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Bestimmung des Standortes

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Das Wachstum der Bevölkerung Vorarlbergs hält unvermindert an. Während es heute noch zirka 263.000 Einwohner gibt, soll diese Zahl bei einer jährlichen Zunahme von 2 Prozent im Jahre 1980 die Höhe von 300.000 erreichen. Welche Probleme dieser Zuwachs von Menschen an die Landes- und Kommunalverwaltung stellt, kann man nur annähernd ermessen. Die Entwicklung des Vorarlberger Rheintales zu einer lockeren Bandstadt, ähnlich den amerikanischen „sufourfos“, versuchen die Raumplaner in den Griff zu bekommen und in vernünftige Bahnen zu lenken. Selbst der nicht an der Stadtregion Feldkirch—Dornbirn— Bregenz teilhabende Bezirk Bludenz, der flächenmäßig größte Bezirk des Landes, wird nach den Vorausberechnungen von derzeit 48.000 auf rund 60.000 Personen im Jahre 1980 zunehmen, was einer prozentuellen Steigerung von insgesamt 23 Prozent und einer durchschnittlichen Jahreszuwachsrate von 1,6 Prozent entspricht.

Die zunehmende Bevölkerungsballung verlangt nach einer Verbesserung der Verkehrsverbindungen. Erst jüngst hat der Bau der

Autobahn im Rheintal begonnen. Die Klärung der Autobahntrassenführung im Räume Bre-genz ist, wie wir hoffen, in nächster Zeit zu erwarten. Der Landeswirtschaftsreferent der Vorarlberger Landesregierung, Landesrat Martin Müller, hat vor kurzem ein Straßenbaukonzept veröffentlicht, das den gesteigerten Anforderungen an den Straßenverkehr entgegenkommt und verschiedene Ausbauvorhaben der Straßenverwaltung enthält. Darin ist auch die Umwandlung verschiedener Landesstraßen in Buodesstraßen vorgesehen. Geplant ist ferner der Bau einer Straßenverbindung vom Bregenzerwald ins Kleine Walsertal, das bisher nur über deutsches Staatsgebiet erreicht werden konnte. Nach den Vorstellungen der Raumplaner ist im Rheintal die Einrichtung einer Schnellbahnverbindung zur Bewältigung des immer zunehmenden Pendlerverkehres dringend erforderlich.

Der Bau eines eigenen Flugplatzes für das Land Vorarlberg, der einen Anschluß an den österreichischen Binnenflugverkehr ermöglichen soll, wurde vorerst zurückgestellt.

Das Projekt der Hochrheinschiffahrt, die den Ländern am Bodensee endlich eine Wasserstraße ins offene Meer möglich machen soll, ist über das Planungsstadium noch nicht hinausgediehen.

Von den 36.000 in Österreich tätigen Fremdarbeitern sind derzeit allein 7000 in Vorarlberg, vorwiegend in der Bauwirtschaft und Textilindustrie, beschäftigt.

Die Vollbeschäftigung hat trotz Verflachung der Konjunktur angehalten. Selbst die sich aus der Schweiz und Deutschland absetzenden österreichischen Arbeitnehmer, die sogenannten Grenzgänger, vermochten die gute Arbeitsmarktlage nicht zu beeinträchtigen.

Im sozialen Wohnbau, der zu einem wesentlichen Teil zur Linderung der Unterbringungsschwierigkeiten der einheimischen Wohnungssuchenden und der zahlreichen, aus dem Osten Österreichs zugewanderten Arbeitskräfte beiträgt, wurde in Vorarlberg in den vergangenen Jahren viel geleistet. Erst kürzlich hat sich das Land an einer neuerlichen Stammkapitalerhöhung der Vorarlberger gemeinnützigen Wohnungsbau- und Siedlungsgeselisehaft tn. b. H. mit 9 Millionen Schilling beteiligt. Damit wird diese Gesellschaft in die Lage versetzt, auch 1967 wieder einen bedeutenden Beitrag zur Bekämpfung des Wohnungsmangels durch Erstellung von Miet- und Eigentumswohnungen zu leisten.

Eine über die Verbindungsstelle der Bundesländer durchgeführte Erhebung über die Gesamtwohnbauförderung in Österreich ergab, daß Vorarlberg unter den Bundesländern einen sehr guten Platz einnimmt. Die durchschnittliche Größe der geförderten Wohnungen steht in Vorarlberg mit 104 Quadratmeter an der Spitze. Der Anteil an Eigenheimen ist in unserem Land am größten. Charakteristisch für den Vorariberger Wohnbau ist die relativ große Zahl von Ein- und Zweifamilienhäusern. 71 Prozent unseres Baugeschehens der letzten Zeit konzentrierte sich auf das Rheintal, was wieder auf die besonders starke Bevölkerungszunahme in diesem Gebiet hinweist.

Der Vorarlberger Industrie gelang es, sich zu behaupten. Ihre Bruttoproduktion betrug im Jahre 1966 7,55 Milliarden Schilling, das waren um 28,4 Prozent mehr als im vorangegangenen Jahr. Innerhalb der einzelnen Industriesparten waren die Zuwachsraten allerdings sehr unterschiedlich. Trotz zunehmender Zolldiskriminierung auf den EWG-Märkten stieg der Industrieexport. Er erhöhte sich nämlich um 9,9 Prozent auf zirka 2078 Millionen Schüling. Die Vorarlberger Stickereiindustrie hat zirka 85 Prozent ihrer Erzeugnisse mit einem Ausfuhrwert von 704 Millionen Schilling in über 100 Ländern der ganzen Welt abgesetzt. Entgegen der Entwicklung im übrigen Bundesgebiet und in manchen Nachbarländern konnte auch die Textil- und Bekleidungsindustrie ihre Produktion merklich ausweiten. Der beschäftigungs- und produktionsmäßig größte heimische Industriesektor hat bei der Textilproduktion eine Zuwachsrate von 9 Prozent, bei der Bekleidungsproduktion eine solche von 13 Prozent erzielt.

Zu Beginn dieses Jahres wurden die Vorarlberger Iiiwerke AG., die fünftgrößte Kapitalgesellschaft Österreichs, die ein Reinvermögen von 2,8 Milliarden Schilling aufweist und 900 Bedienstete beschäftigt, aus ihrem durch das zweite Verstaatlichungsgesetz geschaffenen Status als Sondergesellschaft von der öffentlichen Verwaltung befreit und nach rein aktienrechtlichen Grundsätzen aufgebaut.

Während die Iiiwerke durch Verkauf von Spitzenstrom wertvolle Devisen brachten, vermochte es der Fremdenverkehr des Landes ebenso seine wichtige Stellung im Wirt-schaftsgefüge unter Beweis zu stellen. Die Fremdennächtigungen in ganz Vorarlberg haben um Weitere 6,24 Prozent zugenommen und sind auf 4,690.000 angestiegen. Zugleich mit dieser Entwicklung war eine Erhöhung der Bettenzahl festzustellen. Im Sommer 1966 waren die Betten der gewerblichen Betriebe nur mit 32 Prozent ausgelastet. Die Auslastung im Winter betrug 30,33 Prozent. Die Investitionen in Fremdenverkehrseinrichtungen beliefen sich in Vorarlberg seit 1945, einer Schätzung zufolge, auf eine halbe Milliarde Schilling.

Die Vorarlberger Landesregierung unterstützt, nachdrücklich die Pläne einer eigenen Diözese für Vorarlberg. Zur Bildung einer eigenen „Mensa“ werden für diesen Zweck aus Landesmitteln in den Jahren 1967 und 1968 namhafte Beträge zur Verfügung gestellt. Schon seit dem Jahre 1818, da die Päpstliche Bulle „Ex imposito“ die Errichtung eines Bischofssitzes vorsah, warten Klerus und Volk von Vorarlberg auf die Erfüllung dieses Anliegens.

Auf dem Gebiete der Kultur hat sich im Lande einiges getan. Das Theater für Vorarlberg hat einen Intendantenwechsel erlebt. Prof. Richard Wegeier, unter dessen Leitung unser Theaterleben einen gewaltigen Aufschwung genommen hat, gab das Unternehmen in jüngere Hände. Direktor Alex Freihardt hat bereits eindrückliche Proben seines Könnens gegeben. Die Aufführungen in verschiedenen Orten unseres Landes, aber auch auf Gastspielreisen im Ausland (Süddeutschland, Schweiz, Liechtenstein und Südtirol), haben das Theater für Vorarlberg beliebt gemacht. Das Experiment mit einer Probebühne, deren Repertoire avantgardistischen Stücken gewidmet ist, ist gut gelungen. Die Gesamtbesucherzahl erreichte im Jahre 1966/67 mit 63.537 einen neuen Höhepunkt.

Die Bregenzer Festspiele, eingebettet in die Sommerpause des Theaters für Vorarlberg, erfreuen sich nach wie vor großer Beliebtheit. Ihre Ausstrahlung in unsere Nachbarländer läßt auch dieses Jahr wieder einen starken Besuch erwarten.

Die berühmten Altarbilder des Meisters der „Donauschule“, Wolf Huber (zirka 1480 bis 1553), wurden aus dem Kunsthistorischen Museum in Wien in das Vorarlberger Landesmuseum überstellt. Die im Jahre 1953 im Kloster Riedenburg bei Bregenz wiederentdeckten Tafeln des Feldkircher St.-Anna-Altars waren seinerzeit an den Schweizer Industriellen Bührle verkauft worden. Da aus Denkmalschutzgründen über diese Bilder eine Ausfuhrsperre erlassen worden war, verblieben diese Kunstwerke als Leihgaben im Kunsthistorischen Museum in Wien. Den Bemühungen der Vorarlberger Landesregierung war, dank dem Entgegenkommen des Herrn Unterrichtsministers und der derzeitigen Eigentümerin der Bilder, Frau Bührle-Schalk, Erfolg beschieden, so daß erfreulicherweise eine Rückführung dieser Kunstwerke in die Heimat des Künstlers möglich wurde.

Die Einführung des polytechnischen Lehrganges im Rahmen der Schulreform 1962 wurde nicht überall mit Begeisterung aufgenommen. Den bisherigen Berichten zufolge dürfte die anfänglich vorhandene Skepsis gegen diese Einrichtung einer Erleichterung gewichen sein, nach dem verschiedene Anfangsschwierigkeiten insbesondere durch den aufopferungsvollen Einsatz der Lehrerschaft und die Bemühungen der Gemeinden überwunden werden konnten.

Die beispielhaften Schulbauleistungen der Gemeinden als Rechtsträger der Volks- und Hauptschulen sowie des Landes bezüglich der Berufsschulen zeigen das weiterhin große Verständnis der Verantwortlichen für eine gediegene Ausbildung unserer zahlenmäßig ständig anwachsenden Jugend. Insgesamt wurden in den 96 Gemeinden des Landes während der letzten 20 Jahre 120 neue Schulen gebaut, wozu noch eine beträchtliche Anzahl von Um-und Zubauten kommen.

Der Sportförderung hat Vorarlberg in den letzten Jahren besondere Beachtung geschenkt. Dies fand auch in der Beschlußfassung eines eigenen Sportgesetzes im Vorarlberger Landtag seinen Niederschlag. Vorarl-> berg ist somit das fünfte Bundesland, welches das Sportwesen durch ein eigenes Landesgesetz geregelt hat. Die Errichtung einer Landessportschule steht bevor.

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