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Das moderne Großreparaturwerk

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Heute besitzt fast jede ausländische Generalvertretung einer Kraftfahrzeugmarke ein Groß-reparaturwerk, und jene, für die das noch nicht zutrifft sind eifrig bemüht, eines zu schaffen, denn der moderne Kraftfahrer fordert heute von seinem Händler nicht nur ein fabrikneues Automobil, sondern er erwartet auch, daß ihm dieses sein Fahrzieug fachgerecht gepflegt, gewartet und überholt wird.'Dazu sind nicht nur entsprechend große Anlagen, sondern auch erstklassig geschultes Personal und ein entsprechendes Ersatzteillager sowie Spezialwerkzeuge erforderlich, um die Arbeit exakt und in möglichst kurzer Zeit durchfuhren zu können, denn der Kraftfahrer stellt heute als weitere Forderung rascheste Durchführung von Reparatur- und Pflegearbeiten.

Normalerweise spielt sich eine Ueberholung so ab, daß das Fahrzeug am Morgen gebracht und am Abend bereits wieder dem Kunden voll einsatzfähig übergeben wird. Nur bei wirklich großen Reparaturen ist der Kunde gewillt, einige Tage auf die Fertigstellung seines Wagens zu warten. Eine wichtige Forderung ist daher der möglichst rasche Durchsatz eines Reparaturwerkes. Das aber bedingt weitgehende Rationalisierung. Die Tatsache, daß heute viele Automobilfabriken Pauschalbeträge für häufiger auftretende Ueberholungs- bzw. Reparaturarbeiten verlangen, stellt an die Rationalisierung des Werkes große Anforderungen, denn die diesbezüglichen Beträge sind meist sehr knapp kalkuliert. Vielfach sind es gerade diese Pauschalbeträge, die für den Erwerb dieser oder jener Type maßgebend und mitverantwortlich sind. Man ist daher bestrebt, möglichst jeden tinnützen Handgriff, jeden unnützen Weg auszuschalten. Dies erfordert anderseits aber wieder eine äußerst korrekte und bis ins letzte ausgefeilte Betriebsführune.

Eines der modernsten Werke, die derzeit in Oesterreich in Betrieb sind, wurde vor einiger Zeit von der Firma Opel & Beyschlag eröffnet. Hier wurde wirklich weitestgehend rationalisiert. Ueber der Hauptmontagehalle befindet sich ein Leitstand bzw. die Reparaturzentrale, in der drei Angestellte damit beschäftigt sind, genaueste Dispositionen über jedes in Arbeit befindliche Fahrzeug zu treffen. Jeder Arbeitsplatz ist durch Telephon mit dieser Zentrale verbunden, eigene Rohrpostanlagen stellen direkte Verbindungen her. Auf diese Weise können Arbeitsaufträge ohne jede Verzögerung oder einen Mittlerdienst durch Dritte direkt und in kürzester Zeit weitergeleitet werden. Ständig geführte Statistiken in der erwähnten Zentrale werden mithelfen, die Arbeitszeit immer weiter zu verkürzen, wodurch einerseits der Kunde rascher zu seinem Fahrzeug kommt, anderseits das Werk bei den meist durchgeführten Pauschalarbeiten entsprechend auf seine Rechnung kommt. Der einzelne Arbeiter, der solchen Rationalisierungsbestrebungen unter Umständen einen gewissen Widerstand entgegensetzt, wird dadurch gewonnen, daß er durch finanzielle Beteiligung selbst an der raschen Durchführung seiner Arbeiten interessiert ist. Auf der anderen Seite verhindert man nachlässige Arbeit dadurch, daß bei berechtigten Beanstandungen seitens des Kunden die notwendige Nacharbeit dem Arbeiter von seinen Leistungsprämien nach einem gewissen Schlüssel abgezogen wird. Er ist daher in seinem eigenen Interesse gezwungen, die anfallenden Arbeiten rasch und korrekt durchzuführen. Das Leistungsprinzip gilt aber nicht nur für die in der Werkstätte Beschäftigten, sondern auch für alle anderen Betriebsangehörigen in gleicher Form. Der Umstand, daß die Hallen freundlich, sauber und vor allen Dingen mit erstklassigen Werkzeugen und Vorrichtungen ausgestattet sind, ist zweifellos auch ein Faktor, der sich sicher positiv auf die Arbeitsmoral auswirkt.

Ueberhaupt wirken moderne Reparaturwerke eher wie sehr gepflegte Garagen und haben nur mehr sehr wenig mit den früher wohlbekannten, mit Maschinen und Geräten vollgeräumten Werkstätten zu tun. Die zahlreichen Arten von Maschinen von ehedem sind heute überholt, denn die moderne Reparatur geht nicht von der Neuanfertigung oder Ueberholung eines Bestandteiles oder Aggregats aus, sondern es werden fast ausschließlich fertige Ersatzteile im Austauschwege verwendet. Die heute in modernen Großreparaturwerken verwendeten maschinellen Anlagen sind vor allen Dingen Prüfstände aller Art, die genaueste Kontrollen aller Teile ermöglichen und auch dafür garantieren, daß dem Besitzer das Fahrzeug effektiv in bestmöglichem Zustand mit den von der Erzeugerfirma vorgeschriebenen Einstellwerten übergeben wird. Diese Prüfgeräte haben aber nicht nur die Aufgabe, das Fahrzeug so einzustellen, daß Maximalwerte erreicht werden, sie haben auch den großen Vorteil, daß sich in kürzester Zeit durch entsprechende Meßmöglichkeiten der verschiedensten Arten Unregelmäßigkeiten, Fehlerquellen oder Reparaturerfordernisse erkennen lassen. Mit Hilfe eines erfahrenen Personals, das über entsprechende Vergleichswerte verfügt, kommt es zu sehr genauen Diagnosen. Wer nach der Reparatur sein Fahrzeug übernimmt, kann sicher sein, wieder über ein Fahrzeug zu verfügen, das unter Berücksichtigung der entsprechenden Laufzeit maximale Leistung bei größtmöglicher Verkehrssicherheit aufweist. Dies ist nicht nur für den Wirtschafttreibenden, der sein Fahrzeug für das Geschäft benötigt, von größter Wichtigkeit, sondern auch etwa für den auf eine größere Reise gehenden Kraftfahrer äußerst beruhigend.

Das Großreparaturwerk ist ein Erfordernis der modernen Zeit. Es hat sich nicht nur schon durchgesetzt, sondern es wird ständig vervollkommnet.

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