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Erlahmende Triebkräfte

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Statistisch gesehen hatte die Schweiz den stärksten Trendeinbruch aller Industrieländer. Trotz Lösung von Strukturproblemen sieht sie sich wachsenden Gefahren gegenüber.

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Statistisch gesehen hatte die Schweiz den stärksten Trendeinbruch aller Industrieländer. Trotz Lösung von Strukturproblemen sieht sie sich wachsenden Gefahren gegenüber.

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An der Entwicklung von Produktion und Beschäftigung gemessen, erlitt die Schweiz den stärksten Trendeinbruch aller Industrieländer. Das reale Bruttoinlandsprodukt verringerte sich in den Jahren 1975/76 um gut zehn Prozent, die Kapazität der Bauwirtschaft schrumpfte um 40 Prozent, die des Wohnbaus um mehr als 50 Prozent zusammen. Als Folge davon gingen rund 300.000 Arbeitsplätze verloren. Trotzdem konnten .die Schäden — auch die sozialen und innenpolitischen—in erstaunlich engem Rahmen gehalten werden.

Die Arbeitslosigkeit stieg bis heute nie wesentlich über die EinProzent-Marke hinaus. Die Inflationsrate gehört seit 1975 zu den niedrigsten der Welt, und die außenwirtschaftliche Ertragsbüanz wies selbst in den stärksten Rezessionsjahren stets erkleckliche Uberschüsse aus. Woran liegt es, daß die Schweiz (bisher) weitgehend von jenen Schwierigkeiten und Problemen verschont blieb, welche die meisten anderen Industrieländer so sehr belasten? Weil die im eigenen Land (also im eigenen Einflußbereich) liegenden politischen, gesellschaftlichen und-wirtschaftlichen Rahmenbedingungen dem Schweizer Unternehmer größere Freiräume, bessere Entfaltungsmöglichkeiten und sichere Erwartungen gewährleisten konnten. Diese Vorteile lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:

# Es dominieren die Klein- und Mittelbetriebe, die eine hohe Flexibilität und Innovationskraft aufweisen.

# Die Produktion wird auf Erzeugnisse und Dienstleistungen konzentriert, die eine hohe Wertschöpfung haben und deren Nachfrage relativ unelastisch ist.

# Die Eigenfinanzierung ist vergleichsweise hoch, die Zinsen niedrig und das Bankensystem äußerst leistungsfähig.

# Zwischen den Sozialpartnern herrscht ein ausgesprochen gutes und kooperatives Verhältnis, was sich im Fehlen von Streiks und Arbeitskonflikten äußert.

# Es gibt ein außergewöhnliches Maß an politischer Stabilität und Dezentralisierung der politischen

Jährlich wächst unser Hausmüll

In Österreich fallen jährlich rund 1,8 Millionen Tonnen Hausmüll an. Diese Menge entspricht etwa 47.000 Eisenbahnwaggons oder der Länge eines Zuges von Wien nach Bregenz.

Die Stoffe Altpapier, Alttextilien und Altglas bilden mit 50 Prozent den Hauptanteü beim Hausmüll. Zwei Drittel des anfallenden Abfalls landen auf einer Deponie. 18,7 Prozent werden in Kompostieranlagen wiederverwertet, während 15,3 Prozent in Müllverbrennungsanlagen vernichtet werden.

Bei der letzten Abfallerhebung (1980) wurde ein Entsorgungsgrad der österreichischen Bevölkerung durch die Müllabfuhr von 96 Prozent ermittelt.

Seit 1973 ist unser Müllberg um rund 17 Prozent angewachsen. Das entspricht einem jährlichen Anstieg von zwei Prozent.

Macht mit starker Souveränität von Kantonen und Gemeinden.

Außerdem liegt die erste Priorität der Finanzpolitik nach wie vor in der Wiederherstellung des Finanzausgleichs bzw. der endgültigen Beseitigung des Defizits im Bundeshaushalt. Hervorzuheben ist weiters, daß die Wiederherstellung des Gleichgewichts der Staatsfinanzen nicht primär in der Erhöhung der Steuern, sondern in der Senkung der Ausgaben bzw. in der Weiterführung der straffen Ausgabendisziplin gesehen wird.

Was die Strukturpolitik betrifft, so hat sich die schweizerische Regierung bisher — außer in der Landwirtschaftspolitik — für einen äußerst liberalen Kurs entschieden. Sie hat dabei vor allem während der schweren Rezessionsjahre 1975/76, der verschiedenen Aufwertungsschübe des Schweizer Frankens sowie der strukturellen Einbrüche in der Uhrenindustrie und in der Bauwirtschaft eine bemerkenswerte Standfestigkeit an den Tag gelegt. Mitunter wurde die Regierung sehr stark mit der Forderung unter Druck gesetzt, einen interventionistischen Kurs zur Erhaltung der brüchig gewordenen Strukturen einzuschlagen.

Im nachhinein läßt sich feststellen, daß gerade diese Politik, so hart sie auf kurze Sicht für die unmittelbar Betroffenen erschien, den strukturellen Anpassungsprozeß beschleunigt und jene privatwirtschaftlichen Kräfte und Energien zu mobilisieren vermochte, welche es der schweizerischen Volkswirtschaft wenigstens bisher erlaubten, mit ihren Strukturproblemen besser fertig zu werden.

Diese Ausführungen sind beileibe nicht als selbstgefällige Beweihräucherung einer — wie man meinen könnte — makellos funktionierenden Volkswirtschaft aufzufassen. Sie stellen nur den Versuch dar, die relativ komfortable Lage der Schweiz darzustellen. Satte Überheblichkeit ist schon deshalb kaum am Platz, weil auch in der Schweiz schon verschiedene Kräfte in Richtung einer Schwächung jener Positio-

Wirtschaftsfeindlichkeit nen hinwirken, die bisher die Stärke unserer Volkswirtschaft ausmachten. Das sind:

• Wachsende Divergenz zwischen Ansprüchen und wirtschaftlichem Leistungsvermögen;

• Ubergang zu mehr Erhal-tungs- und Gestaltungsinterven-tionismüs;

• eine immer vordergründigere Wirtschafts- und Wachstumsfeindlichkeit, die von der Auseinandersetzung um energie-, Verkehrs- und umweltpolitische Fragen herrührt;

• zunehmende Polarisierung in der öffentlichen Auseinandersetzung und der damit verbundene Schwund einer in der Demokratie unerläßlichen Konsens- und Kompromißfähigkeit;

0 nicht zuletzt die internationale Tendenz der einzelnen Staaten zu immer mehr Protektionismus.

Wenn sich auch in den letzten 10 bis 15 Jahren die für unser Leben, Wirken und Handeln maßgeblichen Rahmenbedingungen verschlechtert haben, die uns vor immer größere „Daseinsprobleme” gestellt haben, so muß betont werden, daß sie von Menschen geschaffen sind. Sie drücken „nur” die in jeder Gesellschaft bei den Menschen vorherrschenden Wertvorstellungen aus, die Wirtschaft und Politik bestimmen.

Der Autor ist Professor für Volkswirtschaft an der Hochschule für Wirtschaftsund Sozialwissenschaft in St. Gallen. Der Beitrag ist die gekürzte Fassung eines Vortrages bei der Studientagung ..Internationale Strategien für den Wirtschaftsaufschwung” in der Politischen Akademie.

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