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„Wächter, was hat die Stunde geschlagen?“

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Die Krisenfurcht scheint heute oft sqj|on größer als die Kriegsfurcht. Mit einer Krise, so meint man, käme dann auch die Gefahr des Kriegs und des Kommunismus einher. Also verfolgt man mit nicht ganz unbegründeter Aufmerksamkeit alle Anzeichen, die auf einen Zusammenbruch oder wenigstens auf eine Erschütterung der „überheizten“ Konjunktur hindeuten könnten. Sie betreffen vor allem die Währung. Man sieht aber auch mit Sorge, wie sich in den USA schon wieder Getreide und Autos auf den übersättigten Märkten stauen. Englands Schwierigkeiten sind allbekannt. Das deutsche Wirtschaftswunder findet mehr Bewunderung als Vertrauen. Schließlich nimmt die Unsicherheit bereits Formen an, die die Staatsmänner dazu veranlassen, Grundsatzerklärungen abzugeben, ohne selber Fachmänner zu sein. Eisenhower äußert sich so optimistisch, wie dies nun einmal seine Art ist. Adenauer führt Klage darüber, daß man die Konjunktur „zerrede“.

Hinter all diesem Mißtrauen steht nämlich immer noch der Schock des großen Zusammenbruchs von 1929 mit der darauffolgenden Wirtschaftskrise. Da ist nun eine Arbeit von aktuellstem Interesse, die im vergangenen Jahr ein Haward-Professor, der berühmte Nationalökonom J. K. Galbraith, in London herausgebracht hat. Sie beschäftigt sich unter dem Titel „Der große Krach 1929“ (The great crash 1929) eben mit dieser Krise. Sie tut es einerseits mit einer eiskalten Sachlichkeit, die nichts als Ziffern, Reden und Pressestimmen zitiert, um daraus dann Schlüsse zu ziehen. Sie tut es anderseits aber mit einer atemberaubenden Spannung. Merkwürdig, daß das Buch noch immer nicht ins Deutsche übersetzt ist. Wir suchen hier an seiner Hand nur einen kleinen Abriß zu geben.

„Kein Kongreß der USA, der sich versammelte, um die Lage des Staates zu prüfen, ist je unter freudigeren Vorzeichen zusammengetreten als dieser. Zu Hause herrschen Ruhe und Zufriedenheit, die Prosperität ist auf einen Gipfel gelangt. In der Welt draußen herrschen Frieden und guter Wille, der aus gegenseitigem Verständnis kommt. Und die Hauptquelle dieses beispiellosen Segens liegt in der Unintastbarkeit und im Charakter des amerikanischen Volkes.“

Das waren die Worte, die Präsident Coolidge Ende 1928 in seiner Botschaft an das amerikanische Volk gebrauchte.

Aber eines hätte auch Coolidge sehen müssen, wenn er vom amerikanischen Charakter sprach. In diesem Charakter hatte sich nämlich ein unbändiges Verlangen nach möglichst schnellem und mühelosem Reichtum entwickelt. Das hatte sich in seinem vollen Ausmaß zum erstenmal bei dem großen Florida-Boom in den mittleren zwanziger Jahren gezeigt. Die rapide Erschließung der Halbinsel hatte eine Grundstückspekulation ausgelöst, die alle Grenzen sprengte. Auf den Börsen wurden Städte, Straßen und Bahnlinien schon als bestehend vorausgesetzt, von denen überhaupt noch nichts da war. Doch dieser erste, ganz große Spekulationsboom wurde beizeiten durch zwei un: geheure Hurricanes zerblasen, die mit riesigen Sachschäden auch die Spekulationsblase zum Zerplatzen brachten. Die Katastrophe empfand man jedoch keineswegs als eine Warnung, sondern als elementaren Zwischenfall, der weiter nichts besagen wollte. So wurde sie nur zum Vorspiel für Größeres und Schlimmeres.

Es ist schwer zu sagen, wann der große

Börsen-Boom von 1929 begann. Die Aktien stiegen und stiegen. In die Vereinigten Staaten strömte damals das englische und das übrige europäische Gold, weil Englands Rückkehr zur Goldwährung unter dem damaligen Schatzkanzler Winston Churchill seine Außenhandelsbilanz schwer passiv machte. Damals kamen „die drei europäischen Weisen“ — Montagu Norman von der Bank für England, Hjalmar Schacht von der Deutschen Reichsbank und Charles Rist für die Bank von Frankreich — in die USA, um eine Erleichterung der Geldpolitik zu fordern. Aber die Senkung des US-Diskontsatzes, die sie erreichten, ging nach hinten los. Das neue Geld überschwemmte den Markt. Von diesem Tag an, meinte der. englische National-ökonom 'Professor' Lionel“ Robb i h, war die Situation nicht mehr zu kontrollieren.

Eine Orgie der Spekulation petzte ein. Ihre Vorstellungswelt löste sich von der Realität der

Produktion immer mehr und wollte sich nur durch gegenseitige Versicherungen darüber hinwegtäuschen. Wenn Männer wie Raskob von General Motors oder Arthur W. Cutten damals nach Europa kamen, so ging „eine Vision von grenzenloser Hoffnung und Optimismus“ von ihnen aus, die auch alte englische Nationalökonomen, wie den Professor Dice, hinriß, der damals schrieb:

„Unter der Führung dieser mächtigen Ritter der Automobilindustrie, der Stahlindustrie, der Radioindustrie, die unbelastet von der schweren Traditionsrüstung sind, dringt der Coolidge-Markt vor . wie es einst die Schlachtreihen des Cyrus taten, Glied um Glied und Glied um Glied . ..“

• 1928 gab es einige Rückschläge, aber sie machten niemanden schwankend. Man war in aller Unschuld davon überzeugt, daß die Konjunktur wirklich fortschreiten werde, wenn man nur immer wieder feierlich versicherte, daß sie es tue. Die Wahl Hoovers, des neuen Präsidenten, fiel mit einer ersten Krise zusammen. In seinen Memoiren schreibt er, er sei damals von der steigenden Flut der Spekulation alarmiert worden. Dies seien Verbrechen gewesen, „weit schlimmer als Mord“. Vergeblich hatte er vorher schon als Handelsminister den Markt noch unter Kontrolle zu bringen versucht. Aber seine Wahl als Republikaner wurde mit einem „Vic-toiy-Boom“ gefeiert, die Aktien stiegen weiter, und von Kontrolle war keine Rede mehr.

Das Verhalten des Mannes an der Börse richtete sich darauf ein, daß die Preise ständig weiter stiegen und dieselbe Erwartung bewog immer mehr Menschen zur Spekulation. Diese spekulativen Interessen schlössen sich schließlich zusammen. Die Wallstreet-Maschine, die die Spekulationsgelegenheit von den unerwünschten Lasten des Besitzes fast getrennt hatte, war „genial, präzise und beinahe schön“. Die Banken versorgten die Makler, die Makler die Kunden, und diese kehrten wieder zu den Banken zurück, und das alles in einem luftleeren Raum, in dem die Wirklichkeit des Wirtschaftens gar nicht mehr berührt wurde. Diese Maschine lief im Oel eines unsäglich naiven Optimismus. Will Payne versuchte in „Workts Work“ damals, den Unterschied zwischen einem Spieler und einem Menschen, der Geld anlegt, so zu erklären:

,Ein Spieler kann immer nur das gewinnen, was ein anderer verliert. Wo aber Geld angelegt wird, bringt es auch Gewinn. Jemand, der General-Motors-Aktien um hundert Dollar kauft, verkauft sie einem anderen um hundertfünfzig und dieser wieder gibt sie einem Dritten um zweihundert weiter. Jeder verdient dabei Geld.“

Walter Bagehot hatte dazu schon einmal bemerkt:

„Jedermann ist am leichtgläubigsten dann, wenn er am glücklichsten ist.“

Nun ist die Weisheit hinterdrein selbstverständlich billig. Sie war schwieriger für alle jene, die damals Verantwortung trugen. Viele von ihnen waren an der Fortdauer dieses Booms direkt interessiert. Manche empfanden aber auch, daß man etwas dagegen tun sollte. Präsident Coolidge hatte von Wirtschaft nichts verstanden und sich auch nicht darum gekümmert. Als er 1929 aus seinem Amt schied, versicherte er, daß die Dinge „absolut gesund“ seien. Sein Schatzkanzler Mellon war ein überzeugter Anhänger der politischen Nichteinmischung in Wirtschaftsdinge. Der Gouverneur der New York Federal Reserve Bank, Benjamin Strong, und sein Nachfolger Harrison griffen nicht durch.

Im Frühjahr 1929 wurde die Börse jedoch nervös. Ende März wurde die Spannung fast unerträglich. Die Leute begannen, ihre Anteile zu verkaufen. Die Preise fielen rapid. Viele sahen zum erstenmal, daß man an der Börse nicht nur verdienen, spndern auch verlieren konnte. Damals drohte schon Panik. Da entschloß sich der Bankier Charles E. Mitchell zu einer Winkel-riedtat. Er ging auf die Börse und kaufte entgegen dem Trend Aktien in großen Mengen. Und .das wirkte magisch. Das Gleichgewicht stellte.sich wieder her, aber Mitchell selber kam unter die Räder. Mit ihm gaben damals Behörden und Banken ihre. Regulationsversuche auf. Auch der Gouverneur von New York, Franklin D. Roosevelt, schloß sich wenigstens an der Börse diesem Laissez-faire-Kurs an.

Und siehe da, diese Börse nahm aus eigenem noch einmal einen mächtigen Aufschwung. Im Juni verschwand jede Hemmung. Niemals vorher und niemals nachher sind so viele Menschen so schnell und so mühelos reich geworden wie damals. Ja, damals nahm erst eine neue Finanztechnik ihren Aufschwung. Das waren die „Investment Trusts“. Sie gingen gar nicht mehr darauf aus, neue Unternehmen zu gründen oder bestehende zu erweitern, sondern sie wurden nur ins Leben gerufen, um Aktien in alten Gesellschaften „durch das Medium von neuem zu erwerben“. Die Spekulation wurde nun erst recht märchenhaft. Mister Raskob führte damals aus:

„Jedermann kann reich werden. Wer fünfzehn Dollar im Monat erspart und sie in gesunden Aktien anlegt, ohne Dividenden abzuheben, kann in zwanzig Jahren 80.000 Dollar haben.“ Aber auch diese zwanzig Jahre schienen noch viel zu lang. Mister Raskob schlug also einen Investment Trust vor, der dazu bestimmt war, den armen Mann sein — künftiges — Kapital genau so vermehren zu lassen wie den reichen. „Eine praktische Utopie“, „Die größte Vision von Wallstreets größtem Geist“, schrieben die Zeitungen. Die Menschen waren begeistert. Der Kredit dieser Investment Trusts schien unerschöpflich. Den Gipfel darin erreichte „Goldman, Sachs“, in dessen Aufsichtsrat ein junger New-Yorker Anwalt saß: Mister John Foster Dulles.

In diesem Sommer 1929 gab es keine Ferien. Mit diesem Investment Trusts ging die größte Marktbewegung einher, die man jemals erlebte. Die Aktienpreise stiegen täglich. Es schien, als ob Wallstreet das Geld der ganzen Welt verschlingen würde. Aber jeder Zweifel an der „Gesundheit“ dieser Entwicklung wurde wie Ketzerei im Mittelalter verfolgt. Es galt als Verrat und Anschlag auf „The american way of life“. Die offiziellen Sprecher platzten vor Optimismus. Und die Zeitungen schrieben ihnen nach. Die unbestechlichen Journalisten hatten es schwer. Aber der Wirtschaftsleitartikler von „Daily News“ bezog 90.000 Dollar für seine optimistischen Kommentare. Der Rundfunksprecher McMavon erhielt ein zusätzliches Wochenhonorar von 250 Dollar. Nur die „New York Times“ wiesen immer wieder darauf hin, daß der Zahltag kommen werde.

Und er kam: Im September stellten sich wieder die ersten Verfallszeichen ein. Aber der interessierte Optimismus ließ sich nicht mehr so schnell erschüttern. Mitchell verkündigte noch im Oktober in Europa, daß die industrielle Situation absolut „gesund“ sei. Professor Fisher machte seine historische Ankündigung, daß die Börse in einigen Monaten noch hoher liegen werde als heute. Inzwischen fielen die Aktien jedoch unaufhaltsam. Man entschloß sich schließlich zu einer „organisierten Stützung“. An sie klammerten sich erst noch hektische Hoffnungen. Aber sie fand keinen Grund mehr.

Am 24. Oktober brach Panik aus.

Fast 13 Millionen Aktien wechselten beinahe über Nacht ihren Besitzer. Die Preise stürzten ins Bodenlose. Dazwischen gab es zwar immer wieder gewisse Pausen und stürmische Hoffnungen. („Nun ist das Schlimmste vorüber!“) Am nächsten Tag aber ging der Sturz weiter. Ein Orkan des Mißtrauens bewog alle Aktienbesitzer, ihre Anteile zu verkaufen. Vor der Börse sammelten sich die Menschen. Noch konnten es viele nicht glauben. Schließlich schloß die Börse jedoch unter Tumulten. Gerade zu dieser Zeit war auch Churchill dort, um die letzte Auswirkung seiner Goldpolitik zu beobachten.

Am Sonntag darauf sprach man in den Kirchen von göttlicher Vergeltung. Aber die Manager machten noch immer in Optimismus: „Nichts rechtfertigt irgendeine Nervosität“ (A. M. Stevens), „Das Geschäft ist im Grunde gesund und im Fortschritt“ (Ch. M. Schwab), „Die Grundlagen sind gesund“ (S. Vauclain), „Produktion und Verteilung stehen auf einer gesunden und prosperierenden Basis“ (Präsident Hoover). Nur Roosevelt kritisierte das „Spekulationsfieber“.

In Wirklichkeit wurden die Dinge von Tag zu Tag ernster. Was an einem Tag schon das Ende schien, war am nächsten erst ein Beginn. Der verheerendste Tag war der 29. Oktober. Man verkaufte seine Aktien, ohne noch nach dem Preis zu fragen. Er löst sich oft in das pure Nichts auf. Plötzlich waren die Herren der Börse gestürzte Diktatoren, die der Hohn und die Wut der öffentlichen Meinung trafen.

Und nun, am Ende, zeigte sich erst, daß sich diese Krise nicht nur durch ihr Ausmaß von allen vorangegangenen unterschied und wie eine Flutwelle den ganzen Weltmarkt begrub, sondern daß sie auch zeitlich ganz andere Dimensionen hatte. Das Wellenspiel von Konjunktur und Krise, das man für gesetzmäßig gehalten hatte, stellte sich keineswegs wieder her. Es folgte beinahe ein volles Jahrzehnt der Weltwirtschaftsdepression und Arbeitslosigkeit. Erst in den Kriegsjahren erreichten die USA wieder die Produktion von 1929.

Galbraith versucht am Ende seiner Darstellung fünf Punkte, Ursachen des „großen Krachs“, zusammenzufassen und sie mit unserer heutigen Lage zu vergleichen. „Wächter, was hat die Stunde geschlagen?“ überschreibt er mit einem Isaias-Zitat das Kapitel.

Als Punkt eins führt er die schlechte Verteilung des Einkommens damals an. Fünf Prozent, also ein Zwanzigstel, der Bevölkerung verdiente damals beinahe ein Drittel des ganzen Volkseinkommens. Das bedeutete riesigen Luxus, aber wenig Konsum. Und das hat sich seither doch merklich gebessert. Die fünf Prozent Reichen haben heute nur noch ein Fünftel des amerikanischen Volkseinkommens.

Als zweiten Punkt führt Galbraith die menschliche Zusammensetzung der Wirtschafttreibenden an. Die Havard Economic Society sprach noch im November 1929 von der „konservativen Klugheit“ der Wirtschaftführer. In Wirklichkeit waren jedoch zahlreiche hochstaplerische, käufliche, betrügerische und unsolide Elemente in die Holding-Gesellschaften und Investment Trusts eingedrungen. Diese Gesellschaften sind seither verschwunden und nichts Aehnliches hat sich an ihre Stelle gesetzt.

An dritter Stelle führt der Autor die anfällige Struktur der Banken an. Wenn eine Bank zusammenbrach, stürzten auch die Gläubiger der anderen herbei, um ihr Geld abzuheben. So zog ein Krach den anderen nach sich. Das wird seither in den USA durch ein einziges Ausgleichsgesetz verhindert.

Viertens weist Galbraith auf den schwierigen Stand der US-Außenhandelsbilanz in den zwanziger Jahren hin. Der Ausfuhrüberschuß machte jährlich bis zu einer Milliarde Dollar aus. Heute werden diese Differenzen durch Anleihen, Rüstungs- und Wirtschaftshilfe ausgeglichen.

Schließlich und endlich nennt Galbraith an fünfter Stelle die geringe Entwicklung der Wirtschaftswissenschaft damals. Was sich in jenen Jahren als Wirtschaftssachverständiger aufspielte, tat meist das Verkehrte und Falsche. Seither gibt es aber doch nun einen bescheidenen Zuwachs an wirtschaftlicher Erkenntnis. So wirken auch in Amerika Steuersystem und Sozialreform stabilisierend.

Und Wallstreet reagiert auch heute ganz anders auf die öffentliche Meinung. Da der Zusammenbruch der Spekulation nur auf ihre Uebersteigerung folgen konnte, darf man wohl annehmen, daß man ihr Lieberhandnehmen jetzt ganz anders bekämpfen würde.

Aber aus dem allen darf man auch noch keinen überschwenglichen Optimismus schöpfen. Es ist sicher, daß eine neue Katastrophe nicht gerade wieder auf den alten Wegen und in der alten Gestalt einherkäme. Neuen Anzeichen gegenüber aber würde sich heute wie damals zeigen, daß man für den augenblicklichen Vorteil immer noch gerne den künftigen Schaden in Kauf nimmt. Man tut selbst dann nichts, wenn dies die künftige Katastrophe bedeutet. Hier liegt die größte Gefahr für den Kapitalismus. Und das ist der Grund dafür, daß auch die Menschen, die wissen, daß die Dinge schiefgehen, sagen, sie seien „im Grunde gesund“.

Mit diesem Satz schließt Galbraith seine Kritik. Er hat sie ohne Zweifel geschrieben, damit sich seine zeitgenössischen angelsächsischen

Landsleute eine Scheibe davon abschneiden. Doch bleibt auch für alle anderen noch eine Scheibe übrig. Es geht am Ende immer darum, daß die in Schwung geratene Konjunktur „außer Kontrolle“ gerät. Man kennt heute ihre Ventile und Bremsen besser als je. Doch liegt damit um so mehr am politischen Steuermann, der sie bedient. Diese Konjunktur ist durch keine Einzelmaßnahmen mehr zu regulieren. Wenn dies in Deutschland die Bank Deutscher Länder mit ihrem Diskontsatz, der Finanzminister mit seinen Steuern, der Wirtschaftsminister mit Zöllen versucht, so läuft ein jeder Gefahr, entweder seine Schraube zu überdrehen oder die beabsichtigte Wirkung nicht zu erreichen. Sie ist auch nur durch eine planvolle , Ge-samt-Wirtschaftspolitik zu erreichen. Kann man aber verstehen, daß sich der Sprecher der deutschen Industrie, Fritz Berg, kürzlich darüber beschwert hat, daß es wirtschaftlich heute in Deutschland praktisch keine Regierung gebe und daß er gleichzeitig den geplanten Ansatz dazu, den Konjunkturrat nämlich, ablehnt? Vor allem aber kann man verstehen, daß ihm der Bundeskanzler dabei noch zustimmt? Die deutsche Wirtschaft trifft bisher nicht die geringsten Maßnahmen einer wirksamen Selbstkontrolle. Die Verantwortung für den Verlauf der Konjunktur nimmt ihr also niemand ab.

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