunehmend die realwirtschaftliche Entwicklung. Als Beispiel möchte ich nur die riesigen transnationalen’ Kapitalströme anführen, die einen erheblichen Einfluß auf die Wechselkursbewegungen und damit auf die Außenhandelsströme hatten.

Die Weltwirtschaft befindet sich In einer Phase gedämpften Wachstums und erheblicher Unsicherheit über die weitere Entwicklung. Trotz dramatischer Wechselkursbewegungen, die In 24 Monaten zu einer Halbierung des Dollarkurses gegenüber der D-Mark geführt haben, ist es bisher zu keiner Verminderung der außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte der USA, Japans und der BRD gekommen. Die fortgesetzten Leistungsbilanzdefizite der USA haben dazu geführt, daß das reichste Land der Weit gleichzeitig der größte Schuldner ist. Ein substantieller Abbau dieser Ungleichgewichte, die eine fortgesetzte Gefährdung der Stabilität des internationalen Währungs- und Finanzsystems darstellen, wird ohne weitere Dollarabwertungen kaum möglich sein, vor allem aber auch nicht ohne eine grundsätzliche wirtschaftspolitische Neuorientierung In den USA, Japan und in gewissen Bereichen auch in der BRD.

Wichtig für den weiteren Verlauf der Weltwirtschaft wird sein, ob die Ver-

minderung der Leistungsbilanzungleichgewichte der großen Industriestaaten in geordneten Bahnen vor sich gehen wird. Es Ist erfreulich, daß das Pariser G-5-Treffen im Februar gewisse Ansätze für ein abgesprochenes Vorgehen in diese Richtung gebracht hat, von einer wirklichen Koordination sind wir aber noch weit entfernt. Immerhin kann Ich mir vorstellen, daß der Dollar in eine Phase ruhigerer Kursentwicklung eintritt, was aber weitere leichte Kursrückgänge nicht ausschließt.

Ein weiteres Unsicherheitsmoment stellt das Verschuldungsproblem der Entwicklungsländer dar, das durch den ÖJpreisrückgang und den damit verbundenen Ausfall von Deviseneinnahmen wichtiger Schuidnerländer neuerlich an Brisanz gewonnen hat. Die Weigerung Brasiliens, bis zum Abschluß eines neuen Umschul-dungspaketes Zinszahlungen zu leisten, hat den Ernst der Lage unterstrichen, vor allem auch die Notwendigkeit, ausgetretene Pfade zu verlassen und nach neuen Lösungen zu suchen.

Grundsätzlich müssen wir, und damit meine Ich neben den Banken auch die Regierungen und die Notenbanken der Gläubigerländer, akzeptieren, daß es wirtschaftliche, politische und soziale Grenzen für den Schuldendienst eines Landes gibt. Wir werden daher nicht umhinkommen, auf breiter Basis langfristige Umschuldungen zu gewähren, die - ähnlich wie Im Fall Mexiko-flexible Regelungen für den Fall unvorhergesehener wirtschaftlicher Entwicklungen beinhalten. Vor allem müssen die Industriestaaten auf protektlonlstlsche Praktiken, und dazu gehört auch die Subventionierung nicht mehr lebensfähiger Industrien und der Landwirtschaft, zunehmend verzichten. Auch sollten Obergrenzen für die jährlichen Zinszahlungen ernsthaft in Erwägung gezogen werden. Anders ausgedrückt, die Schuldnerländer müssen die Chance erhalten, in Ihre Verschuldung hineinzuwachsen.

Ein weiterer Aspekt der Internationalen Entwicklung Ist der Versuch der RGW-Staaten, ihre Wirtschaft zu reformieren und zunehmend In die Weltwirtschaft zu integrieren. Damit würde die Rolle Österreichs In Europa am Schnittpunkt der beiden Wirtschaftsblöcke an Bedeutung gewinnen.

Dieser Chance steht für unser Land allerdings die Gefahr einer Ausgrenzung aus dem westeuropäischen Integrationsprozeß gegenüber. ..Small is beautiful" mag In vielen Bereichen seine Berechtigung haben, sicherlich aber nicht, wenn es um Märkte geht. Hier kann Provinzialismus und Isolation zu einer ernsthaften Gefährdung für den erreichten Wohlstand und die wirtschaftlichen Zukunftsaussichten führen. Die vor kurzem von der EG er griffene Initiative zur Schaffung eines einheitlichen Binnenmarktes bis 1992 impliziert eine weitgehende Vereinheitlichung von Normen, Rechtsvorschriften u. a., wodurch automatisch alle außenstehenden Länder diskriminiert werden. Österreich hat nur die Wahl, EG-Entscheldungen nach-zuvollzlehen oder aber zu versuchen, im Rahmen einer Ouasi-Mltgiied-schaft in den Entscheldungsprozeß eingebunden zu werden. Ohne Zweifel ist die zweite Lösung die wünschenswertere. Ein Land, in dem es so viele Talente gibt, sollte sich nicht davor fürchten.

Für die österreichische Wirtschaft haben sich die Perspektiven ebenfalls verschlechtert. Im vergangenen Jahr dürfte das Wirtschaftswachstum die erwarteten 2 Prozent nicht erreicht haben. Bei realistischer Betrachtung sollte für heuer nur mit einer Zunahme des realen Brutto-Inlandspro-dukts um 1 bis 1,5 Prozent gerechnet werden, was die Erreichung des Bud-getzieis erschwert.

Trotz der günstigen Einkommensentwicklung läßt die Konsumbelebung auf sich warten. Bei Investitionen im industriellen Bereich wird es heuer keine realen Zuwächse geben, nachdem diese im Vorjahr noch um 15 Prozent zugenommen hatten. Die Außenhandelsentwicklung war In den letzten Monaten ausgesprochen flau; so lagen die Exporte Im Jänner um 12 Prozent unter dem Vorjahreswert. Auch die im vergangenen Jahr noch eher günstige Entwicklung der Bau-

wirtschaft dürfte zu Ende gehen, nicht zuletzt unter dem Druck der leeren Kassen der öffentlichen Haushalte. Und eine Realisierung der von der Bundesregierung geplanten Verminderung des Nettödefizits auf 2,5 Prozent des Brutto-Inlandsproduktes wird zusätzlich die Nachfrage, das Wirtschaftswachstum und die Beschäftigung drücken. In diesem Zusammenhang sollte ernsthaft die herkömmliche Sparförderung überprüft werden. In jedem Fall ist es notwendig, die schöpferischen Elemente in unserer Wirtschaft durch bessere Rahmenbedingungen zu ermutigen. Das konjunkturelle Umfeld für die Geschäfte der Creditanstalt stellt sich auf jeden Fall ungünstiger dar als vor einem Jahr.

Entscheidend wird sein, daß wir genügend Ressourcen für die Zukunftssicherung der österreichischen Wirtschaft freimachen. Es gilt also umzuschichten vom konsumtiven, zu Lasten der Zukunft gehenden Heute zum investiven, zukunftsgestaitenden Morgen. Investieren heißt dabei nicht mehr in erster Linie Sachkapital zu schaffen, sondern immaterielle Investitionen in Humankapital zu tätigen; d. h.: Aus- und Weiterbildung, Forschung und Entwicklung, Organisation und Marketing zu forcieren. Wollen wir die Zweidrittelgesellschaft vermeiden, müssen wir den Übergang von der Freizeit- zur Lerngesellschaft schaffen. Niemand wird auch in Zukunft auf Wachstum verzichten können, aber wir werden mehr qualitatives, umweltschonendes und ressourcenschaffendes Wachstum anstreben.

Die Creditanstalt hat In Ihrem Industriebereich In den letzten Jahren erhebliche Anstrengungen unternom-, men, diesen Anforderungen des Strukturwandels zu entsprechen. Wir sind auf diesem Weg weit vorangekommen, wenngleich noch eine Menge Arbeit - vor allem bei Steyr - zu tun bleibt. Dort haben wir wenigstens die Weichen bereits In die richtige Richtung gestellt. Trotz der ungünstigen geschäftlichen Entwicklung der Steyr-Dalmler-Puch AG weist der sogenannte Industriekonzern der Creditanstalt nach 1985 auch 1986 ein Insgesamt positives Ergebnis vor Steuern aus. Der Anteil unserer Industriebeteiligungen an der Bilanzsumme ging seit 1970 von sieben auf 1,8 Prozent zurück. Das nach hohen Verlusten der Vergangenheit nun zum zweiten Mal positive Gesamtergebnis als auch die gestiegenen Dividendenerträge bestätigen die Richtigkeit unseres Weges. Die früher sehr hohe jährliche Belastung der Creditanstalt durch außerordentliche Komponenten konnte In den vergangenen zwei Jahren stark reduziert werden.

In der Kreditwirtschaft haben wir seit dem 1. Jänner 1987, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des KGW, verbesserte Rahmenbedingungen, da es das erklärte Ziel des Gesetzgebers ist, die Geldinstitute von extrem spannenarmen, bei rationaler Sichtweise nicht zu verantwortenden Geschäften abzuhalten. Die im Jahr 1985 abgeschlossenen Ordnungspolitischen Vereinbarungen haben sich insgesamt bewährt, obwohl es hie und da Durchbrechungen gegeben hat und die Anpassung an die Marktentwicklung nicht immer reibungslos funktionierte. Immerhin ist es gelungen, die Zinsspanne der großen Geldinstitute bei 1,4 Prozent zu stabilisieren. Laut KGW werden österretehs Kredit-Institute ihre Eigenmittel bis 1996 auf 4,5 Prozent der Bilanzaktiven zuzüglich der Hälfte der Eventualverbind-lichkeiten aufzustocken haben. Für die Creditanstalt bedeutet dies, daß sie bei einem angenommenen Wachstum der Bilanzsumme von 7 Prozent jährlich bis 1996 etwa 13 Mrd. Schilling durch die Emission von Aktien und Partizipationsscheinen aufbringen muß. Die bisherigen Emissionen fanden bei den Anlegern gute Aufnahme. Wir gingen dabei von der Überlegung aus, daß der Kapitalmarkt im Jahr 1987 stark durch umfangreiche Emissionen unserer Mitbewerber in Anspruch genommen würde, die die Aufnahmefähigkeit der Anleger anspannen könnte, noch dazu, wo einzelne Institute In einer Weise für Ihre Partizipationsscheine werben, die dem Eigenmittelcharakter dieses Instruments nicht entspricht.

Durch die Kapitalerhöhung konnten wir unsere Eigenkapitalquote gemessen am Bilanzvolumen von 2,68 (1985) auf 3,12 Prozent (1986) erhöhen. Die Creditanstalt ist damit in der angenehmen Lage, das KGW-Erfordernis für die Jahre 1987 und 1988 bereits jetzt zu erfüllen. Nach Verabschiedung der „Ausländerklausel" durch den Nationalrat werden wir unverzüglich die Einführung unserer Aktien und Partizipationsscheine an den Börsen Zürich, Frankfurt und München vorbereiten.

Als Konsequenz unserer Zukunftsstrategie haben wir die Zahl unserer Mitarbeiter über den laufenden Bedarf hinaus aufgestockt. Unsere Zielsetzung Ist es, mit Blick auf die Jahrtausendwende eine erstklassige Mannschaft heranzubilden, die In den nächsten Jahren mehr und mehr Verantwortung übernehmen soll. Im Auslandsbereich wurde die Planung für die Eröffnung neuer Auslandrepräsentanzen abgeschlossen. Im immateriellen Bereich hat die Creditanstalt durch die Verabschiedung eines neuen Leitbildes und verbindlicher Grundsätze für die Führung und Zusammenarbeit Maßnahmen gesetzt, mit denen das Selbstverständnis der Bank an den raschen Wandel der Gesellschaft und der Wirtschaft aktiv Rechnung trägt. Derzeit überlegen wir eine Änderung unserer Aufbauorganisation, die eine noch bessere Kundenbetreuung sicherstellen soll. Die Ergebnisentwicklung ist auch vor diesem Hintergrund zu sehen. Trotz hoher Investitionen in die Zukunft, denen erst in den kommenden Jahren Erträge gegenüberstehen werden, können wir unseren Ertrag als durchaus zufriedenstellend bezeichnen. Die Creditanstalt erzielte 1986 ein Teilbetriebsergebnis (Zins- und Pro-vislonsüberschuß minus Aufwand und Abschreibungen) von 2.007 Mio, Schilling, das Ist ein Zuwachs um 9 Prozent. Die Bilanzsumme wuchs um 7 Prozent auf 372,5 Mrd. Schilling. Wir haben also bei der Expansion unserer Geschäfte stets den Ertragsaspekt berücksichtigt. Ich bin überzeugt, daß unsere verstärkten Investitionen in die Zukunft ein fortgesetztes Gewinnwachstum bewirken werden, womit auch die Voraussetzung für eine weitere Anhebung der Dividende geschaffen wird. Damit wird die CA-Aktie mittel- und langfristig welter an Attraktivität gewinnen.

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