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Für kommende Generationen!

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Leiter der Sektion Forstwesen im Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft

Die diesjährige Kärntner Holzmesse hat mit der erstmaligen Sonderschau „Zuwachssteigerung im bäuerlichen Wald“ auch einen forstlichen Charakter erhalten. Neben der Schaustellung über die vielfältige Verwendung des Holzes im rohen, bearbeiteten und verarbeiteten Zustand und seiner bekannten, neuerdings erwiesenen, in alle Lebensverhältnisse des Menschen eingreifenden Bedeutung, tritt somit erfreulicherweise auch der Produzent dieses Rohstoffes — die Forstwirtschaft — auf der Holzmesse in Erscheinung.

Dem Grundgedanken des Oesterreichischen Walderhaltungsprogrammes und den Ergebnissen der Waldstandsaufnahme entsprechend soll diese Schau vor allem der bäuerlichen Bevölkerung die Möglichkeiten der Zuwachssteigerung im Wald in einfachen und klaren Bestandesbildern vor Augen führen.

Als Zuwachs wird im Forstwesen die jährlich periodische, gesamte oder durchschnittliche Mehrung der Bäume und Bestände an Höhe, Stärke, Maß oder Wert bezeichnet. Die bekannte und einfach klingende Tatsache, daß Holz nur am Holz zuwächst, gibt im nationalökonomischen Sinn dem Holz als einem unserer wichtigsten Rohstoffe den großen Vorrang vor den sogenannten Abbaurohstoffen wie Erz und Oel, weil bei ihm der laufende Zuwachs Anlagevermögen bzw. einen Substanzwert schafft, welcher für späteren Verzehr zur Verfügung steht.

Bei Berücksichtigung solcher bisher nicht beachteter Tatsachen finden Berechnungen und Feststellungen der letzten Zeit ihre Begründung, daß die Forstwirtschaft hinsichtlich nationalökonomischer Wertschöpfung mit rund 10 Milliarden Schilling jährlich eine führende Rolle für sich in Anspruch nehmen darf und darin nur noch von der Landwirtschaft erheblich, von der Eisen- und Stahlindustrie jedoch nur um vielleicht 2 Milliarden Schilling übertroffen wird; hierbei muß aber neuerdings darauf verwiesen werden, daß letztere einen Abbaurohstoff wie Erz als Ausgangsbasis hat. Relativ schlecht schneiden bei solchen Berechnungen der Fremdenverkehr und die Energiewirtschaft ab, indem sie weit hinter der Forstwirtschaft rangieren, wobei sie außerdem ohne Zweifel noch für sich buchen kann, durch die Bewaldung des Landes auf den Fremdenverkehr und die Energiewirtschaft einen, wenn auch ziffernmäßig kaum bestimmbaren, aber unbestritten maßgeblichen Einfluß auszuüben.

Der Wald ist das nutzbringende Erbe früherer Geschlechter, ein Volksgut unserer Zeit; er ist auch nicht der Holzacker eines Geschlechtes, sondern etwas geschichtlich Gewordenes, uns zur treuhändigen Verwaltung Uebergebenes.

Bloß kurzfristiges Gewinnstreben ist deshalb ausgeschlossen. Die langfristig planende waldbauliche Arbeit der Forstleute für den Zeitraum von Generationen muß Nutzung und Walderhaltung aufeinander abstimmen.

Wer hat nun für eine so langfristige Arbeit, Planung sowie Walderhaltung, wo der Spruch Gütigkeit hat: „Wer sät oder pflanzt, wird nicht ernten, und wer erntet, hat nicht gesät“, in der heutigen Zeit Interesse?

Um nach den Krisen-, Kriegs- und Notzeiten grundlegend vorerst festzustellen, wieviel der österreichische Wald nachhaltig, das heißt auf die Dauer und in gleicher Menge ohne Substanzverzehr Holz zu produzieren und zu liefern vermag, wurde bekanntlich 1952 bis 1956 die Waldstandsaufnahme durchgeführt; für die Länder Steiermark, Kärnten, Salzburg und Tirol oder 63 Prozent unserer gesamten Waldfläche, liegen die endgültigen Ergebnisse vor, die der 'übrigen Länder sind in Ausarbeitung. Sowohl auf Grund der endgültigen Ergebnisse dieser Länder wie der vorläufigen der anderen Länder ergab sich kurz folgende Ausgangssituation:

1. Der staatliche und private Groß- und mittelgroße Waldbesitz sind im allgemeinen in Ordnung und werden auch weiterhin ihre bisherige Produktionskraft erhalten, sogar teilweise vielleicht auch steigern können, sofern eine preisgünsiige Verwertung sämtlicher, bei einer intensiven Wirtschaftsführung anfallenden Sortimente möglich ist und damit die produktions-steigernden Investitionen mindestens im bisherigen Umfang weitergeführt werden können.

2. Der bäuerliche Kleinwald in seiner Gesamtheit — und das ist mehr als die Hälfte der österreichischen Waldfläche — hat im Zuge einer notwendigen Umgestaltung seiner Lebens- und Arbeitsbedingungen infolge des Arbeitskräftemangels und der damit zusammenhängenden zwangsläufigen Mechanisierung der . Landwirtschaft zur Sicherung der Volksernährung bei künstlich niedrig gehaltenen Agrarpreisen, also vorwiegend im Dienste der Allgemeinheit, seine Produktionskraft verringert.

Während vor der Waldstandsaufnahme , der Groß- und mittelgroße Waldbesitz kritisiert wurde, ist es heute der bäuerliche Kleinwald. Aber wer macht sich heute Gedanken über die Ursachen, welche dazu geführt haben, oder gar über die Möglichkeiten, welche dazu beitragen oder mithelfen, das vorhandene Uebel zu verringern? Welche der Kritiker haben sich helfend gerührt, als a) vor dem Kriege für einen Festmeter Schleifholz loko Fabrik 10 Schilling bezahlt wurden;

b) während des Krieges der Rohstoff Holz kriegswichtig war und für die Aufforstung unter dem Motto, „dafür ist nach dem Kriege Zeit, wenn er gewonnen ist“, keine Arbeitskräfte zur Verfügung standen;

c) in der Zeit nach dem Kriege die Besatzung Holz forderte oder selbst holte oder das Holz, als einzig greifbarer Rohstoff, Devisen zur Beschaffung von Nahrungsmitteln und Kohle ersetzen mußte und so zur Linderung von Hunger find Kälte beitrug. nim us jei!o „enHS I All dies findet,.keine Berücksichtigung und ist, dem kurzlebigen Gedächtnis anheimgefallen. Sicher ist, daß mit den Umlagen und Schlägerungsaufträgen der Kriegswirtschaft oder der Besatzungszeit und den damit verbundenen Sorgen die Forstleute und Waldbesitzer allein fertig oder nicht fertig werden mußten, heute wird nur angeklagt! Dasselbe geschieht wegen der noch nicht erfolgten Aufforstung der einst entstandenen Blößen und wird mit industriellem Maßstab gemessen, weil dies einfacher ist oder die forstlichen Probleme nicht verstanden werden wollen.

Wer fragt schon darnach, woher der bäuerliche Waldbesitzer das Geld nimmt, um Investitionen zu tätigen, damit er im Konkurrenzkampf von heute oder später bestehen kann.

Es ist eine bekannte Tatsache, daß der Wiederaufbau Oesterreichs nicht allein mit Marshallplanmitteln erfolgen konnte, sondern

. auch einen Teil der Holzreserven und — wie das Ergebnis der Waldstandsaufnahme beweist — leider auch der tragenden Substanz des österreichischen Waldes beanspruchte. Die verhältnismäßig kurze Zeit des Marshallplanes konnte ob des langfristigen Charakters der notwendigen Maßnahmen nur zum Teil genutzt werden, weil die Industrie bevorzugt behandelt und die lang- ' fristige Forstwirtschaft und auch die Landwirtschaft auf später vertröstet wurden, während heute auf die geringere Summe der zur Verfügung stehenden Mittel verwiesen wird.

Schon auf Grund der vorläufigen Ergebnisse der Waldstandsaufnahme hat das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft ein Wal d-e r h a 11 u n g s p r o g r a m m für die nächsten dreißig Jahre aufgestellt. Es basiert auf der Tatsache, daß nur zwei Alternativen möglich sind: entweder den Einschlag auf die durch die Waldstandsauf nähme festgestellte und entsprechend dem Zuwachs mögliche Summe von 8,5 Millionen Festmeter ohne Rücksicht auf Wirtschaft und Bedarf sowie Handels- und Zahlungsbilanz des Staates zu senken oder die echte Mehrproduktion durch walderhaltende und -vermehrende Maßnahmen zu steigern und die Schlägerungen unter Berücksichtigung von Wirtschaft und Bedarf entsprechend dem Wirksamwerden echter produk :onsmehrender Maßnahmen zu senken.

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Oekonomierat T h o m a, hat sich für die zweite Alternative entschieden. In seinen Grundzügen wurde das Programm schon in der Wirtschaftsbeilage zur letztjährigen Kärntner Holzmesse beschrieben, soll daher jetzt nur skizziert werden: Die Aufforstung der schon erwähnten, einst entstandenen Blößenflächen ist erstrangig und volkswirtschaftliche Pflicht; die Aufforstung der landwirtschaftlich als solche nicht mehr genutzten Flächen wäre wünschenswert und ist daher zweitrangig. Als genau so dringlich wird der Bau von zusammen 31.000 km W-ldstraßen und mindestens für Traktor und Anhänger befahrbaren Waldwegen forciert. Als dritter Punkt werden Forstpflege und Durch-forstu.ig und schließlich als letzter Punkt Maßnahmen gegen die Holzfehlverwendung proklamiert.

Zu den durch dreißig Jahre aufzubringenden Kosten von 187 Millionen Schilling je Jahr tollten insgesamt gesehen von den Waldbesitzern SO Prozent als Eigenmittel stammen, weitere 20 Prozent müßten Bund und Länder in Form von Subventionen beisteuern und die restliche Hälfte müßte durch Darlehen und außerordentliche Mittel aufgebracht werden.

Doch mit der Bereitstellung der Mittel allein ist es nicht getan. Unumgänglich scheinen noch komplementäre Maßnahmen wie Aenderungen in der Finanzierungs- und Organisationsform, um an die rund 200.000 Kleinwaldbesitzer heranzukommen, ihre Mentalität anzusprechen und gleichzeitig den naturbedingten Gegebenheiten des Kleinwaldes, verbunden mit landwirtschaftlicher Erzeugung, am besten mit dem Ausdruck „forstliche Verbundbetriebe“ bezeichnet, gerecht zu werden. Eine Aenderung der derzeitigen Darlehensbedingungen hinsichtlich Laufzeit, Zinsfuß und Besicherung ist hierbei mindestens ebenso wichtig, weil die Abneigung des Bauern- und Kleinwaldbesitzers gegen grundbücherliche Sicherstellung einen nach industriellem Maßstab bemessenen Zinsfuß den Erfolg der Aufforstungsbemühungen von vornherein in Frage stellt.

Natürlich setzt dieses Programm auch anderwärts noch Umdenken voraus, wenn die Anstrengungen Dauererfolg haben sollen. Nicht nur die angepaßten und erleichterten Darlehensbedingungen, auch das meist fehlende forstliche Verständnis des Kleihwaldbesitzers verlangen nach einer intensiven und sachkundigen Beratung vor der Darlehensaufnahme, während derselben und ganz besonders nachher.

Mit der Walderhaltung und zukünftigen Ertragssteigerung der Waldwirtschaft ist im Gebirge auch das Problem der Gebirgshilfe und der Land- und Bergflucht eng verbunden.

Berge, Wald und Wasser sind die Urelemente unserer Heimat. Mit ihnen ist unsere Kultur zutiefst verbunden. Der Wald, einst des Siedlers Feind, ist zu einem Volksgut geworden, wenn wir ihn pflegen zu einer unversiegbaren Rohstoffquelle und zum Arbeitsspender, wenn wir ihn schonen zum Beschützer der Wohnstätten, Bauten und Kulturen, zum Schmuck der Landschaft, zur Zufluchs der himische Tier- und Plfzeit wirklich allen! Allerdings, damit er sich vielleicht wieder eimal als Helfgr in der Not erweisen kann, MuB er daru such vorbereiter sein.

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