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Sind Fidels Tage gezählt?

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Nothäfen an und warfen an geschützten Stellen Anker. Ebenso trafen die Strandvögte und Deichgrafen an der Nordsee ihre Vorsichtsmaßnahmen. Die Bevölkerung brachte Vieh und Habe auf die höchstgelegenen Punkte und hielt sich in Bereitschaft. Der Kampf mit den Elementen wurde aufgenommen — und letzten Endes gewonnen, wenn auch mit schweren Wunden.'

Eine Großstadt schlief

In Hamburg sah das Bild hingegen. anders aus. Eine Sensation bildete für die Stadt seit Tagen der Orkan, durch den sämtliche Feuerwehrzüge praktisch ununterbrochen im Einsatz gehalten wurden. Bäume wurden wie Streichhölzer geknickt und begruben unter sich Fahrzeuge und Vorgärten. Menschen wurden zu Boden gefegt, Autos aus der Fahrtrichtung getrieben und Hochspannungsleitungen zerrissen. In den umliegenden Forsten gab es Windbruchgebiete von mehreren hundert Metern. Wer es nicht nötig hatte, sein Haus zu verlassen, blieb in deT Wohnung, von wo aus er in kurzen Abständen das Sirenengeheul vorbeirasender Feuerwehrwagen hören konnte. Mit Erleichterung beendeten viele Hamburger am Freitagabend ihre wöchentliche Arbeit, um sich der Familie und Entspannung zu widmen. Soweit man die Abendnachrichten hörte, nahm man die Sturmflutwarnung für die Küste und Cuxhaven zur Kenntnis, ohne sich eine konkrete Vorstellung von der angegebenen Fluthöhe zu machen Auch für die Hamburger Behörden war das Wochenende gekommen, und diejenigen, die zuständigerweise die Meldungen verfolgen mußten, sorgten für das Abfeuern der bei Hochwasser üblichen Böllerschüsse. Gewisse Stadtteile des hafennahen Gebietes werden nämlich bei jedem größeren Hochwasser leicht überflutet und müssen demzufolge auf diese Weise gewarnt werden. Die wenigen, die eine Gefahr erkannten, wurden nicht ernst genommen beziehungsweise hielten sich nicht für kompetent genug, um eine Stadt des Nachts in Alarmzustand zu versetzen. , Es fehlte ihnen hierzu auch an der nötigen Befehlsgewalt oder der Möglichkeit, die verantwortlichen Stellen vom Ernst der Lage zu überzeugen,

Inzwischen rollte die größte Flutwelle, die seit den meteorologischen Messungen je in Hamburg registriert wurde, auf die Stadt zu. Der Orkan trieb das Wasser darüber hinaus noch schneller, als es normalerweise zu erwarten war. Mit einer Wasserstauung von mehr als vier. Meter über Normalhochwasser hatte man in Hamburg eigentlich mehr in der Theorie als in der Praxis gerechnet. Der hauptleid-tragende Stadtteil Wilhelmsburg liegt auf einer, großen Insel zwischen den beiden Elbearmen und ist erst im Laufe der letzten hundert Jahre, im Zuge der Industrialisierung, besiedelt worden. Dieser Industriestadtteil wurde durch Deiche gegen das Hochwasser befestigt, deren Höhe rechnerisch den Eventualitäten genügten, die jedoch niemals bis zur äußersten Belastung einer Prüfung standhalten mußten. Es scheint auch möglich zu sein, daß ein Teil der Deiche durch ständiges Befahren an Höhe und Festigkeit verloren hat. Jedenfalls hatte die Wilhelmsburger Bevölkerung bisher nie Anlaß zur Annahme, sich in einem flutgefährdeten Gebiet zu befinden und war sich nie über ihre gefährliche Insellage klargeworden.

Als das Hochwasser in der Nacht die Dämme brach, schliefen die meisten Menschen bereits in ihren Betten oder hörten als äußeres Geräusch das Heulen des Orkans. Nur vereinzelte Nachtschwärmer wurden sich der drohenden Gefahr bewußt, als sie auf dem Nachhauseweg nasse Füße bekamen. In vielen Fällen hielten sie es aus mangelndem Vorstellungsvermögen heraus auch für zu unwichtig, um deswegen die Hausgemeinschaft zu wecken. Selbst den Polizeistreifenwagen scheint anfangs die Gefahr nicht voll bewußt gewesen zu sein. Erst als die Dämme weiter nachgaben und sich Sturzfluten in das Wohngebiet ergossen, ließ man die Auto-sirenen zur Warnung aufheulen, was jedoch im Toben des Sturmes unterging. Was dann geschah, hat man inzwischen durch die laufenden Katastrophenmeldungen erfahren.

Die wichtigste Lehre, die man aus dieser Flutkatastrophe erhalten hat, ist wohl die der notwendigen Vorsorge gegen die Naturelemente. Es sollte dabei gleichgültig sein, welcher Art die Bedrohung ist. Die Sicherheitsmaß-

nahmen und der Schutz der Bevölkerung müssen jeweils so angelegt sein, daß bei Wiederholung der schlimmsten Erfahrungsdaten noch immer ein ausreichender Sicherheitsspielraum eingeschlossen ist. Für die Regierungen und ihre Finanzve,rwaltungen ergibt sich dabei die mahnende Forderung, die Mittel für die Sicherheit nicht nach üblichen fiskalischen Verteilungs- und Streckungsmethoden auszuschütten, sondern sie so zur Verfügung zu stellen, daß die jeweils erforderlichen Schutzbauten in dem Maße erstellt werden können, wie die vorhandenen Geräte und Arbeitskräfte es nur möglich machen. Darüber hinaus sollte es fertig ausgearbeitete Katastrophenpläne für den Eventualfall geben.

Hilflos inmitten der Technik

Alle Hamburger, die vom Wasser verschont geblieben sind, haben bei der Katastrophe eine erschreckende Feststellung machen können. Sie sahen plötzlich in vollem Umfang die Hilflosigkeit des modernen, zivilisierten Menschen ohne den Komfort der Technik. Plötzlich konnte man sich

weder elektrisch rasieren noch hatte man Wasser zum Waschen. Die Fahrstühle standen still, und die Besucher drückten am Hauscingang vergeblich auf den Klingelknopf. Radio und Fernsehen waren verstummt, und die elektrische Kaffeemühle wurde zu einem wertlosen Requisit. Ob Gasoder Elektroherd, ihr Wert verblaßte in dem Augenblick hinter dem Spirituskocher. Wohnungen mit Ofenheizung wurden plötzlich zu Oasen der Wärme, denn selbst die Ölheizungen versagten, sofern sie von einem elektrischen Gebläse abhängig waren. Bei Ärzten und Zahnärzten waren die chromblitzenderi Apparaturen nur noch eine Kulisse, und in den Bäckereien saßen die Lehrlinge vor den erkalteten Elektroofen. Lediglich die Friseure hatten noch die Möglichkeit, mit geübter Fingerfertigkeit ihre Kunden zu bedienen. An den Tankstellen versagten die elektrischen Pumpen, und auf den Straßen standen verlassene Straßenbahnwagen. Verheerend wirkte sich der Stromausfall auf die Kühlwaren im Einzelhandel aus. In den Tiefkühltruhen setzte plötzlich Tau-

wetter ein, und in wilder Hast versuchte man die gefährdeten Waren in die Zentralkühlhäuser zu bringen, die durch eigene Stromversorgung oder Notbelieferung funktionsfähig geblieben waren. Noch katastrophaler zeichnete sich das Bild in landwirtschaftlichen Betrieben ab. In Geflügelzüch-tereien fielen die Brutöfen aus, und Tausende von Embryos erstarrten in der Schale. Vielerorts konnten nicht einmal die Kühe gemolken werden, da das Verhältnis von Arbeitskräften und Viehbestand auf die Mithilfe elektri-' scher Melkmaschinen eingestellt war.

Trotz Überflutung zahlreicher Kraftwerke waren die Hamburger Energieversorgungsanlagen schon so schnell wiederhergestellt, daß die eben aufgezählten Ausfälle 'auf die Bevölkerung nur wie ein Schock wirkten und der Schaden zum Glück relativ klein blieb. Trotzdem hat diese Katastrophe gezeigt, daß der Mensch in dem Maße, wie sein Komfort zunimmt, unselbständiger und abhängiger von seiner Umgebung wird, während letztlich die Natur von ihrer Urgewalt nichts eingebüßt hat.

Großzügig, allzu großzügig oft, ein portugiesisches Erbe, ist es den Brasilianern trotzdem noch nicht aufgegangen, was heute auf dem Spiel steht, nicht für dieses oder jenes Land, sondern für die1 Menschheit. Zwei Welten stehen einander heute gegenüber. Moskau setzt seine größten Hoffnungen weniger auf seine Atombomben als auf die Torheit derer, die weder kalt noch heiß sind. Die lateinamerikanischen Staaten, die sich in Punta del Este zum Fall Kuba ihre Hände wie einst Pilatus in Unschuld wuschen, verleugneten die freie Welt.

Argentinien machte diesen Kniefall vor Fidel Castro wieder gut, indem es seine diplomatischen Beziehungen abbrach. Brasiliens Staatspräsident Gou-lart und Ministerpräsident Tancredo Neves mußten jetzt wohl oder übel die Glückwünsche Chruschtschows von dessen Schwiegersohn Alexei Iwano-vich Adjübei, dem Chefredakteur der „Iswestija“, entgegennehmen. Es war ihm wohl ein Herzensbedürfnis nach seinem Besuch bei Kennedy, mit seiner Frau nach Brasilia zu fliegen.

Gespräch mit Miro Cardona

Fast hätte sich Adjubei mit Miro Cardona, dem Haupt der kubanischen Exilregierung, in Rio de Janeiro getroffen. In einem Punkt waren sich alle 21 lateinamerikanischen Staaten in Punta del Este einig: Das kommunistische System in Kuba ist unvereinbar mit der panamerikanischen Gemeinschaft. Aus dem Gespräch, das wir Auslandskorrespondenten dort mit Cardona hatten, gewannen wir den Eindruck, daß dieses Ergebnis für Fidel

das Zeichen war, nicht nur die Verfolgung im eigenen Land zu verschärfen (Ermordung von prominenten Mitgliedern der Katholischen Aktion I), sondern vielmehr ganz Lateinamerika zur Revolution aufzurufen. Er weiß, daß Millionen ihm ergeben sind.

Ein Journalist fragte ihn, ob es nicht besser gewesen wäre, wenn die Amerikaner den früheren Diktator Ba-tista toleriert hätten.

„Der Sturz Castros ist notwendig“, wiederholte Cardona immer wieder. Zu dem von der Regierung Goulart vielzitierten Selbstbestimmungsrecht sagte er: „Das Volk von Kuba ist nicht kommunistisch. Es will keine Diktatur. Selbstbestimmung? Keine Spur. Das beweist der täglich heimliche Widerstand. Das beweist, daß jeden Monat Tausende von Flüchtigen in Florida eintreffen. Die wirtschaftliche Not spüren alle. Früher verdiente ein Arbeiter in der Zuckerplantage viereinhalb Pesos, heute zwei.“

„Ist nicht Guevara der wirkliche Führer?“

„Nein, ,Che', ein naturalisierten Argentinier, ist Agitator, weiter nichts. Die große Figur der Revolution gegen Batista war Camilo Cienfuegos. Seine demokratische Vision hat ihm den Tod gebracht.“

Meine Frage: ..Wäre es nicht klüger von seiten der Amerikaner gewesen, hätten sie statt der Invasion, der mehr als dilettantisch aufgezogenen, die neuen Herren Kubas unterstützt? Auch die kirchlichen Kreise sollen von Anfang an keine übermäßigen Sympathien für Castro gehabt haben, sie sahen ihren Großgrundbesitz, ihr

Schulmonopol und andere alte Rechte gefährdet. Die Folge: Castro wurde in die Arme der Sowjetunion getrieben.“

Miro Cardona betonte nachdrücklich: „Die Invasion war kein Unternehmen der Amerikaner, sondern der freien demokratischen Kubaner. Fidel Castro hatte immer die Unterstützung der Vereinigten Staaten. Es ist völlig unrichtig, den Amerikanern die Schuld zu geben, daß Kuba kommunistisch wurde.“

Meine Frage: „Exzellenz glauben, die Amerikaner, denen 80 Prozent der Zuckerinsel damals gehörten, hätten sich selber expropriiert?“

Neue Invasion? v

Meine Zwischenfrage überhörend, sagte er: „Wegen dieser täglichen Haß-tiraden lehnte ich den Posten als Botschafter von Kuba in Washington ab. Washington hätte große finanzielle Opfer gebracht zur Durchführung der Agrarreform. Summa summarum: Fidel hat die Revolution verraten. Gebrochen sein Wort. Die provisorische Regierung hatte nach 18 Monaten freie Wahlen versprochen. Heute ist Kuba in der Hand der Kommunisten.“ Zum Schluß sprach Miro Cardona die Überzeugung aus, 1962 werde für sein Vaterland die Erlösung kommen.

„Mit einer neuen Invasion?“ fragten wir. Er wolle den Plänen des Revolutionsrates nicht vorgreifen, erwiderte er.

Amerika bekommt nun auch eine Kostprobe von der friedlichen Koexistenz „made in Kreml“. In großen Schlagzeilen verkünden soeben die Zeitungen, die Sowjetregierung rüste

Kuba mit dem neuesten Kriegsmaterial aus, nachdem Castro bereits über ein Waffenarsenal verfügt, dessen Wert auf 100 Millionen Dollar geschätzt wird, die größte militärische Ausrüstung, die es je in Lateinamerika gab' (Bericht des State Department). Gegen 200 mittlere und schwere Tanks werden darin angeführt, 500 bis 1000 Geschütze, 50 bis 100 Feldgeschütze, gegen 1000 Flakkanonen (hauptsächlich tschechischer Herkunft), 500 Mörser, zirka 4000 Jeeps, Lastwagen und dergleichen, 50 MIG-Jagd-flugzeuge. Die 300.000 Mann starke Miliz erhielt 200.000 Handwaffen belgischen und tschechischen Fabrikats. Für die Ausbildung wurden Fachleute aus dem Sowjetblock abkommandiert.

Mit wachsender Besorgnis verfolgen die Länder diese Herausforderung. Der von den Kommunisten schon lange al* Kriegshetzer geächtete frühere Vizepräsident Nixon fordert, die Vereinigten Staaten sollten endlich erkennen, daß Fidel Castro gestürzt werden müsse.

Die Wirtschaftsblockade, welche die USA am 5. Februar über Kuba verhängten, wird auf unblutigem Weg den „roten Tumor“ beseitigen. Castro hatte die Stirn, bei der UNO gegen diesen „wirtschaftlichen Angriff“ zu protestieren. Ob ihm die Luft ausgehen wird, ist nur eine Frage der Zeit. Falls die anderen lateinamerikanischen Länder sich der Blockade doch noch anschließen werden, wird das jüngste Baby des Weltkommuniemus bald das Zeitliche segnen.

Stellunoshundinadiung

Österreichische Staatsbürger männlichen Geschlechts, die dem Geburtsjahrgang 1943 (Stellungspflichtiger Jahrgang) angehören, ferner Wehrpflichtige der Geburtsjahrgänge 1937, inklusive W42> die bisher der, Stellungfjtommis-sion wegen nachträglicher Einbürgerung, Auslandsaufenthalts usw. noch nicht vorgestellt waren, und Freiwillige, die den Präsenzdienst vorzeitig ableisten wollen, müssen zur Feststellung ihrer körperlichen und geistigen Eignung für die Erfüllung der Wehrpflicht vor der Stellungskommission erscheinen. Minderjährige Freiwillige haben eine gerichtlich oder notariell beglaubigte Zustimmungserklärung des gesetzlichen Vertreters vorzulegen. Wird diese nicht beigebracht, kann die freiwillige Meldung nicht entgegengenommen werden.

Die Stellungen haben am 22. bzw. am 29. Jänner 1962 begonnen. Nähere Auskünfte für Wehrpflichtige, die bisher noch nicht bei der Stellung erschienen sind, sind aus den öffentlich affichierten Stellungskundmachungen ersichtlich.

Die näheren Bestimmungen über die Stellungtpflicht und die Dauer der Stellung sind aus den bei den Bezirkshauptmannschaften, den Gemeince-ämtern (Magistraten), den Bezirksgendarmeriekommandos, den Gendarmerieposten, den Bundespolizeikommissariaten, den Sicherheitswachzimmern und an öffentlichen Plakattafeln angeschlagenen Stellungskundmachungen ersichtlich.

Stellungspflichtige Österreicher, die im Ausland leben, haben sich bei der für sie zuständigen österreichischen Vertretungsbehörde zu melden.

Anträge um Aufschub de Präsenzdienstes können nur von den Stellungspflichtigen bei der Stellungskommission schriftlich eingebracht oder mündlich zu Protokoll gegeben werden. Eingaben um Ausnahme von der Einberufung aus rücksichtswürdigen gesamtwirtschaftlichen, familienpolitischen und sonstigen öffentlichen Interessen können nur von den Stellungspflichtigen vor Erhalt des Einberufungsbefehles beim zuständigen Ergänzungskommando unter Glaubhaftmachung der Gründe eingereicht werden. Für nach Erhalt dei Einberufungsbefehles eingebrachte Anträge bzw. Eingaben kann weder ein Aufschub des Präsenzdienstes noch eine Ausnahme von der Einberufung gewährt werden. Die Anträge bzw. Eingaben Unterliegen der Stempelpflicht.

45 de Wehrgesetzes: Wer sich listiger Umtriebe bedient, um sich oder einen anderen der Erfüllung der Wehrpflicht zu entziehen, wird wegen Vergehens mit strengem Arrest von einem Monat bis zu einem Jahr bestraft.

Wien, am 3. März 1962 Bundetministcrium für Landesverteidigung

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