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Stabilität beginnt im eigenen Haus

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Der Dollar fällt ins Bodenlose, die Unsicherheit steigt. Müssen wir mit einer weiteren ökonomischen Schechtwetter-periode rechnen?

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Der Dollar fällt ins Bodenlose, die Unsicherheit steigt. Müssen wir mit einer weiteren ökonomischen Schechtwetter-periode rechnen?

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Ausgehend vom Dollar ist in den letzten Monaten eine globale Währungskrise entstanden. Die Finanzmärkte haben das Vertrauen auch in hochindustrialisierte Länder wie Italien verloren. Sie wollen diesen Volkswirtschaften kein zusätzliches Kapital mehr anvertrauen, da sie fürchten, daß die - technisch gesehen - bereits bankrotten Staaten nicht mehr imstande sind, das Geld zum Nennwert zurückzuzahlen. Diese Staaten sind nach Auffassung maßgebender Experten Engagements eingegangen, deren Zinsendienst und Amortisation mit konventionellen Maßnahmen wie Steuererhöhung oder politisch durchsetzbaren Einsparungen nicht mehr bewältigt werden können.

Der derzeitige Schuldenberg beträgt in den USA 1,2 Billionen Dollar, wobei mit einem jährlichen Wachstum von weiteren 150 Milliarden Dollar gerechnet werden muß. Die daraus entstehenden Verpflichtungen lassen sich nicht mehr mit der Funktion des Dollar als Leitwährung, an der sich ja die Währungspolitik der anderen Staaten orientieren solljöjÄereirtbaren.

Per Welthandel und die internationalen Finanzkreise ziehen daraus die Konsequenzen. Der Dollar verliert allmählich die zwei wesentlichen Aufgaben einer Leitwährung: Einerseits wird ein immer kleinerer Teil des Welthandels in US-Dollar abgewickelt. Andererseits reduzieren die Notenbanken ihren Dollarbestand. W7ährend früher rund 80 Prozent der globalen Währungsreserven in Dollar gehalten wurden, sind es heute nur noch 60 Prozent. Der international bekannte Anätegenfach-mann Felix E. Zulauf fiält einen weiteren Rückgang auf 30 Prozent längerfristig möglich. Das entstehende Vakuum wird vom Yen und D-Mark aufgefüllt, sodaß letztlich -nicht ohne Schwierigkeiten - drei Leitwährungen bestehen werden.

Die Verschuldung hat den finanzpolitischen Spielraum auch anderer wichtiger Staaten wesentlich verringert. Immer größere Summen müssen für den Zinsendienst aufgewendet werden. Dies bedeutet, daß umgekehrt immer weniger Geld für Investitionen und den privaten Ver-briueh verfügbar ist. Die Finanzmärkte zwingen schwache Staaten zu notwendigen Sanierungen, was in einem Teufelskreis wiederum zu höheren Zinsen und Steuern sowie zu geringeren Ausgaben des Staates führt. Dadurch entsteht ein defla-tionärer Druck auf die Volkswirtschaften. Das bedeutet reduziertes Wirtschaftswachstum und damit Probleme auf dem Arbeitsmarkt.

Sicherlich bestünde die Möglichkeit, die Verpflichtung mit einer galoppierenden Inflation zu tilgen. Da jedoch Politiker und Notenbanken aus bitterer Erfahrung um die katastrophalen Folgen einer solchen Geldentwertung wissen, ist eine defla-tionäre Politik wahrscheinlicher. Diese ist allerdings mit erheblichen sozialen Spannungen verbunden. Offenbar ist es in einer Demokratie nicht möglich, in der Budgetpolitik Maß zu halten. „Eine demokratische Gesellschaft ist nicht in der Lage, mit den Staatsfinanzen umzugehen”, sagt Zulauf in einem Interview mit einer Schweizer Wirtschaftszeitung. Er fürchtet, daß Länder wie Belgien, Schweden, Spanien, möglicherweise auch Portugal, Holland und Kanada und natürlich auch die USA zu einem Kapitalschnitt gezwungen werden. Dies würde das Vertrauen der Sparer erschüttern und hätte einen katastrophalen und irreparablen Schaden für das Wirtschaftsgeschehen in der ganzen Welt zu Folge.

Ganz in diesem Sinne argumentiert Gregory B. Christiansen von der California State University bei einer Konferenz, die Mitte März unter, dem Titel „Hayek versus Keynes” in Wien veranstaltet wurde. Er glaubt, daß repräsentative Demokratien auf Dauer nicht in der Lage seien, monetäre Stabilität, eine gesunde Finanzpolitik, wirksame Armutsbekämpfung und ein dem Grundsatz der Gleichheit verpflichtetes Finanzsystem zu gewährleisten. Als nicht diktatorische Alternativen nennt Christiansen eine durch Verfassung gesicherte. Demokratie, die nach dem Grundsatz der Subsidarität von unten nach oben aufgebaut ist, in der Einkommensteuern auf Gemeindeebene eingehoben Werden. Jedwe-de Geldschöpfung durch Regierungen müsse unmöglich gemacht werden.

Was bedeutet dies alles für Österreich, was dürfen und was müssen wir als Arbeitnehmer oder Selbständige, als Konsumenten und Sparer erwarten?

Dazu drei Feststellungen:

1. Die internationale Währungskrise ist in ihren wirtschaftlichen und politischen Auswirkungen ernst zu nehmen. Wir müssen mit verstärkten Turbulenzen in der Zukunft rechnen. Die Entwicklung ist von einer kleinen Volkswirtschaft wie Österreich nicht beeinflußbar, doch haben wir uns auf die ökonomische Schlechtwetterperiode einzustellen. Es ist ein großer Unterschied, ob man einen Kälteeinbruch im Bikini oder Wintermantel erlebt.

2. Alle bisherigen Erfahrungen zeigen, daß die Länder mit harter Währung vergleichsweise die besten Voraussetzungen mitbringen, um

Wirtschafts- und Finanzkrisen zu meistern. Dies zeigen die Beispiele Japan, Deutschland, Holland, Schweiz und bislang auch Österreich. Diese Staaten weisen - über einen längeren Zeitraum gemessen - ein überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum aus und erfreuen sich einer relativ kleinen Arbeitslosen- und Inflationsrate; man weiß, daß die Wechselkursstabilität im eigenen Haus beginnt. Hartwährungspolitik muß durch wirtschaftliche Bahmenbedingungen die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft gewährleistet werden. Eine Überforderung des Staates und soziale Ansprüche, die die Leistungskraft der Wirtschaft unberücksichtigt lassen, sind damit unvereinbar. ' 3. Dies erfordert für Österreich den konsequenten Abbau des zu hohen Budgetdefizits und zwar primär durch Einsparungen auf der Ausgabenseite. Dies erfordert weiters die Beseitigung von nicht mehr zeitgemäßen administrativen oder finanziellen Belastungen der Volkswirtschaft. Damit schafft Österreich die Voraussetzungen, ungeachtet aller pessimistischen Expertenmeinungen auch stürmischere Zeiten im internationalen Wettbewerb zu bestehen. Dies zu erreichen, liegt im Interesse der gesamten Bevölkerung, sollte aber auch ein Ziel der Sozialpolitik sein, da die niedrigen EV kommensschichten von unbewältig-ten Wirtschaftskrisen erfahrungsgemäß am stärksten betroffen sind.

Daran muß erinnert werden, wenn, das nächste Sparpaket zur Diskussion steht.

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