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Züge, Autobahn, Flugplatz!

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In verschiedenen Berichten und Veröffentlichungen wird immer wieder festgestellt, daß Vorarlberg das industrieintensivste Gebiet Österreichs — nach Wien — ist. Das ist ohne Zweifel richtig, doch folgt die Fremdenverkehrswirtschaft in beachtlich kurzem Abstand der Textilindustrie. So hat laut Angaben der Handelskammer in Vorarlberg die Industrie Vorarlbergs im Jahre 1965 einen Exporterlös von 1,9 Milliarden Schilling erreicht, gefolgt von den Eingängen aus dem Fremdenverkehr mit 1,3 Milliarden Schilling. In diesen Zahlen ist deutlich das Bemühen des Landes um eine Verbreiterung seiner Struktur ersichtlich.

Vorarlberg ist auf Grund seiner landschaftlichen Vielfalt — der Werbeslogan „Vom Bodensee zum Gletschereis“ veranschaulicht dies —, seiner Eigenständigkeit und Volks-tumsgebundenheit ein ausgesprochenes Fremdenverkehrsland. Dies drückt sich allein schon in der großen Anzahl an Fremdenverkehrseinrichtungen und Hotels aus: Insgesamt stehen dem Gast in Vorarlberg 17 Seilbahnen, 26 Sessel- und 125 Skilifte zur Verfügung, 4 Hallenschwimmbäder, 28 Freibäder, eine Unzahl an Minigolfanlagen, Sport- und Reitgelegenheiten. Wanderwege und mehr als 850 Hotels, Gasthöfe und Pensionen bilden den Rahmen in einem Land, das nur 2602 kma groß ist und das praktisch in drei bis vier Stunden bequem durchfahren werden kann.

Doch ist diese imponierende Stellung des Fremdenverkehrs nicht ungetrübt. Mannigfache Sorgen bezüglich Verkehrslage, Luftverkehr, Autobahnbau, Bettenkapazität und Personalfragen der Hotellerie bestimmen immer wieder die Tagungen und Sitzungen der Fremdenverkehrsinteressenten in Vorarlberg. Besonders die Verkehrslage belastet das Land schwer: Vorarlberg liegt in einem verkehrstechnisch nahezu toten Raum. Das rührt daher, daß die Hauptrouten des Zugsverkehrs die in den letzten Jahren einen sehr starken Ausbau erlebt haben, entweder vom süddeutschen Raum über Basel in die Schweiz, oder in der Verfolgung der direkten Linie Stuttgart—Ulm—München—Innsbruck oder Salzburg—Wien liegen. Dies führt zu einer Vernachlässigung Vorarlbergs, da zudem auch verschiedene Kurswagen aus dem Rheinland, Frankreich, Belgien und Holland entweder aufgelassen oder zeitlich so gelegt wurden, daß sie für den Reisenden keinen Anreiz mehr bieten.

Auf dem Straßengebiet bestehen hervorragend ausgebaute Bundes- und Landesstraßen (über 90 Prozent der Landesstraßen sind staubfrei). Die Bundesstraße ist nahezu kreuzungsfrei als breites Band von Bregenz bis zum Arlberg befahrbar und erfährt stetigen Ausbau. Durch die enorme Zunahme des Autoverkehrs in den letzten Jahren entstehen jedoch auf der Straße zu den Hauptsaisonzeiten im Sommer und Winter riesige Autokolonnen, die sich besonders im Raum Bregenz—Dornbirn stauen. Die Ortsdurchfahrten Bregenz und Dornbirn sind wohl schon etwas verbessert, doch ist der Verkehrsfluß erst durch die großzügige Anlage einer Autobahn von Bregenz bis Bludenz gewährleistet. Es ist zu hoffen, daß der Ausbau der Autobahn im Rheintal, der bei Hohenems und Rankweil bereits intensiv eingesetzt hat, durch eine baldige Festlegung der Trasse im Raum Bregenz ihren zügigen Endausbau erfahren wird. Dies ist um so wichtiger, als den beharrlichen Bestrebungen des Fremdenverkehrs in Vorarlberg nicht minder intensive Bemühungen von Seiten der Schweiz und Süddeutschlands entgegenstehen. Und gerade in diesen Gebieten sind die Straßenarbeiten zur Erreichung von München und Bayern sowie Konstanz—Zürich und der Schweiz sehr weit gediehen.

Vorarlberg besitzt bis heute nur einen kleinen Sportflugplatz in Dornbirn-Hohenems. Gäste, die Vorarlberg mit dem Flugzeug anzureisen wünschen, sind auf die Flugplätze in München und Zürich angewiesen, von wo es allerdings hervorragende Zugverbindungen in unser Land gibt. Mit dem zunehmenden Interesse für Flugreisen — eine allgemein zu beobachtende Erscheinung — wird sich jedoch das Land Vorarlberg dazu bereit erklären müssen, den Bau eines Flugplatzes zu ermöglichen.

Auf dem eigentlichen Fremdenverkehrssektor, der Hotellerie und den damit zusammenhängenden Problemen steht Vorarlberg, wie auch die anderen Bundesländer, großen Aufgaben gegenüber. Das Hauptproblem ist hierbei das Anwachsen der Bettenkapazität bei anhaltendem Engpaß auf dem Restaurationssektor; hier ist noch manches zu tun.

Es ist sicher deutlich, daß der Fremdenverkehr in Vorarlberg sich in den letzten Jahren zu einem bedeutenden Wirtschaftszweig entwickelt hat, doch heißt es auch „Maßhalten und zielstrebig weiterarbeiten“. Der Aufschwung der Nachkriegsjähre ist merkbar gebremst.

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