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Holz — Rohstoff der Papiererzeugung

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Das Hol Ist seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts der wichtigste Rohstoff für die hochentwickelte Zellulose- und Papiererzeugung. Einer gütigen Vorsehung verdanken wir es, daß dieser Rohstoff in Oesterreich, als einem bedeutenden Waldlande, in reichem Maße wächst und alljährlich der technischen Verarbeitung zugeführt werden kann.

Seit Dezennien kommt ungefähr ein Drittel des anfallenden Nutzholzes als Rohstoff der Zelluloseindustrie zu, während zwei Drittel hauptsächlich als Starkholz von der Sägeindustrie und der sonstigen Holzverarbeitung verbraucht werden. Die schwachen Holzbestände sind vorwiegend die Quelle für das sogenannte Faser- oder Schleifholz. Dieses wird womöglich in ein bis zwei Meter langen Rollen, entrindet und vom Baste gereinigt, als „weißgeschnitztes" Schleifholz der Zelluloseindustrie geliefert. Ungefähr zwei Drittel der Waldfläche entfallen in unserem Lande auf Hoch- gebirgsforste, die bis vor wenigen Jahren die Holzbringung nur im Winter bei Schneelage zuließen. Die Kurzausformung bildet hierbei ein wesentliches Erschwernis, weshalb das Schleifholz im Gebirge meist in größeren Längen als sogenanntes Langschleifholz zur Auslieferung gelangt.

Das Holz wird in den Gebirgslagen in der Regel in den Sommermonaten erzeugt, entrindet an die Schlittwege gestellt und imWinter mit dem Schlitten zu Tale gefördert, wobei es an den Abfuhrstraßen zur Abfuhr mit Lastkraftwagen oder Pferdefuhrwerken bereitgestellt wird. Die moderne Holzfördertechnik gestattet nun in zunehmendem Maße die rasche Bringung des Holzes auch im Sommer und Herbst, wodurch die Qualität des Holzes wesentlich verbessert wird, da die durch die Witterungseinwirkungen verursachten Verfärbungsschäden am Holze verhindert oder weitgehend eingeschränkt werden können.

Der Abtransport erfolgt sodann bei weiteren Entfernungen per Bahn, ansonsten von der Straßenablage zum Werkslagerplatz.

Die verschiedenen Arten der Zelluloseerzeugung erfordern auch verschiedene Holzqualitäten bzw. Holzarten.

Für die Sulfitzelluloseerzeugung kommt vor allem die Fichte und Tanne, welch letztere aber in unseren Forsten nur in relativ geringeren Beständen vorhanden ist, in Frage, jedoch wird in den Niederungswäldern an den Flußläufen auch die Pappel für Zellulosezwecke herangezogen.

Zu Sulfatzellulose kann man auch das in einigen Waldgebieten vorherrschende Kiefernholz verarbeiten, so daß die in Oesterreich anfallenden Kiefernschleifholzmengen, und zwar sowohl Weiß- als auch die speziell in zwei Wuchsgebieten vorkommenden Schwarzkiefer-Schwachhölzer, hundertprozentig Verwendung finden können.

Die Viscosezelluloseindustrie wurde während des letzten Weltkrieges in Oesterreich stark vergrößert und mit einem Verfahren zur Aufarbeitung von Buchenfaserholz ausgestattet, wodurch auch die weite Gebiete Oesterreichs bedeckenden Buchenwälder eine willkommene Verwertungsmöglichkeit der in ihnen anfallenden Schwachholzmengen erhalten.

Die österreichische Zelluloseindustrie wurde in den letzten Jahren stark ausgebaut, so daß ihre ausreichende Rohstoffversorgung mit heimischem Holze der Forstwirtschaft nicht geringe Sorgen verursacht. Der jährliche Bedarf an Zelluloseholz wird mit 2,2 bis 2,5 M i 1- lionen Festmeter angenommen. Diese Menge kann aus dem normalen Schwachrohholzanfall unter Berücksichtigung aller sonstigen Versorgungsnotwendigkeiten, wie der Sägeindustrie mit Sägerundholz, der Bergwerke mit Grubenholz, der Imprägnieranstalten mit Stangenholz und des sonstigen Verbrauches für Bauzwecke usw., nicht aufgebracht werden. Die Zelluloseindustrie ist deshalb gehalten, alle irgendwie erfaßbaren Bestände an Holz und technischen Holzabfällen, die zur Zelluloseerzeugung geeignet sind, heranzuziehen.

Einen bedeutenden Faktor hierbei bildet das bei der ausgedehnten Sägeindustrie jährlich anfallende Spreißel holz, welches im Umfange von zirka 400.000 Festmeter zur Gänze in der Sulfatzelluloseindustrie, die besseren Qualitäten auch bei der Sulfitzelluloseerzeugung verwendet werden. Zirka 300.000 Festmeter werden aus dem Laubholzsektor, also aus den Buchen-, Pappel- und Weidenbeständen bezogen, so daß noch 1,5 bis 1,8 Millionen Festmeter aus dem Nadelholzsektor aufgebracht werden müssen.

Da aber der normale Schleifholzanfall, das ist Schwachholz bis zu 19 Zentimeter Mittendurchmesser, aus den hiebsreifen Beständen nur in einer Höchstmenge von 1,2 bis 1,3 Millionen Festmeter erzeugt werden kann, ist die Zelluloseindustrie gezwungen, zur Erreichung der Vollbelieferung auch Starkhol zklassen in einer Menge von 0,3 bis 0,5 Millionen Festmeter zur Verarbeitung heranzuziehen. Dadurch tritt sie in den Versorgungsbereich der Sägeindustrie und muß durch die Aufnahme des um zirka 50 Prozent teureren Sägerundholzes eine Gesamtverteuerung ihres Rohstoffes um zirka 6 bis 10 Prozent in Kauf nehmen.

Es mag begreiflich erscheinen, daß die Gegensätze zwischen der weitverzweigten Sägeindustrie und der sich immer mehr ausbreitenden Papier- und Zeiluloseindustrie gewisse Spannungen aus- lösen, die gewiß unvermeidbar sind, aber irgendwie im eigenen Rahmen ausgeglichen werden müssen. Jedoch zwingt diese Tatsache immer mehr dazu, alle sonst wie noch erfaßbaren Möglichkeiten wahrzunehmen, um die Versorgung der hauptbeteiligten Industrien zu gewährleisten.

Der Anfall von Schieifholz kann im bedeutenden Umfange durch die Forcierung der Vornutzungen gesteigert werden. Zu diesem Zwecke ist die Forstwirtschaft bemüht, überall dort, wo die Ausdehnung der Durchforstungen möglich ist, schon im Interesse einer besseren Waldpflege systematisch zu durchforsten. Leider ist dies nur mit wesentlich höheren Kosten möglich, deren Deckung allein durch einen höheren Preis erfolgen kann. Bei ausgiebigen Rohholzpreisen wird dies von der Forstwirtschaft allein in Kauf genommen werden. Tatsächlich unterblieb die Durchforstung in der Vergangenheit hauptsächlich deshalb, weil diese Mehrkosten im seinerzeitigen Holzpreise kein Aequivalent fanden.

Die österreichische Forstwirtschaft ist auch eifrig bemüht, die Produktion raschwüchsiger Holzarten, die für die Zellulosegewinnung geeignet sind, auszuwerten. Die Pappelkulturen werden daher mit allem Nachdruck vermehrt und es steht zu hoffen, daß es den vereinten Bemühungen gelingen wird, die Auwälder in dieser Richtung zu regenerieren, in dem die weniger wertvollen Holzarten zugunsten solcher hochwertiger zurückgedrängt werden. Die Pappel wird auch immer mehr auf Nichtwaldbodenflächen kultiviert.

Ein weiteres noch nicht ganz ausgeschöpftes Reservoir von Zelluloseholz bildet das für Brennzwecke bestimmte Holz. Auf diesem Gebiete wird nicht nur eine sorgfältigere Auslese des Brennholzes durchgeführt, sondern auch die Einschränkung des Verbrauches durch zweckmäßigere Heizstellen systematisch gefördert werden müssen.

Nicht zuletzt sieht die österreichische Forstwirtschaft ihre V erpflichtung auch darin, die ausgedehnten Waldflächen der bäuerlichen Wirtschaften, die in Oesterreich ungefähr die Hälfte des ganzen Waldlandes be-

decken, durch systematische Waldpflege IU einem höheren Massenertrag zu bringen.

Wenn auch diese Maßnahmen ihre Erfolge erst in Jahrzehnten zeitigen werden, so kann doch wohl angenommen werden, daß im Zusammenwirken aller dieser Bestrebungen die nicht zu leugnenden Versorgungsschwierigkeiten der österreichischen holzverarbeitenden Industrien überwunden weiden können. Die Landwirtschaftskammern sind im Verein mit den Forstbehörden eifrig bemüht, das erstrebenswerte Ziei zu erreichen.

In diesem Zusammenhang muß wohl auch der sogenannten „Pako-Aktio n“, einer österreichischen Großtat, gedacht werden. Als nach dem Ende des letzten Weltkrieges die öffentliche Verwaltung ganz darniederlag und von Grund auf neu aufgebaut werden mußte, als es an Arbeitskräften, an deren ausreichender Ernährung und Ausrüstung und an allen technischen Mitteln vollkommen fehlte, wurde im Zusammenwirken zwischen der Papier- und Zelluloseindustrie einerseits und den österreichischen Forstbehörden und der zivilen Forstwirtschaft anderseits die „Pako- Aktion" durchgeführt. Sie bestand darin, daß jeder Stadt- und Landbewohner aufgerufen wurde, in den österreichischen Wäldern nach den Weisungen der Forstorgane Schleifholz zu erzeugen, wofür er im Ausmaße der von ihm erzeugten Holzmenge einen Kohlengutschein erwarb. Die Zelluloseindustrie bezahlte dem Waldbesitzer den Holzwert. Der Waldbesitzer vergütete dem Erzeuger den tarifmäßigen Erzeugüngslohn, während die Papierindustrie durch den Export von Papier- und Zelluloseprodukten die entsprechenden Hausbrand- Kohienmengen aus dem Auslande beschaffte und zu Originalpreisen lieferte, die der Holzerzeuger sonst nie aufzutreiben vermocht hätte.

Auf diese Weise wurde der Papier- und Zelluloseindustrie, die damals über gar keine Rohstoffvorräte verfügte, ein Jahresbedarf zusätzlich geliefert. Es ist wohl keine Uebertreibung, wenn behauptet wird, daß diese Aktion für die Papier- und Zelluloseindustrie gewissermaßen die I n i- tialzündung darstellte, durch die sie in die Lage versetzt wurde, von nun an in vollen Touren zu arbeiten und die Inlandsversorgung mit Papierprodukten durchzuführen und überdies ihre Exportmenge wesentlich zu steigern, wodurch sie wiederum dem ganzen Lande die sor sehr benötigten Devisenbestände schaffen konnte. Diese Aktion ist ein Beispiel, wie in einer Notzeit das einträchtige Zusammenarbeiten von Volk, Industrie und Urproduktion dem Lande eine friedliche freiere Entwicklung gewährleistet. Durch diese Aktion wurde auch die Stadtbevölkerung mit der schweren Forstarbeit näher bekannt und lernte mehr, als durch Aufklärung und Propaganda je geschehen kann, die Bedeutung der Forstwirtschaft für das Wohl und Wehe eines Landes kennen und den Wald in einer wirtschaftlichen Bedeutung für den ein- einen Menschen schätzen.

Heute nimmt gerade die Papier- und Zelluloseerzeugung im Rahmen der

Gesamtwirtschaft Oesterreichs einen ganz hervorragenden Platz ein, der bei der großen Bedeutung der Holzwirtschaft für unser Land nicht mehr wegzudenken ist. Die Entwicklung der Forst- und Hoizwirt- c a f t mit ihren großen heimischen Industrien und Gewerben stellt einen Lichtblick in dem schwierigen Zustande dar, in den unser Land durch die vierfache Besetzung als Folge des von Oesterreich nicht verschuldeten weiten Weltkrieges geworfen wurde.

Möge diese Entfaltung der Forst- und Holzwirtschaft gedeihlich fortschreiten. Dies wäre auch die Voraussetzung für den großen Beitrag, den Oesterreich mit seiner Holzwirtschaft und der auf ihr aufgebauten Papier- und Zelluloseindustrie für die Versorgung der internationalen Märkte leisten kann wnd Immer an leisten bereit sein wird. Wenn aber Oesterreich von seinen Nachbarländern vorgehalten wird, daß es nicht wie ehedem bereits sei, einen Teil seiner Rohstoffreserven als Rohstoffe zur Versorgung dieser Märkte abzugeben, so darf folgendes nicht übersehen werden: Oesterreich ist durch den ersten Weltkrieg aus dem Rahmen einer Völkergemeinschaft gerissen worden, mit der es in der Zwischenkriegszeit bis zum Ausbruch des zweiten Weltkrieges in natürlicher Fortsetzung seiner überlieferten wirtschaftlichen Beziehungen mit diesen Ländern in einem überaus regen Wechselverkehr und Güteraustausch gestanden ist. Der zweite Weltkrieg brachte jedoch eine weltpolitische Lage, die Oesterreich von seinem natürlichen Wirtschaftsraum künstlich ab- schnitt und es zu einer Grenzbastion der westlichen Kultur werden ließ. Deshalb ist das Land, will es leben und seinem Volke Arbeit und Nahrung geben, gezwungen, seine Rohstoffe bis zur Neige auszu-

nfltzen und diese möglichst in veredelter Form als Fertigprodukte dem Weltmarkt zuzuführen. Wenn es unserem kleinen Land dennoch gelungen ist, der schier übergroßen Schwierigkeiten, unter denen sonst auch wirtschaftlich stärkere Länder zusammengebrochen wären, Herr zu werden, so zeugt dies nur von dem festen Willen des österreichischen Volkes, das Seinige zur Weltbefreiung beizutragen. Noch vor Jahresfrist war Oesterreich auf die Hilfe großer Völker angewiesen. Mit Bangen wurde das Ende der Auslandshilfe erwartet. Da ereignete sich wie schon öfter in der Geschichte unseres Landes abermals „das österreichische Wunde r", das aber die Vorsehung wohl nicht unverdient dem österreichischen Volke zuteil werden ließ. Dennoch soll auch der Dank zum Ausdruck kommen, den es jenen Völkern zollt, die ihm bei der Ueberwindung dieser großen Schwierigkeiten opferbereit zur Seite gestanden sind.

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