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Erfolge realistischer Wirtschaftspolitik

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Die Frage der Lebensfähigkeit der österreichischen Wirtschaft, die vor allem in der Zwischenkriegszeit oftmals von uns selbst bezweifelt worden war, steht heute nicht mehr zur Diskussion. Wir haben in den letzten Jahren nicht geschlafen, sondern die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes kräftig vorangetrieben. Das hatte erfreulicherweise zur Folge, daß wir mit unserer derzeitigen wirtschaftlichen Leistungskraft bereits nahe an die vom zweiten Weltkrieg nicht betroffenen europäischen Länder herankommen. Bei Weiterführung einer verantwortungsbewußten Wirtschaftspolitik könnte uns sogar bald ein Uberholmanöver gelingen. Die Grundlagen dafür wurden in den letzten vier Jahren geschaffen. Ich darf darauf hinweisen, daß das österreichische Sozialprodukt in diesen Jahren um rund 19 Prozent real gestiegen ist, daß die Masseneinkommen um 24 Prozent real zugenommen haben und daß sich der Spareinlagenstand von 68 Milliarden Schilling auf 106 Milliarden Schilling, also um 55 Prozent, gesteigert hat. Blicken wir weiter zurück und vergleichen wir unsere wirtschaftliche Entwicklung mit jener in unserem kriegsverschonten, neutralen Nachbarland Schweiz, so ergibt sich dort ein langfristiges Wachstumstempo im Zeitraum von 1938 bis 1967 von 2,1 Prozent je Einwohner, in Österreich aber ein solches von 3,1 Prozent. Auf Grund der OECD-Schätzdaten ist das Schweizer Bruttonationalprodukt von 1965 bis 1969 um 13,4 Prozent größer geworden, in Österreich wuchs es aber im gleichen Zeitraum um 18,5 Prozent. Wir haben also gegenüber der Schweiz besonders in den letzten Jahren Terrain gewinnen können. Auch gegenüber den Vereinigten

Staaten, der Bundesrepublik Deutschland, Schweden und Großbritannien holt Österreich auf.

Gold und Devisen

Man hat heute auch allen Grund, mit der Stabilität des österreichischen Schillings zufrieden zu sein. Die Gold- und Devisenreserven der österreichischen Nationalbank, die sich zur Zeit auf etwa 37 Milliarden österreichische Schilling belaufen, reichen für 6,1 Monatsimporte aus. Dies bedeutet 6,1 Monate Importdeckung durch Gold und Devisen. Die Importdeckung stellt eine international anerkannte Maßgröße für die Solidität einer Währung dar. Österreich liegt damit an zweiter Stelle hinter der Schweiz mit 7,8 Monaten.

Die weitere Rangliste lautet:

USA 5,0 Monatsimporte

Italien 4,6

BRD 4,6

Belgien 2,7

Frankreich 2,6

Holland 2,3

Norwegen 2,2

England 1,5

Dänemark 1,2

Schweden 0,9 Auch in der Rangordnung nach der Dek-kungsquote, das heißt, zu wieviel Prozent der Banknotenumlauf durch Währungsreserven gedeckt ist, findet sich Österreich an führender Stelle. Mit 77 Prozent valutarischer Dek-kung liegt unser Land nach der Schweiz (94 Prozent) an zweiter Stelle.

Schweiz 94 Prozent Österreich 77 Prozent Kanada 60 Prozent

Belgien 60 Prozent

BRD 57 Prozent

Die USA Hegt mit 19 Prozent nicht unter den ersten zehn.

Budgets des Fortschritts

Mit den fünf in Alleinverantwortung erstellten Budgets und der Verwirklichung des wirtschaftspolitischen Programmes der Bundesregierung ist es gelungen, auf allen entscheidenden Gebieten wesentliche Fortschritte zu erzielen. Die Dynamik der Entwicklung kommt in einigen Zahlen einprägsam zum Ausdruck:

• Seit 1965 wurde die Zahl der Lehrkanzeln an den Universitäten und Hochschulen um rund 40 Prozent vermehrt, die Zahl der Assistenten um nahezu 50 Prozent.

• An den allgemeinbildenden Pflichtschulen hat in der gleichen Zeit die Zahl der Klassen um 7278 auf 33.377 zugenommen und die Zahl der Lehrer-Dienstposten um 10.663. Der Personalaufwand hat sich verdoppelt.

• An den allgemeinbildenden höheren Schulen ist die Schülerzahl seit 1965/66 um rund 45 Prozent gestiegen. Mehr als 1500 neue Dienstposten waren in diesen Bereichen notwendig.

Angesichts dieser Expansion kommt dem Bau neuer Schulen entscheidende Bedeutung zu. Deshalb wurde im Voranschlag 1970 das Baubudget um 36 Prozent auf 842 Milliarden Schilling aufgestockt und neben dem Sonderprogramm für den Hochschulbau von einer Milliarde Schilling ein weiteres für den Bau höherer Schulen im Umfang von 200 Millionen Schilling vorgesehen.

Ohne die Sonderprogramme erreicht das Bauvolumen des Unterrichtssektors von 1966 bis 1970 rund 3,4 Milliarden. In dieser Zeit wurden 11 Hochschulinstitute, 25 allgemeinbildende und 5 berufsbildende höhere Schulen fertiggestellt und 3 Hochschulbauten, 20 allgemeinbildende und 9 berufsbildende höhere Schulen in Angriff genommen. Dazu kommen noch die in den Sonderprogrammen vorgesehenen Bauvorhaben.

Die gesamten der Forschung zuzurechnenden Ausgaben betragen im Voranschlag 1970 1093 Millionen, das sind um 16 Prozent mehr als 1969. Die Steigerung der staatlichen Ausgaben für die Forschung hat wesentlich dazu beigetragen, daß der Anteil von Forschungsund Entwicklungsausgaben am Bruttonationalprodukt in den letzten fünf Jahren verdoppelt werden konnte. Für die beiden Forschungsförderungsfonds zusammen sind

1970 etwa 47 Prozent mehr vorgesehen als im Bundesvoranschlag 1969. Das Sozialbudget 1970 sichert nicht nur die dynamischen Sozialleistungen, sondern bringt breiten Bevölkerungsgruppen neue und zusätzliche Leistungen.

Im Budget 1970 erreicht der Gesamtaufwand 16,1 Milliarden, das sind um 17 Prozent mehr als 1969 und um 70 Prozent mehr als 1965. Die Sozialausgaben sind demnach viel rasch er gestiegen als das gesamte Budgetvolumen.

Der gesamte Sachaufwand Im Kapitel Landwirtschaft im Voranschlagsentwurf 1970 erreicht 2065 Millionen, um 131 Millionen mehr als 1969. Der Grüne Plan ist mit 780 Millionen dotiert, wobei besonders die Mittel für Zinsenzuschüsse um rund 15 Prozent erhöht wurden. Zusätzlich wurde für das landwirtschaftliche Strukturverbesserungsgesetz vorgesorgt und ebenso für den Weinwirtschaftsfonds.

Im gesamten Straßenbau standen in den Jahren von 1966 bis 1969 16,7 Milliarden zur Verfügung. Davon wurden 5,9 Milliarden für die Autobahnen eingesetzt und 120 km fertiggestellt dem Verkehr übergeben.

Wirtschaftliche Zukunft

In den nächsten fünf Jahren, also bis zum Ende des Jahres 1974, kann das österreichische Sozialprodukt unter der Annahme eines voraussichtlich vierprozentigen Wirtschaftswachstums real um 22 Prozent steigen, die Spareinlagen können bei gleichbleibenden Spargewohnheiten um weitere 75 Milliarden höher sein als heute, und die Masseneinkommen können in dieser Zeit, ebenfalls unter der Annahme eines vierprozentigen Wirtschaftswachstums, um rund 22 Prozent real zunehmen.

Voraussetzung einer derart; günstigen Entwicklung ist neben einer sachkundigen staatlichen Wirtschaftspolitik die weitere gute Zusammenarbeit der Sozialpartner. Dies um so mehr, als insbesondere das laufende Jahr nach Voraussagen von internationalen Wirtschaftsorganisationen weltweit im Zeichen einer antiinflationistischen Politik stehen wird. Österreich geht mit guten Chancen in die wirtschaftliche Bewährungsprobe der siebziger Jahre. Diese Jahre werden dank den auch weiterhin zu erwartenden Leistungen der österreichischen Bevölkerung ein kräftiges Wirtschaftswachstum und damit wesentliche Einkommenssteigerungen und eine Vermehrung des Wohlstandes bringen.

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