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Holz und europäischer Markt

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In den letzten Monaten wurde viel über das Holz diskutiert. Urproduktion und verarbeitende Wirtschaft versuchten, teilweise in heftigen Auseinandersetzungen, die Ursachen der Entwicklung des Rohstoffes Holz zu einer Mangelware darzulegen. Berufene und weniger Berufene aus allen Kreisen, Interessenvertretungen und politische Organisationen haben mit lautstarker publizistischer Begleitmusik das Ihre dazu beigetragen, diese Diskussion vom Boden der Sachlichkeit abzudrängen. Es scheint daher eine günstige Gelegenheit, anläßlich der Eröffnung der österreichischen Holzmesse in Klagenfurt, an Hand einer Betrachtung der Kärntner Holzwirtschaft den Versuch zu unternehmen, die Probleme ins richtige Licht zu rücken.

Kärnten zählt zu den holzreichsten Bundesländern. Das ständige Wachstum holzverarbeitender Wirtschaftszweige stellt daher eine standortbedingte Entwicklung dar. Die große Entfernung vom inländischen Verbraucherzentrum Wien und die Grenzlage gegen Italien sowie der kurze Frachtweg nach Triest sind wiederum bestimmend für die vorwiegende Exportorientierung des Absatzes der Produkte. Die Planung der Holzwirtschaft muß also der Produktionskraft des Waldes und der Notwendigkeit, sich auf dem Weltmarkt zu behaupten, Rechnung tragen. Es gilt, den richtigen Mittelweg zu finden, der die gesunde Basis der heimischen Holzversorgung nicht verläßt, der aber auch die für die internationale Konkurrenz erforderliche Leistungssteigerung berücksichtigt.

Nun sind Disproportionen in der Marktentwicklung und in den Investitionen überall und zu allen Zeiten in der freien Marktwirtschaft in Erscheinung tretende Faktoren. Während man aber anderswo solchen Gegebenheiten mit marktkonformen Maßnahmen begegnet, ist man in Österreich versucht, einen erkannten Krankheitszustand durch Anrufung marktfremder Mächtegruppen zu heilen. Ein solches Beispiel war Ende des vergangenen Jahres der Versuch, durch zentrale Festsetzung, bestimmter Liefermengen zu bestimmten Preisen eine bei der Papierindustrie angeblich bestehende Rohholzversorgungslücke zu schließen. Heute, knapp sechs Monate seit Bestehen dieser Regelung, muß sie bereits als gescheitert angesehen werden.

Die Kärntner Holzwirtschaft mit allen ihren Sparten hat allerdings immer das direkte Gespräch zwischen Forstwirtschaft und verarbeitenden Betrieben als das geeignete Instrument zur

Lösung der beide Seiten betreffenden Probleme betrachtet. Und erst in diesen Tagen hat der Vertreter eines bedeutenden Verarbeitungsbetriebes zum Ausdruck gebracht, daß die Lösung von Versorgungs- und Preisfragen am ehesten aus den Kräften des freien Marktes erwartet werden könne. Hier liegt auch die Erklärung für die stets gute und sachliche Atmosphäre, die in Kärnten zwischen Urproduktion und Verarbeitung herrscht. Die Kapazität der Verarbeitung ist auch über das heimische Holsaufkommen hinausgewachsenn, aber nie ist es hier zu untragbaren Preisspitzen oder Versorgungsschwierigkeiten gekommen. Leistungsfähige Betriebe in allen Sparten werden von initiativer Unternehmerhand geführt. Die Sägeindustrie muß gemeinsam mit dem Exportholzhandel gegen schwerste Konkurrenz, vor allem aus den Oststaaten, um die Behauptung auf dem italienischen Markt kämpfen. Wenn heute Italien noch immer der Hauptabnehmer österreichischen Schnittholzes ist, dann verdanken wir das zweifellos der langjährigen Markterfahrung und den vielen persönlichen Bindungen unserer Exporteure zum italienischen Handel, wie auch natürlich der soliden Abwicklung eingegangener Lieferverpflichtungen. In diesem Lichte gesehen, wird es auch klar, daß die Forderung nach Fertigwarenexport, welche sich auch gegen den Schnittholzexport richtet, ein leeres Schlagwort ist. Abgesehen davon, daß dieser Begriff dehnbar ist, kann es'für die Frage des Exports einer Ware nur ein Kriterium, nämlich das der wirtschaftlichen Wirkung geben. Was nützt es, daß zum Beispiel Jugoslawien zwar kein Rundholz, aber dafür Möbel exportiert, wenn der jugoslawische Facharbeiter kaum ein Drittel des Einkommens bezieht, das sein österreichischer Kollege für sich beanspruchen kann. Wem dient es, wenn man die Bauholzexporteure durch Kontingentierungen aus dem Geschäft zunehmend ausschaltet und wenn man außerdem dem bäuerlichen Waldbesitzer einen Nebenerwerb nimmt. Man erreicht durch ein solches Vorgehen doch nur Marktstörungen, man verringert den wirtschaftlichen Nutzen und fördert alle jene negativen Erscheinungen, die mit jeder Bewirtschaftung Hand in Hand gehen.

Die Zellulose- und Papierindustrie hat in richtiger Beurteilung der Lage ihre Investitionen vor allem auf Produktivitätssteigerung ausgerichtet, ohne übermäßige Kapazitätsauswertungen vorzunehmen. Sie wird daher auch auf einem vereinigten europäischen Markt wettbewerbsfähig sein und braucht auch die Konkurrenz im Einkauf des Faserhölzes mit ausländischen Betrieben nicht zu fürchten, denn die heimische Industrie wird dem benachbarten Waldbesitzer immer mehr bieten können als Betriebe, für die dieses Holz mit hohen Frachtsätzen belastet wäre.

Die ersten Faserpkttenwerke Österreichs entstanden in Kärnten. Die Kärntner Faserplatten sind heute auerkannte, führende Markenartikel. Das große Verdienst dieser Industrie war es in erster Linie, schwer, verwertbare Holzarten und Holzabfälle einer ertragreichen Verarbeitung zuzuführen und damit auch die Er-tragsmöglichkeit des Waldes zu heben. Die Verwertung einer Holzart, der Lärche, ist allerdings noch nicht befriedigend gelöst. Die großen Bestände an Lärchen in den Grenzregionen von Wald und Alm, die in ihrer Qualität für die Erzeugung von Schnittholz nicht entsprechen, sind noch ungenützte Reserven für die Rohstoffversorgung der Industrie.

Auch führende Werke aus der Möbelbranche haben in Kärnten ihren Sitz und geben mit ihren Produkten, auf vielen Märkten Europas Zeugnis von geschmackvoller und solider Werkarbeit. Neben diesen großen Industriebetrieben aus der Holzbranche arbeitet ein weitverzweigtes holzverarbeitendes Gewerbe vor allem als Zubringer für die Bauwirtschaft. Für alle gemeinsam wäre noch ein Problem zu erwähnen; der Mangel m Arbeitskräften. Daß für diesen Mangel nicht etwa nur die Löhne maßgebend sein können, ergibt sich allein schon daraus, daß bei der Post, bei der Bahn, bei der Exekutive, wohin wir unsere Arbeitskräfte abwandern sehen, Löhne und Gehälter gezahlt werden, die bestimmt nicht höher sind als die Einkommen der Facharbeiter in der Holzwirtschaft. Diese Abwanderung ist aber auch nicht auf die Sucht nach einem bequemeren Leben oder nach mehr Freizeit zu-

rückzuführen. Wenn aber Presse und Rundfunk in politisch gefärbten, demagogischen Kommentaren zur Frage des Holzeinschlages in Kärnten unter anderem auch zur Schlußfolgerung kommen, daß jeder gefällte Baum einen Diebstahl an der Allgemeinheit darstelle, dann darf man sich nicht wundern, daß solche Angriffe, die sich nicht nur gegen den Waldbesitz, sondern gegen das Berufsethos richten, ihre Auswirkung auf die Berufswahl nicht verfehlen. Dazu kommt dann noch, daß sich das Genehmigungsverfahren für die Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte als ein ministerielles Verhinderungsverfahren darstellt.

Nicht das Bestreben des einen, auf Kosten des anderen zu verdienen, sondern die Einsicht, im wirtschaftlichen Erfolg des Partners die Grundlage für die eigene Aufwärtsentwicklung zu erblicken, ist Voraussetzung eines gesunden Wachstums. Nicht Protektionismus, sondern europäisches Denken ist die richtige Vorbereitung für einen europäischen Markt. Die Kärntner Holzwirtschaft hat die Zeichen der Zeit erkannt.

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