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Heute wollen wir über zwei Außenseiter auf dem österreichischen Automarkt berichten, wobei wir bemerken müssen, daß diese Bezeichnung absolut keine Qualitätswertung einschließt, sondern sich rein auf die Tatsache bezieht, daß das eine Fahrzeug, der DKW 1000 S, konstruktiv durch die Verwendung des Dreizylinder-Zweitaktmotors sowie des Frontantriebs und einer Reihe weiterer Eigenschaften dieser Type als Außenseiter bezeichnet werden kann. Das zweite Fahrzeug, das wir einer Betrachtung unterziehen wollen, ist wiederum verkaufstechnisch gesehen ein Außenseiter, konstruktiv höchstens durch die Verwendung eines automatischen Getriebes in einem Mittelklassewagen europäischer Provenienz. Es handelt sich hier um die aus Frankreich stammende Renault- Frégate. Diese Type ist ihrer Konstruktion nach ein echter Mittelklassewagen, dessen Antrieb durch einen Zweiliter-Vierzylinder-Viertakt- motor erfolgt, der bei angeschiossenem Transfluide eine Leistung von 80 PS ergibt, während die Normalausführung mit Schaltgetriebe mit 75 PS ausgestattet ist. Daß dieses Fahrzeug in Oesterreich auf ein relativ geringes Kaufinteresse stößt, ist weder durch den Preis noch durch die Ausstattung, auf keinen Fall aber auf Grund der konstruktiven Gestaltung gerechtfertigt.

Wir hatten Gelegenheit, die Frégate einem ausgedehnten Fahrversuch zu unterziehen, und mußten dabei den Eindruck gewinnen, daß es sich bei dieser Type um ein solid gebautes Automobil — wie allein schon aus ihrem Gewicht von zirka 1400 kg hervorgeht — handelt. Sie ist konstruktiv von vornherein auf lange Lebensdauer ausgelegt und verfügt über wirklichen Fahrkomfort. Außerdem ist die Tragfähigkeit des Fahrzeuges bemerkenswert. Es ist nicht nur für sechs Personen zugelassen, die auch tatsächlich Platz finden, sondern es hat außerdem auch noch eine Zuladekapazität von

100 kg Reisegepäck. Allein schon aus diesem Grunde handelt es sich hier also um ein ideales Reisefahrzeug. Dazu kommt noch, daß das automatische Getriebe den Fährbetrieb äußerst angenehm gestaltet, braucht doch die Frégate in der Stadt überhaupt nicht geschaltet zu werden, und das Kupplungspedal fällt selbstverständlich fort. Im Ueberlandverkehr verhält es sich ebenso, es sei denn, es müssen extrem große Steigungen genommen werden oder ein Vorfahrmanöver verlangt erhöhte Beschleunigung. In solchen Fällen läßt die Frégate die Wahl zwischen drei Gängen, die selbstverständlich ohne Kuppeln geschaltet werden können.

Straßenlage und Kurvenfestigkeit sind wie bei den meisten französischen Konstruktionen ausgezeichnet. Eine Eigenheit des Fahrzeuges stellt die Untersteuerung der Lenkung dar, an die man sich erst gewöhnen muß, was jedoch rasch der Fall ist. Dann kann man die Frégate genau so rasant in jede Kurve fahren wie Fahrzeuge mit anderer Lenkcharakteristik. Die Einzelradaufhängung an allen vier Rädern sorgt für ständigen Straßenkontakt auch auf schlechten Straßen und läßt die Frégate auch auf ihnen absolut angenehm und sicher fahren.

Die Bremsen des Fahrzeuges sind so ausgelegt, daß sie den schweren Wagen mit voller Zuladung ohne Schwierigkeiten aus jeder Geschwindigkeit differenziert herunterbremsen lassen. Der Verbrauch der Frégate liegt, wie wir bei Ueberlandfahrten feststellen konnten, bei 12 Liter auf 100 km. Die Höchstgeschwindigkeit konnte von uns mit 125 km h ermittelt werden, mag aber unter anderen Voraussetzungen höher liegen.

Die Frégate ist nicht nur ein sehr bequem ausgestattetes und angenehmes Fahrzeug, sondern auch solid und robust, eine Konstruktion, die mehr Anklang verdienen würde, als sie bisher in Oesterreich gefunden hat.

Aber auch den DKW 1000 S konnten wir einem Fahrversuch unterziehen„-.und können dazu bemerken, daß dieses Fahrzeug’durch seine einmalige Charakteristik einige Kategorien überschneidet, und zwar weist es insofern Merkmale des Kleinwagensektors auf, als die Drei- zylinder-Zweitaktmaschine einen Hubraum von 1000 ccm besitzt. Die Leistung allerdings entspricht bereits der eines Mittelklassewagens, denn der Motor gibt 50 PS ab. Auch der Verbrauch liegt in der Klasse der mittleren Wagen, denn über Land braucht er bei normaler Fahrweise 7,8 Liter, bei rasantem Fahren — etwa auf der Autobahn — bis zu zirka 9,5 Liter auf 100 km. Die Abmessungen, der Komfort und der Transportraum entsprechen gleichfalls jenen von Mittelklassewagen. Die Fahrcharakteristik aber — darunter verstehen wir Beschleunigung, Straßen- und Kurvenlage sowie Höchstgeschwindigkeit - • gehört teilweise bereits in die Sportwagenklasse, wofür auch die zahlreichen nationalen und internationalen Erfolge bei Sportveranstaltungen zeugen, die DKW immer wieder erringt.

Trotz der interessanten Charakteristik dieses Fahrzeuges muß sich der eventuelle Besitzer mit dem Zweitaktmotor abfinden. Dies bedeutet für viele absolut nichts Negatives, ein großer Teil der Kraftfahrer aber steht dem Zweitakter von vornherein ablehnend gegenüber. Wie immer man jedoch zu dieser oft heißumstrittenen Frage stehen mag, die Maschine des DKW überzeugt sicher jeden, der sie einmal betrieben hat, daß es sich -hier um einen vollwertigen Automobilmotor handelt und daß er auf Grund der jahrzehntelangen Erfahrung des Herkunftswerkes auf diesem Gebiet sowie der unentwegten Entwicklung, die negativen Charakteristika des Zweitaktmotors fast restlos abgelegt hat, während die Positiva nicht nur erhalten, sondern weiter ausgebaut werden konnten. Unter ersteren sind der unrunde und relativ geräuschvolle Leerlauf,’ unangenehme Geräuschentwicklung bei hoher Drehzahl sowie verhältnismäßig hoher Verbrauch durch Spülverluste zu verstehen. All dies weist der Motor des DKW 1000 S nicht mehr auf. Die positiven Eigenschaften, wie sehr wenig bewegte Teile, Unempfindlichkeit im Betrieb und geringe Wartungserfordernisse, konnten noch weiter ausgebaut werden. Die Tatsache, daß man Benzin und Oel mischen muß, bevor man den Tank eines Zweitakters befüllt, kann heute wirklich nicht mehr als Negativum geltend gemacht werden.

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