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Was kann der kleine Prinz?

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Ein guter Name verpflichtet. NSU ist ein Werk, das im Laufe der Motorisierung immer wieder mit echten Sensationen an die Öffentlichkeit trat und dessen Wirken so weit zurückreicht, daß es zu den Kraftfahrzeügpionieren gerechnet werden muß. Die letzte große Leistung auf diesem Gebiet ist in der Entwicklung des NSU-Drehkolben-Wankel-Motors zu erblicken, von dem bereits zahlreiche Lizenzen vergeben worden sind und dessen letzte Reife in absehbarer Zeit erreicht sein wird

Als NSU vor einigen Jahren seinen ersten Kleinwagen auf den Markt brachte, konnte man bereits sicher sein, daß hier traditionsbewußt ein Fahrzeug geschaffen wurde, das dem Markennamen auch auf dem Automobilsektor — früher ja vor allem auf dem Motorradsektor — zu Ruf und Anerkennung verhelfen würde. Die zahlreichen Positiva des ersten NSU-Prinz sicherten dehn auch dem Werk einen'“guten Start im“ Automobilbau. Der neue NSU-Prinz IV, der anläßlich der letzten Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt erstmals gezeigt wurde, stellt nun in Konstruktion, vor allem aber Formgebung und Ausstattung eine echte Weiterentwicklung dar. Obwohl es die Formgestalter gerade bei einem Kleinwagen keineswegs leicht haben, eine hübsche und ansprechende Linienführung mit größtmöglicher Zweckmäßigkeit zu verbinden, ist das beim neuen Prinz IV gelungen.

Gerade bei dem Transportraum ist es dem NSU-Werk gelungen, in dem relativ kleinen Fahrzeug einen Innenraum zu schaffen, der entweder vier Erwachsenen und einem Kind oder zwei Erwachsenen und drei Kindern angenehme Aufenthalts- und Reisebedingungen vermittelt. Der Fahrer selbst hat, auch wenn er groß geraten ist, genügend Beinfreiheit und ausreichenden Raum zum Lenken, um das Fahrzeug verkehrssicher, angenehm und vor allem auch ermüdungsfrei zu bedienen. Bei dieser Gelegenheit wäre vielleicht auch gleich der Wunsch zu erwähnen, daß die Sitze etwas länger gestaltet werden mögen, um eine günstigere Abstützung der Oberschenkel zu erreichen.

Die Bedienungseinrichtungen sind leichtgängig und liegen angenehm in Griffposition. Die Instrumentierung des kleinen Prinz IV ist imponierend und muß als sehr komplett angesprochen werden. Neben den Kontrolleuchten und den Standardinstrumenten ist eine einwandfrei funktionierende Benzinuhr, außerdem eine elektische Borduhr angebracht. Die Benzinuhr ist insofern interessant, als sie bei vollem Tank überhaupt nicht anzeigt. Erst bei Verbrauch wird allmählich das Anzeigefeld in zunehmendem Maße weiß, sobald auf Reserve gegangen wird allmählich rot, was somit ein nicht zu übersehendes optisches Warnsignal ergibt. Dieses kleine Detail zeigt ebenso offensichtlich wie etwa ein eigenes Kontrollicht für den Jocker, mit welcher Sorgfalt und Überlegung dieser kleine, aber keineswegs „billig“ anmutende Wagen ausgestattet wurde. Weiter verfügt der Wagen über eine gut funktionierende Klimaanlage, wobei erwähnt werden soll, daß die

Defrostung der Windschutzscheibe noch etwas wirksamer sein könnte. Auch eine Scheibenwaschanlage ist serienmäßig vorgesehen. Für den Einbau eines Radiogerätes ist auf dem Armaturenbrett Platz, für den Lautsprecher serienmäßig eine Maske vorgesehen.

Nicht nur nach vorne, sondern auch nach den Seiten und — was bei der heutigen Parkraumnot besonders notwendig erscheint — auch nach hinten ist die Sicht ausgezeichnet. Anderseits ist das Licht des NSU-Prinz IV so gut, daß der Wagen auch bei Nacht verkehrssicher voll ausgefahren werden kann, wenn es die übrigen Verkehrsbedingungen erlauben. Die Bremsen sind zwar in relativ kleinen Rädern untergebracht, jedoch absolut ausreichend auch für Vollastbedingungen. Fadingerscheinungen treten nur bei mehrmaligen Testbremsungen auf, die jedoch im praktischen Fahrbetrieb nicht gegeben sind. Bei Gefällebremsungen sind die Bremsen zweifellos ausreichend, denn die Bremswirkung des Motors entlastet sie weitgehend. ,

Das gut ausgelegte Vierganggetriebe ermöglicht in Verbindung mit dem leistungstilhigen 30-PS-Motor gute Beschleunigungswerte, h\ ist in allen vier Gängen synchronisiert. Trotz «.'er relativ langen Schalterübertragungswege ist ein präzises und schnelles Schalten möglich. Dieser Wagwkann nicht-mir, er soll geradezu «portlich gefahren werden. Insbesondere befähigt ihn dazu die wirklich ausgezeichnete Straßenlage. Auch in scharf gefahrenen Kurven verhält sich das Fahrzeug unter allen Lastbedingungen äußerst neutral, obwohl es sich beim Prinz IV ja bekanntlich um eine Heckmotorkonstruktion handelt. Die Übersteuerung des Hecks, wenn diese durch Überziehen bewußt herbeigeführt wird, erfolgt nicht abrupt, sondern allmählich, und kann ohne große Fahrerfahrung durch leichtes Gegensteuern sofort wieder beendet werden. Auch über die Fahreigenschaften kann gesagt werden, daß sich diese Konstruktion sehr zahm verhält und an das Fahrkönnen seitens des Benutzers keine große Anforderungen stellt.

Besonders hervorstechend ist die große Transportleistung des NSU-Prinz IV, beträgt sie doch nicht weniger als 43 5 kg. Diesem Faktor kommt heute, im Zeitalter der Reiselust und des Campings, erhöhte Bedeutung zu und kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Es gibt eine Reihe von Mittelklassewagen, die kaum mehr als 350 kg Tragfähigkeit aufzuweisen haben. Man wird vielleicht versucht sein, zu fragen, wozu ein relativ kleiner Wagen denn eine so hohe Nutzlast benötigt. Dieses Konstruktionsdetail kommt jedoch einer Forderung der modernen Zeit nach, in der mit Kind und Kegel und auch sehr viel gereist wird, in der Camping immer mehr Raum gewinnt und an jedem Wochenende vielfach eine größere Anzahl von Sportgeräten mitgeführt werden. Es ist gerade die Urlaubszeit, in der man die meisten Überladungen von Pkw beobachten kann. Beim Prinz IV kann das nicht so leicht eintreten, und der Schutz vor unvorhergesehenen Reparaturen ist damit um so größer. Der Kofferraum, der im Vorderteil des Prinz IV vorgesehen ist, erweist sich auch raummäßig als groß genug und steht jenem eines Mittelklassewagens kaum nach. Hinter den Rücksitzen ist außerdem eine tiefe, schachtartige Gepäckablage vorgesehen, die über die gesamte Fahrzeugbreite reicht und reichlich Transportgut aufzunehmen vermag.

Beim NSU-Prinz IV hat man es mit einem sehr wendigen Stadtwagen zu tun, der aber dank seiner hohen Reisegeschwindigkeit ebensogut für den Überlandbetrieb, in jedem Fall aber für eine größere Familie geeignet erscheint. Er ist nicht nur leicht bedienbar, wendig und hübsch, sondern erscheint insbesondere dem modernen Verkehr ausgezeichnet angepaßt.

Testwagen: Hersteller: NSU-Motorenwerke-Aktiengesellschaft, Neckarsulm, Deutschland. Type: NSU-Prinz IV Luxuslimousine.

. Messungen, durchgeführt mit vier erwachsenen Personen: Geschwindigkeit in den einzelnen Gängen: 1. Gang 0 bis 35 km/h, 2. Gang 15 bis 75 km/h, 3. Gang 30 bis 100 km/h, 4. Gang 40 bis 119 km/h.

Beschleunigung (unter Ausschaltung der Tachometerfehlanzeige): 0 bis 60 km/h in 11,5 Sekunden, 0 bis 80 km/h in 19 Sekunden, 0 bis 100 km/h in 40 Sekunden, Höchstgeschwindigkeit 119 km/h.

Gemessener Verbrauch: Überland zwischen 5,5 und 7 Liter auf 100 km.

Technische Daten: Motor: Zweizylinder-Viertakt- Vertikal-Twin, Bohrung 76 mm, Hub 66 mm, Hubraum 598 ccm, Verdichtungsverhält-nis -,7,5:1, maximales Drehmoment 4,5 m/kg (3?<50 U/min), maximale Leistung, DIN, 30 PS •{-500 U/min), maximale Literleistung 51,5 PS {5500 U/min), Druckumlaufschmierung, drehzahlabhängige Zwangskühlung durch Gebläse. • Fallstromvergaser mit Starteinrichtung und Beschleunigerpumpe Solex 34 PCI, Kraftstoffbehälter vorne unter der Kofferraumhaube, Einfüllstutzen rechts vorne, gegen Geruch vom Kofferraum abgeteilt, 37 Liter Tankinhalt, Kraftstoffreserve 5 Liter, Ölbadluftfilter.

12-Volt-Bosch-Anlage.

Karosserie: Bauart: Limousine, innere Breite vorne in Ellbogenhöhe 1275 mm, innere Breite hinten in Ellbogenhöhe 1285 mm, Sitzbreite hinten 1260 mm, Sitztiefe vorne 450 mm.

Lenkung: Zahnstangenlenkung mit symmetrisch geteilten Spurstangen, Spurkreisdurchmesser 8,0 m, kleinster Wendekreis 8,8 m.

Bereifung — Räder: Art der Laufräder: Stahlscheibenräder mit Tiefbettfelgen, Felgengröße 3,50X12“, Reifengröße 4,80-12“.

Maße: Länge über alles 3440 mm, Breite über alles 1490 mm, Höhe über alles (unbelastet) 1360 mm, Höhe über alles (bei voller Belastung) 13 30 mm, Radstand 2040 mm, Spurweite vorne 1230 mm, Spurweite hinten 1200 mm.

Gewichte: Leergewicht nach DIN 70020, vollgetankt, fahrbereit 565 kg, Zuladung 435 kg, zulässiges Gesamtgewicht 1000 kg.

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