Europa Karte Licht - © iStock/DKosig

Eine Wirtschafts-Vision für 2095: Wie doch noch vieles gelang

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Wie könnte Europa in 75 Jahren aussehen, wenn wir die richtigen wirtschaftspolitischen Weichen stellen? Rückblick aus einer „ökono-logischen“ Zukunft.

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Wie könnte Europa in 75 Jahren aussehen, wenn wir die richtigen wirtschaftspolitischen Weichen stellen? Rückblick aus einer „ökono-logischen“ Zukunft.

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Auf Prognosen ist in Krisenzeiten kein Verlass. Immer größere Schwankungsbreiten machen auf Vergangenheitswerten aufbauende Vorhersagen so unsicher, dass sie von bloßer Wahrsagerei oft kaum mehr unterscheidbar sind. Gewiss scheint nur, dass nichts so bleibt, wie es nie war.

Bis in die Neunzigerjahre ließen sich aus volkswirtschaftlichen Messgrößen noch mit einiger Plausibilität die Grundlagen bis heute gebräuchlicher Konjunkturtheorien ableiten. Die in multilaterale Übereinkünfte eingebettete Nachkriegsordnung demokratischer, offener Marktwirtschaften brachte den zusammenwachsenden Staaten Europas die erhoffte Friedensdividende in Form von stetig zunehmendem Wohlstand und sozialem Ausgleich. Diese Erfolgsgeschichte schien sich auch mit der nach dem Zerfall des „Ostblocks“ einsetzenden Globalisierung fortzusetzen. Doch dieses nächste Kapitel führte statt zu dem von Francis Fukuyama postulierten „Ende der Geschichte“ in eine neue Welt-Unordnung.

Vor diesem Hintergrund sei der Versuch gewagt, 75 Jahre nach Gründung der FURCHE den Zirkel in Richtung Zukunft zu schlagen und einen Blick auf das gleich weit entfernte Jahr 2095 zu werfen.

Europa – von 2095 aus betrachtet

Von hier aus könnte sich alles so darstellen: Europa ist immer noch eine föderalistisch verfasste, um Kompromisse ringende Staatengemeinschaft, jedoch deutlich entscheidungsstärker als in ihren Anfängen. Noch zu Beginn der Dreißigerjahre unseres Jahrhunderts war die EU vor einer Zerreißprobe gestanden. Die Kluft zwischen zentralen europapolitischen Anliegen und der dezentralen Verantwortung der Mitgliedsstaaten für das Wohl ihrer Bürger ging immer weiter auf. Die Spielregeln des Vertrages von Maastricht galten nach dem durch Corona verursachten Schulden-Schub als längst überholt. Zugleich verloren die immer höheren Anleihekäufe durch die Europäische Zentralbank an Wirksamkeit. Schließlich geriet der Euro in eine Vertrauenskrise.

Mitten in dieser Zerreißprobe führte ein europaweites Volksbegehren zu einem – übrigens in Wien abgehaltenen – Verfassungskonvent. In diesem „Vertrag von Wien“ einigte man sich auf mehrheitliche Abstimmungsverfahren, die die Union in entscheidenden Zukunftsfragen endlich handlungsfähig machten.

Außenpolitisch führte dies zu gemeinschaftlichen Strategien gegenüber dem afrikanischen, arabischen und nahöstlichen Raum – ebenso wie zu einer eigenständigen Nachbarschaftspolitik gegenüber Russland. Mehr als ein Drittel aller bis dahin für militärische Zwecke eingesetzten Mittel wurde in friedens- und entwicklungspolitische Projekte investiert. Damit gelang es, die Fluchtgründe in zahlreichen Herkunftsländern wenn schon nicht zu beseitigen, so doch abzuschwächen.

Mit der Türkei – konkret mit den säkularistisch orientierten Nachfolgern Erdoğans – schloss man einen wirtschafts- und forschungspolitischen Kooperationsvertrag, der sich für beide Seiten als wesentlich tragfähiger erwies als die in den späten Zwanzigerjahren endgültig abgebrochenen Beitrittsverhandlungen.

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