6638929-1957_32_15.jpg
Digital In Arbeit

Die handelspolitische Bedeutung des Holzexportes

Werbung
Werbung
Werbung

Die offizielle österreichische Statistik weist für das Jahr 1956 ein wertmäßiges Gesamtausfuhrvolumen von rund 22,08 Milliarden Schilling aus, dem eine Gesamteinfuhr von rund 25,32 Milliarden Schilling gegenübersteht. Der gewaltige Anstieg des österreichischen Außenhandels zeigt sich deutlich, wenn man die obigen Export- und Importziffern mit jenen der Jahre 1950 bis 1955 vergleicht. In diesen Jahren ergab die österreichische Aus- und Einfuhr folgenden Stand:

Der Umfang des österreichischen Außenhandels konnte somit im Laufe der letzten Jahre teilweise um ein Vielfaches gesteigert werden. Die österreichische Wirtschaft hat damit den Nachweis erbracht, daß sie die in sie gesetzten Erwartungen nicht nur erfüllt, sondern sogar übertroffen hat.

Trotz dieser erfreulichen Entwicklung besteht in der österreichischen Handelsbilanz des vergangenen Jahres, wie die obigen Ziffern zeigen, noch immer ein Defizit von rund 3,24 Milliarden Schilling.

Die Tatsache, daß Oesterreich, um wirtschaftlich bestehen zu können, hohe Einfuhren, darunter Kohle, viele Rohstoffe wie Lebensmittel, Textilrohstoffe und ähnliche, tätigen muß,

macht es notwendig, von Seiten der Regierung und der Wirtschaft die größten Anstrengungen zu unternehmen, um eine möglichst ausgeglichene Handelsbilanz zu erreichen. In diesem Zusammenhänge wird der Steigerung des Exportes besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden müssen, wenn der für die Aufrechterhaltung des hohen Beschäftigungsstandes erforderliche Import bestehen bleiben soll.

Die Untersuchung der einzelnen Posten der Ausfuhrstatistik zeigt, daß das Holz nach wie vor — soferne man in diese Position nicht nur das Roh- und Schnittholz, sondern auch die aus Holz Üergestellten Waren einschließlich Papier und Zellulose einrechnet — die wichtigste österreichische Warengruppe im Export darstellt. Bekanntlich hat die Position „Holz und Papier” in der Vorkriegszeit rund 30 Prozent des Wertes und fast 50 Prozent der gesamten Menge der österreichischen Ausfuhr repräsentiert. Trotz der gewaltigen Steigerung der österreichischen Ausfuhr hat sich an diesem Verhältnis nicht viel geändert. Hierfür ist in erster Linie maßgeblich, daß die Rohholzausfuhr im Vergleich zur Zeit vor 193 8 auf ein Minimum zurückgegangen ist, während der Export von Schnittholz, Holzwaren und Papier, von geringen Ausnahmen abgesehen, eine entsprechende wertmäßige Steigerung erfuhr. Die in diesen Haibund Fertigwaren enthaltene hohe Lohnquote erhöht begreiflicherweise den Devisenerlös beträchtlich. Dazu kommt noch, daß die Holzpreise, die in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen stark heruntergewirtschaftet waren, heute auf dem Weltmarkt wesentlich besser geworden sind, was ebenfalls zu einer nennenswerten Erhöhung der Deviseneinnahmen aus dem Holzexport beiträgt. Dabei zeigt sich, daß für ein Holzausfuhrland wie Oesterreich, das mit Rücksicht auf die beschränkte Aufnahms- fähigkeit des Inlandsmarktes rund zwei Drittel seiner Schnittproduktion und einen großen Teil seiner Platten-, Papier- und Zelluloseerzeugung zur Ausfuhr bringen muß, die Weltmarktpreise für Holz von lebenswichtiger Bedeutung sind. Hohe Holzpreise werden daher wesentlich dazu beitragen, die österreichischen Devisenerlöse und damit den gesamten Lebensstandard entsprechend erhöhen zu können.

Die für das Jahr 1956 vorliegenden Ziffern ergeben — ich stütze mich dabei auf die mir vom Oesterreichischen Institut für Wirtschaftsforschung gemachten Angaben — einen Gesamtausfuhrwert für Holz, Holzwaren, Papier und Zellulose von rund 6,27 Milliarden Schilling, das sind wertmäßig ungefähr 28 Prozent der gesamten österreichischen Ausfuhr. Davon entfällt auf Nadelschnittholz, das nach wie vor in dieser Gruppe die wichtigste Position darstellt, ein Exportwert von rund 3,43 Milliarden Schilling, das sind rund 16 Prozent der österreichischen Gesamtausfuhr. Diese Zahlen beweisen, daß der Holzexport nach wie ‘vor eine der ‘stärkstem Säulen der österreichischen Handelsbilanz ist “ und daß seine Förderung im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse Oesterreichs liegt. Diese Notwendigkeit wird bei uns nicht immer richtig erkannt. Im Zusammenhänge mit der Waldstandsaufnahme werden nach wie vor von bestimmten Kreisen — unter dem Hinweis auf die Ueberschlägerungen bestimmter Besitzkategorieh im österreichischen Wald — Maßnahmen zur Einschränkung des Holzexportes verlangt. Diese Tendenzen haben in den vergangenen Jahren dazu geführt, daß — entgegen der Praxis in anderen Exportzweigen der österreichischen Wirtschaft — der Holzexport noch immer einer rigorosen Reglementierung unterliegt. Man hat vor mehreren Jahren ein Kontrollscheinsystem eingeführt, das für die Holzexportfirmen eine beträchtliche finanzielle Belastung mit sich brachte. Außerdem wurden zeitweise drakonische Exportdrosselungen nach einzelnen Exportrelationen durchgeführt, durch die uns wertvolle Absatzmärkte verlorengingen. Schließlich hat man ein starres System der Firmenkontingentierung, verbunden mit einer weitgehenden Exportrestriktion, eingeführt, das noch vor kurzem eine empfindliche Behinderung der Holzausfuhr mit sich brachte. Derartige Maßnahmen mögen bei gewissen Rohholzsortimenten, die mit Rücksicht auf den Ausbau der inländischen holzbearbeitenden und holzverarbeitenden Industrie im Inland dringend benötigt werden, verständlich sein. Beim Schnittholz und bei Holzfertigprodukten sind sie im Hinblick auf die gegenwärtige Marktlage und die Tatsache, daß Holz in Europa keinen Mangelartikel mehr darstellt, unbegreiflich. Wenn im Laufe der letzten Jahre die strenge Bewirtschaftung des Holzexportes immer wieder mit dem Hinweis auf die Uebėr- schlägerung des österreichischen Waldes begründet wird, dann muß gesagt werden,

1. daß die Ueberschlägerungen sich in der Hauptsache auf den Kleinwald beschränken und

2. daß Ueberschlägerungen nicht durch indirekte Maßnahmen an bereits ceschlägertem Holz, wie Exportrestriktionen und ähnlichem, sondern ausschließlich durch forstgesetzliche beziehungsweise agrarpolitische Vorkehrungen verhindert werden können.

Diese Erkenntnis setzt sich nicht nur in den Fachkreisen, sondern auch bei den zuständigen Stellen immer mehr durch. Schon seit mehreren Jahren werden übrigens von international an- erkannten Forstmännern Vorschläge zur Hebung der forstlichen Produktion gemacht. Erfahrungen, die in verschiedenen Bundesländern gemacht wurden, lassen darauf schließen, daß tatsächlich die Möglichkeit besteht, die Erträge unserer Wälder wesentlich zu steigern und damit auch in Hinkunft die Möglichkeit zu schaffen, den für Oesterreich lebenswichtigen Holzexport aufrecht erhalten zu können.

Die handelspolitische Bedeutung des Holzexportes ergibt sich aber auch daraus, daß wir durch die Holzausfuhr in die Lage gesetzt werden, den Handelsverkehr mit zahlreichen Lieferländern, die uns mit wichtigen Rohstoffen versorgen, zu pflegen und auszubauen. Dies gilt nicht nur für Italien, das mehr als 40 Prozent unserer gesamten Schnittholzausfuhr aufnimmt, sondern insbesondere auch für die westdeutsche Bundesrepublik, die bekanntlich unser wichtigster Kohlenlieferant ist. Gemessen an diesen zwei Märkten, die mehr als zwei Drittel unserer Schnittholzausfuhr aufnehmen, treten die anderen Abnehmerländer an Bedeutung zurück, mit Ausnahme von Holland und Frankreich, die ebenfalls große Schnittholzmengen bezogen haben. Diese Feststellung schließt aber nicht aus, daß das Holz im Handelsverkehr mit zahlreichen anderen europäischen und überseeischen Abnehmerländern eine maßgebliche Rolle spielt und in vielen Fällen die Voraussetzung für den Warenaustausch schafft.

Die dominierende Stellung, die Oesterreich als einer der wichtigsten Schnittholzlieferanten der europäischen Staaten einnimmt, ergibt sich auch, wenn man die von der OEEC veröffentlichten Holzstatistiken betrachtet. Darnach haben die der europäischen Wirtschaftsgemeinschaft angehörenden Staaten im Laufe der letzten Jahre zirka 35 bis 36 Millionen Kubikmeter Schnittholz jährlich konsumiert, während sich die Produktion zwischen zirka 29 und 30 Millionen Kubikmeter jährlich hält. Die Importe der OEEC- Staaten betrugen insgesamt rund 6,5 bis 8,5 Millionen Kubikmeter pro Jahr. Stellt man diesen Zahlen den österreichischen Schnittholzexport des vorigen Jahres, der allerdings überdurchschnittlich hoch war, von 3,400.000 Kubikmeter gegenüber, dann zeigt sich, welche Bedeutung dem Holzlande Oesterreich in der Wirtschaftsgemeinschaft der europäischen Staaten zukommt. Auf diese Tatsache kann im Zeichen der fortschreitenden Integration nicht oft genug hingewiesen werden. Oesterreich, das im Laufe der vergangenen Jahre mehr als ein Drittel des

Schnittholzeinfuhrbedarfes der OEEC-Staaten durch seine Ausfuhr deckte, hat damit in den schwierigen Nachkriegsjahren einen wesentlichen Anteil für den europäischen Wiederaufbau geleistet. Diese wichtige Rolle als maßgeblicher Holzlieferant der OEEC-Staaten wird Oesterreich auch in den kommenden Jahren übernehmen und damit auch in Hinkunft einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit leisten können.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung