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Außenhandel - Strukturwandel!

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Es ist eine merkwürdige Erscheinung, daß die Entwicklung des Außenhandels, der, wie allgemein zugegeben wird, für die Zukunft von Konsum, Gewerbe, Industrie und Landwirtschaft von höchster Wichtigkeit bleibt, in jüngster Zeit totgeschwiegen wird. Man kann es verstehen, wenn Stockungen, Schwierig keiten und Mißerfolge beschönigt und übergangen werden, aber es ist völlig unverständlich, wenn in einer Zeit, da gerade der Export einen zähen Konkurrenzkampf um die Erweiterung seiner Absatzmärkte führen muß, in keiner Weise auf die Fortschritte eingegangen wird, die eine detaillierte Handelsbilanz fortlaufend diarstemt. Das Statistische Zentralamt hat im laufenden Jahr verdienstvolle Neuerungen seiner monatlichen Veröffentlichungen in den „Statistischen Nachrichten“ eingeführt, darunter die Trennung von Kanada und den Vereinigten Staaten sowie zusammenf assende Angalben über den Handel mit den einzelnen Kontinenten. Bei den zahlreichen Schwankungen, die sich selbstverständlich überall einstellten, war die Öffentlichkeit aber nicht am Absatz einiger Produkte in einzelnen Ländern interessiert, sondern an einem Überblick über die wirksamen Kräfte. Natürlich verursachte die „Importschwemime 1966“ und das plötzliche Ansteigen des Hamdels- passivums ernste Sorgen, doch ist es mit der Zauberformel einer möglichst raschen Assoziierung mit der EWG zur Bettung Österreichs nicht getan, weil sie die realen Tendenzen nur in einem sehr begrenzten Raum berücksichtigt. Theorie und Praxis sind anscheinend in einige Widersprüche geraten. Tatsache ist jedoch, daß unser Außenhandel einen Strukturwandel erlebt.

Neue Importschwemme

Die Tendenzen, die im Vorjahr zu außerordentlichen Fortschritten des Außenhandels geführt hatten, wurden von Jänner bis April durch andere Kräfte abgelöst. Zwar ist das Gesamtvolumen in Höhe von 33,4 Milliarden Schilling im Vergleich zur analogen Zeitspanne des Vorjahres um zwölf Prozent gestiegen, doch hat der Warenverkehr nach beiden Richtungen eine durchaus verschiedene Entwicklung genommen, so daß die Handelsbilanz bei einem Import von 19.709 Millionen Schilling (+16 Prozent) und einem Export van 13.719 Millionen Schilling (+ 6 Prozent) mit einem Importüberschuß von knapp 6 Milliarden Schilling abschloß. Allerdings erfuhren in der gleichen Periode auch die Mehr- einlgänge aus dem Fremdenverkehr mit 2520 Millionen Schilling eine leichte Zunahme, genügten aber keineswegs zur Deckung des Hamdels- passivums. Die Folge dieser Tendenzen war, selbstverständlich auch be einflußt durch andere Faktoren, ein Rückgang der Devisenbestände aud 11.796 Millionen Schilling (— 16 Prozent), während der Goldvorrat der Notenbank abermals eine leicht Besserung venzeichmete. Natürlich ertauben die Daten von Jänner bis April noch keine wie immer gearteten Rückschlüsse, weil die erster

Monate in jedem Jahr zahlreichen Belastungen ausgesetzt sind. Immerhin ist klar erkennbar, daß Österreich allmählich in eine Gefahrenzone 'gerät.

Die Zunahme der Importe (siehe Tabelle) um 16 Prozent galt als

Symptom einer verschärften Konkurrenz, obwohl zwischen den einzelnen Staatengruppen große Unterschiede bestanden. Mit Ausnahme von Portugal, dessen Lieferungen fast stabil blieben, erzielten Großbritannien, Skandinavien und die Schweiz gleiche Zuwachsraten. Bei ihren Erhöhungen stützten sich Großbritannien auf Maschinen und Traktoren, Schweden und Norwegen auf Eisen und Stahl, Dänemark auf Fleisch, Finnland auf Molkereipro- dukte, die Schweiz auf Maschinen, Textilien und chemische Produkte. Anderseits beobachtete man große Schwankungen im Rahmen der EWG, weil Westdeutschland dank Maschinen und Automobilen ausgezeichnet abschneiden konnte, desgleichen Frankreich mit Hilfe steigender Getreidelieferungen. Dagegen ruhten die Erhöhungen bei Holland vorwiegend auf Textilien, bei Italien in erster Linie auf Obst, Gemüse und Erdölprodukten. Der Ostblock hatte wieder einmal an gegensätzlichen Tendenzen zu leiden, da Rußland, Rumänien und Ostdeutschland empfindliche Verluste beklagten, anderseits Polen, Ungarn und die Tschechoslowakei auffallende Fortschritte buchten. Die Randstaaten verdankten ihre verbesserte Stellung ausschließlich Spanien und Jugoslawien. Der vielgestaltige Import aus den Vereinigten Staaten verzeichnete Erhöhungen bei Getreide, Maschinen, Textilien und chemischen Produkten. Zugleich verriet die Warenordnung einen gewissen Strukturwandel, weil Eisen und Stahl sogar Obst und Kohle überrunden konnten, so daß NE-Metalle, Stein- und Braunkohle in der Rangordnung stark zuiück- flelen. Die höchsten Zuwachsraten erzielten Eisen und Stahl, Mais, Rohöl und Traktoren, unter den chemischen Produkten vor allem medizinische und pharmazeutische Erzeugnisse. Rückläufig waren dagegen Holz, Kohle, Tabak. Fische, Fleisch, Baumwolle, Pflanzenöl, Rohkautschuk und natürliche Düngemittel.

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