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Es war das Schicksal der Ersten Republik, daß man nicht nur im Auslande, sondern auch in Oesterreich an die Lebensfähigkeit unseres Landes nicht glaubte. Die Jahre der Zugehörigkeit zum großdeutschen Wirtschaftsraum haben gezeigt, daß dieser Pessimismus unberechtigt war und daß man die wirtschaftliche Bedeutung der Rohstoffquellen unseres Landes unterschätzt hatte. Zu diesen Rohstoffen gehören nebst vielen anderen vor allem Eisen und Holz, deren österreichische Vorkommen für die gesamte europäische Wirtschaft der westlichen Hemisphäre von größter Wichtigkeit sind.

In den Jahren nach der Beendigung des ersten Weltkrieges war man oft geneigt, innerhalb des österreichischen Gesamtexportes Eisen und Stahl den Primat zu geben. Es soll unbestritten sein, daß diese beiden Produkte einen tragenden Pfeiler der österreichischen Exportwirtschaft darstellen und daß es Jahre gegeben hat, in denen ihre Ausfuhr den wichtigsten Posten der österreichischen Handelsbilanz bildete. Man wird es aber den Vertretern der Holzwirtschaft nicht verübeln, wenn sie darauf hinweisen, daß auch das Holz sowohl in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen als auch in den Nachkriegsjahren eine der größten und sichersten Positionen der österreichischen Ausfuhr repräsentierte und daß es, ebenso wie die aus ihm erzeugten Produkte, durch Jahrzehnte hindurch rund die Hälfte der Menge und rund ein Drittel des Wertes der österreichischen Gesamtausfuhr ausmachten.

Dies hat sich im Laufe der letzten Jahre insofern etwas geändert, als die Ausfuhrziffern für Holz, dessen Produktionsmöglichkeiten infolge der natürlichen Zuwachsverhältnisse beschränkt sind, mit dem sprunghaften Ansteigen der übrigen österreichischen Ausfuhr nicht ganz Schritt halten konnten. Die gewaltige Ausweitung der österreichischen Gesamtausfuhr der letzten Jahre zeigt die nachstehende Aufstellung, der der Vollständigkeit halber auch die Einfuhrziffern hinzugefügt wurden.

Gesamt-Ausfuhr Einfuhr in Schilling

1950 ......... 6.512,140.000 9.210,324.000

1951 ......... 9.634,688.000 14.027,113.000

1952 ......... 10.796,533.000 13.958,837.000

1953 ......... 13.187,468.000 13.268,504.000

1954 ......... 15 851,092.000 16.986,595.000

1955 ......... 18.169,156.000 23.068,212.000

1956 ......... 22.076,431.000 25.319,416.000

1957 ......... 25 441,940.000 29.338,695.000

Die österreichische Gesamtausfuhr hat sich somit im Laufe der letzten sieben Jahre nahezu vervierfacht. Wenn auch beim Vergleich dieser Zahlen ins Kalkül gezogen werden muß, daß der Schilling vor mehreren Jahren gegenüber, dem Dollar abgewertet wurde, so handelt es sich doch in der obigen Aufstellung zum überwiegenden Teil um echte Exportsteigerungen, weil diese Abwertung kaum 25 Prozent des Wertes betrug.

Einer Veröffentlichung des Pressedienstes der Industrie ist zu entnehmen, daß auch in der Rekordausfuhr des Jahres 1957 der mengenmäßige Anteil von Holz und Holzprodukten noch immer 40,1 Prozent, der wertmäßige Anteil 24,2 Prozent beträgt. An Hand dieser Zahlen ergibt sich somit einwandfrei, daß das Holz mit seinen Produkten im österreichischen Export nach wie vor einer der wichtigsten Devisenbringer unseres Landes ist. Der Wert der Gesamtausfuhr von Holz und aus Holz hergestellten P*odukten beträgt laut PDI im Jahre 1957 zirka 6,169 Milliarden Schilling, davon entfallen auf den Export von Holz und Holzwaren zirka 3,844 Milliarden Schilling, auf jenen von Papier, Papierwaren und Faserplatten zirka 2,325 Milliarden Schilling.

In der Position „Holz und Holzwaren“ nimmt das Nadelschnittholz mit einer Menge von 3,247 Millionen Kubikmetern, die einen Wert von ungefähr 3,25 Milliarden Schilling darstellen dürften, auch weiterhin den ersten Rang ein. Die obigen Ziffern zeigen somit nicht nur den großen Anteil des Holzes an der österreichischen Gesamtausfuhr, sie beweisen auch, daß der überwiegende Teil der Ausfuhr von Holz und Holzprodukten aus Fertigwaren oder Halbfertigwaren besteht, die durchweg eine “bedeutende Lohnquote enthalten. Der der Holz-wirtschaft so oft gemachte Vorwurf, sie beschränke sich auf die Ausfuhr von unbearbeiteten Rohstoffen, wird daher auf Grund des obigen einwandfreien Zahlenmaterials eindeutig widerlegt.

Gemessen an der hohen Schnittholzausfuhr sind die Exporte von unverarbeitetem Rohholz verhältnismäßig gering. Abgesehen vom Grubenholz, dessen Ausfuhr im vergangenen Jahre rund 180.000 Festmeter betrug, sind die übrigen Rohliolzsortimente, die zur Ausfuhr freigegeben werden, mengenmäßig unbedeutend. Es handelt sich dabei unter anderem um rund 3 8.200 Festmeter Waldstangen, rund 26.900 Festmeter Telegraphenstangen, rund 12.300 Festmeter Rammpfähle und einige andere kleine Posten. Auch der Export von Brennholz und Spreißeln fällt nicht besonders in die Waagschale.

Gegenüber der Holzausfuhr der Vorkriegszeit hat sich eine weitgehende und durchgreifende Umschichtung innerhalb des Exportes von Holz und Holzwaren ergeben. Die starken Rohholzexporte der Vorkriegsjahre sind erheblich zurückgegangen, während die Ausfuhren von verarbeitetem Holz, insbesondere von Schnittholz und anderen Holzhalbfertigwaren, stark angestiegen sind. Besonders beim Nadelschnittholz zeigt die Statistik in anschaulicher Weise diese Entwicklung.

Die starke Erhöhung der Schnittholzausfuhr gegenüber der Vorkriegszeit ist zum Teil auf den bedeutenden Rückgang der Rohholzexporte, die in einzelnen Jahren der Vorkriegszeit eine Million Festmeter und mehr pro Jahr betrugen und sich damals in der Hauptsache auf Sägerundholz und Papierholz erstreckten, zurückzuführen.

Die Steigerung der Schnittholzausfuhr gibt auch die teilweise Erklärung für die wesentlich erhöhten Deviseneinnahmen, die aus der Holzausfuhr erzielt werden. Man darf nämlich nicht

übersehen, daß beim Export von Halbfertigwaren, wie Schnittholz, bezimmertem Bauholz usw., die beachtliche Lohnquote und die übrigen Produktionskosten einen Teil des Exportpreises bilden, wodurch sich die Deviseneingänge wesentlich erhöhen.

Wenn im Zusammenhang mit dieser vom Standpunkt der österreichischen Handelspolitik aus erfreulichen Entwicklung von Außenstehenden gefordert wird, man solle den Export von Fertigwaren durch weitere Maßnahmen, insbesondere durch Einschränkung der Nadelschnittholzausfuhr, forcieren, so muß dem entgegengehalten werden, daß die Aufnahmefähigkeit des Auslandes für Holzfertigwaren im allgemeinen meist beschränkt ist und daß sich im Hinblick auf die Erfordernisse der Bauwirtschaft der ausländische Bedarf in erster Linie auf Schnittholz erstreckt.

An der Spitze der Holzabnehmerländer Oesterreichs steht nach wie vor Italien, das im Jahre 1957 rund 1,548.000 Kubikmeter Nadelschnittholz aus unserem Lande bezogen hat. Der Holzexport nach Italien ist die sicherste konstante Größe in unserer Holzbilanz. Italien bezieht den überwiegenden Teil seiner Holzimporte aus Oesterreich und hat im Laufe der letzten Jahre seine Einfuhren, die sich schon immer auf beachtlicher Höhe gehalten haben, ständig gesteigert. An zweiter Stelle steht die westdeutsche Bundesrepublik, die im Jahre 1957 rund 937.000 Kubikmeter Nadelschnittholz bezog. Auch hier handelt es sich um einen Abnehmer, der immer als ein ständiger Käufer österreichischen Nadelschnittholzes anzusprechen war und der trotz der zunehmenden Konkurrenz, der unser Holz in diesem Absatzgebiete durch Lieferungen aus den skandinavischen Ländern, aus Rußland und verschiedenen Ostblockstaaten ausgesetzt ist, immer wieder sehr bedeutende Mengen in Oesterreich kauft. An dritter Stelle folgt, allerdings in weiterem Abstand, Holland, das im vergangenen Jahre rund 202.000 Kubikmeter Nadelschnittholz aus Oesterreich importierte. Der holländische Markt ist im Laufe der letzten Jahre in immer stärkerem Umfange auf den Bezug skandinavischen und russischen Holzes, das in den holländischen Häfen gelöscht werden kann, übergegangen. Wenn sich der österreichische Holzexport auf diesem Absatzgebiete — trotz der hohen Transportkosten, die mit den Lieferungen nach Holland verbunden sind — mit einer relativ so großen Menge halten konnte, so zeigt dies, daß wir bei Waggonlieferungen in bestimmten Dimensionen noch immerj konkurrenzfähig sind. An vierter Stelle stehtt Frankreich, das im Jahre 1957 rund 137.000 Kubikmeter Nadelschnittholz aus Oesterreich bezogen hat. Diese Menge stellt gegenüber dem Vorjahr einen erheblichen Rückgang dar, der in erster Linie auf die Importbeschränkungen, welche die französische Regierung im vergangenen Jahre erließ, zurückzuführen ist. Von den übrigen wichtigen Abnehmerländern seien Transit Triest mit einem Bezug von rund 100.000 Kubikmetern Nadelschnittholz, die Schweiz mit rund 70.000 Kubikmetern, ferner Griechenland mit rund 65.000 Kubikmetern und Ungarn mit rund 48.000 Kubikmetern erwähnt. Hierzu ist zu sagen, daß sich das Geschäft Transit Triest — es handelt sich dabei um Lieferungen in den Mittelmeerraum und nach dem Nahen Orient — noch immer auf einer beachtlichen Höhe hält, obwohl in diesen Abnehmerländern die Konkurrenz der Ostblockstaaten zugenommen hat. Die Schweiz ist nach wie vor ein konstanter Abnehmer österreichischer Qualitätsware. Unser Export nach Griechenland wird durch Lieferungen aus den Oststaaten eingedämmt, während die Ausfuhr nach Ungarn infolge der bekannten Ereignisse erheblich zurückging. Gerade was Ungarn anbetrifft, sei der Hinweis gestattet, daß dieses Abnahmegebiet in den Jahren vor 193 8 zeitweise eine sehr maßgebliche Rolle im österreichischen Holzexport spielte. In Fachkreisen nimmt man an, daß die gegenwärtigen Schwierigkeiten zurückgehen werden und daß der ungarische Markt auch in Zukunft, insbesondere den angrenzenden Bundesländern — so vor allem dem Burgenland und dem östlichen Teil der Steiermark —, wiederum entsprechende Absatzmöglichkeiten bieten wird.

Die vorstehenden Ziffern zeigen, daß rund 88 Prozent der österreichischen Nadelschnittholzausfuhr in Länder gehen, die der europäischen Wirtschaftsgemeinschaft angehören. Es zeigt sich daher auch beim Holz, welche besondere Bedeutung dieser Wirtschaftsunion von sechs europäischen Staaten für unseren Export zukommt. Oesterreich gehört bekanntlich dieser wirtschaftlichen Staatenverbindung nicht an, ist aber im Rahmen der OEEC an den Bestrebungen, die zur Errichtung einer Freihandelszone führen, maßgeblich interessiert. Unter diesen Umständen wird man auch vom Standpunkt der österreichischen Holzwirtschaft aus alle Vorgänge, die sich in der europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und in der Freihandelszone abspielen, mit besonderem Interesse verfolgen und darüber wachen müssen, daß unsere Belange im Rahmen dieser wirtschaftlichen Zusammenschlüsse entsprechend wahrgenommen werden. Die österreichische Holzwirtschaft wird dabei, sofern sie, so wie bisher, ihre starke Position als zweitgrößtes Holzexportland im Rahmen der Freihandelszone ausnützt, die Möglichkeit haben, ihre maßgebliche Rolle als wichtiger Versorger der europäischen Holzbedarfsländer auch weiterhin zu behaupten und damit einen wesentlichen Beitrag zur aktiven Gestaltung der österreichischen Zahlungs- und Handelsbilanz zu leisten.

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