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Computer in der Verwaltung

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Wenn von Verwaltung ganz allgemein gesprochen wird, so taucht zumindest bei den meisten Menschen die Meinung auf, daß damit nur die öffentliche Verwaltung genannt sein kann. Das ist schon darin begründet, daß diese Art der Verwaltung den größten Teil umfaßt, während die Verwaltung im privaten Sektor gegenüber der nach außen hin erscheinenden Tätigkeit, wie Produktion, Verkauf usw., in den Hintergrund tritt. Es wird dabei aber übersehen, daß auch die Durchführung der Aufgaben, die an den Privatunternehmer gestellt werden, lediglich mit Hilfe der nach außen hin unsichtbaren Verwaltung erledigt werden kann. Es kommt zwar auch heute noch vor, daß gewisse Geschäfte ohne irgendwelche Verwaltungstätigkeit abgewickelt werden, doch von diesen Geschäften wollen wir hier nicht sprechen und sie dort belassen, wo sie auftauchen, nämlich in der grauen oder sagen wir besser dunklen Umgebung. Ein Betrieb ohne Verwaltung ist heute nicht mehr existenzfähig. Sicher ist, daß der Umfang der Verwaltungstätigkeit in den letzten Jahrzehnten wesentlich zugenommen hat. Es ist dies darauf zurückzuführen, daß der moderne Staat mit der Übernahme und dem Ansichziehen von größeren und mehr Aufgaben diese trotz seiner bewußten Ausbreitung selbst nicht mehr erfüllen kann und zur Erledigung seiner übernommenen Verpflichtungen nach Erfüllungsgehilfen angelt, wobei er sich auch des privaten Verwaltungsapparates bedient. Denken wir hier nur an die Ausweitung der Lohnbüros in den einzelnen Betrieben durch die Kompliziertheit der Abrechnungsvorgänge, denken wir an die Ausweitung der Nachweise für die Sozialversicherungsinstitute und denken wir an die verzweigte Tätigkeit, die ein Großunternehmen, ein mittlerer Betrieb, ja sogar eine Greißlerei entfalten muß, um die erforderlichen Unterlagen den Steuerbehörden zur Verfügung zu stellen. Was liegt also näher, als danach zu trachten, eine Erleichterung der durch Hoheitsakt aufgetragenen Durchführungsarbeiten zu erzielen. Was liegt also näher, als zu versuchen, Arbeiten einer Maschine anzuvertrauen, die diese nicht nur schneller und frei von menschlichen Unzulänglichkeiten bewältigen kann, sondern in weiterer Folge auch bewirkt, daß der Mensch als vernunftbegabtes Wesen seinen Geist nicht auf Gebieten einsetzt, die einer geistigen Betätigung nicht oder fast nicht bedürfen. Diese Situation wurde auch im Zuge der menschlichen Entwicklung logisch und richtig erkannt. In dem Moment, da der Mensch sozusagen zur Maschine degradiert werden sollte — also sich eine Häufung niederwertiger Arbeiten ergeben hat —, in dem Moment hat sich der menschliche Geist aufgelehnt. Durch diese „Geistesrevolution” wurde das Hilfsmittel, die Maschine, erfunden. Sie gestattet die Übernahme mechanischer Arbeiten und bewirkt die Freimachung des mit höheren Gütern ausgestatteten Lebewesens für die höherwertige Arbeit. Damit wurde aber die besagte „Geistesrevolution” zur „Geistesevolution”, das heißt, daß — obwohl an der Wiege der Automation der Revolutionsgedanke der Umwälzung und Ersetzung des alten durch neue und moderne Gedankengänge da war — in der Entwicklung und durch die Erfindung der Maschine nicht das revolutionäre Moment, sondern das ethische der Besserstellung des Menschen innerhalb seiner wirtschaftlichen Gegebenheiten den Sieg davontrug. Solange die Verwaltungsarbeit gering war und sich mehr oder weniger konzeptiv gestaltete, war das Bedürfnis, diese Arbeit abzuwälzen, nicht vorhanden. Erst mit dem Aufpropfen repetitiver Arbeiten sank die Qualität der Arbeit, und sie wurde so zum Schema. Ursprünglich genügte die Schreibmaschine, in weiterer Folge kamen dann die Buchungsmaschinen, Tabelliermaschinen, Lochkartenmaschinen usw., bis wir, vorläufig zumindest, bei den elektronischen Computern angelangt sind, die mit rasanter Geschwindigkeit Aufgaben lösen, deren Vorbereitung.wohl unvergleichlich mehr Zeit in Anspruch nimmt als deren Druchführung. Der Zug von den konventionellen Maschinen zu den elektronischen Anlagen ist — mit dem Anwachsen der Aufgabengebiete und der größeren Routine —, jetzt auch Arbeiten der Maschine anzuvertrauen, die man früher glaubte, nur herkömmlich, das’ heißt hündisch, lösen zu können. Vieles davon kann aber dem Menschen „abgenommen” werden.

Dabei müssen wir uns aber fragen, ob und wie die Maschine den Menschen ersetzen soll. Selbstverständlich ist der moderne Unternehmer interessiert, seinen Betrieb den neuesten Gegebenheiten anzupassen, ahn konkurrenzfähig zu halten und darauf zu achten, daß er gegenüber seinen Konkurrenten nicht in das Hintertreffen gelangt. Daher wird er auch durch entsprechende Einholung von Informationen, Besichtigungen und Gesprächen darauf aus sein, seinen Betrieb besser zu gestalten, konkurrenzfähiger zu halten und mehr als das zu bieten, was ein Nachbar leistet. Daher passiert es auch, daß er in Unkenntnis der Rentabilität bestrebt ist, eine Rationalisierung und damit eine VerbilUgung innerhalb eines Betriebes zu erreichen, die er sich mit Hilfe des Einsatzes von Maschinen erhofft. Es geschieht in nicht allzuwenig Fällen, daß maschinelle Investitionen getätigt werden, die ä la longue zu keinem oder nur zu einem ganz geringen Ergebnis führen und bei scharfer Konkurrenz und Kalkulation schließlich eine Belastung darstellen. Daraus allein ist erkennbar, daß eine Verwendung von Maschinen einer sinnvollen Überprüfung zugeftihrt werden muß. Nicht jeder, der sich einbildet, gewisse Arbeiten durch die Maschine erledigen zu können, hat recht, und nicht jeder, der von heute auf morgen durch Anschaffung von Maschinen auf das Rationalisierungsergebnis wartet, hat die richtige Investition gemacht. Es erweist sich immer wieder, daß der Einsatz von Maschinen nur dann richtig und förderlich ist, wenn eine entsprechende Planung, und zwar eine minutiöse, das heißt, eine detaillierte, da Gesamtmaschtoenprogramm umfassende Planung vorher erfolgt.

Was für die private Wirtschaft gilt, gilt Aber auch für das große Gebiet der gesamten öffentlichen Verwaltung. Es kann nicht oft genug betont werden, wie Wichtig und wie dringend notwendig es ist, daß die Erledigung des stark ausgeweiteten Aufgabenkreises der Staatsagenden nicht durch eine fortschreitende Vermehrung Von Beamten und Angestellten abgefangen wird. Es müßte vielmehr für die gesamte öffentliche Verwaltung ein rationelles Konzept nach modernen verwaltubgstechni- sehen Gesichtspunkten entwickelt werden, Wobei das Gros der Arbeit mit Hilfe von Maschinen zu bewältigen wäre. Es ist hier der Platz, eindringlich vor einer Ausweitung von Dienstposten zu warnen, nicht nur aus dem Grunde, weil die Qualität der sich dem öffent- Iiehen Dienst Anbletenden nicht zuletzt wegen der Gehaltseite schon jetzt weit Unter dem Durchschnitt liegt und es dann schließlich dazu kommen muß, daß durch ©ine planlose Vermehrung der Staatsbediensteten der einzelne und auch das ganze Korps mehr und mehr an Ansehen und Bedeutung verliert. Das Schlagwort von der „Verwaltungsreform” ist sicherlich nicht nur ein Schlagwort derjenigen, die die herrschenden Züge in der Verwaltung genau sehen. Es 1st, meiner Meinung nach, ein wirkliches Bedürfnis und eine wirkliche Notwendigkeit. Daß es bisher nicht dazu gekommen ist, ist nur damit zu erklären, daß der größere Teil der Angesprochenen den Sinn dieses „Schlagwortes” nicht näher einer Prüfung unterzogen hat, Wohl in den Ruf einstimmt, aber sich in keiner Weise mit der Durchführung beschäftigt. Und auf dieser Linie liegt auch der Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen in der öffentlichen Verwaltung. Auch hier droht eine ernste und erfolgträchtige Idee zum Schlagwort zu werden.

Neueren Erkenntnissen nicht abhold und bestrew, der abgedroschenen „Verwaltungs- reform” ein modernes Licht aufzusetzen, beschäftigen sich ln der letzten Zeit die verschiedensten Persönlichkeiten mit diesen Fragen und erklären, hier und dort Maschinen elnietzen zu wollen, um Teile der Verwaltungsurbeit, besonders infolge des herrschenden Menschenmangels, der Datenverarbeitung Züzuführen. Der Verfasser, Seit über einem Jahrzehnt mit solchen Fragen befaßt, stimmt hundertprozentig ein in den Ruf jener, die sich auf diesem Wege eine Lösung der verschiedensten Verwaltungsprobleme erhoffen. Unter einem muß aber betont werden, daß hier Vorsicht am Platz ist. Abgesehen davon, daß das Verwaltungsgebiet, das sozusagen maschinenreif ist, genau erfaßt sein muß, ist nicht zu übersehen, daß heute keine Wirklich geschulten Datenverarbeitungsfachleute existieren, Die Automation hat es bewirkt, daß sie ein Feld geboten hat, das finanziell jedem, der ich ihr mit ihrem Aufkommen zur Verfügung gestellt hat, große Möglichkeiten bietet, In weiterer Folge bietet sie eine Arbeit, die heute noch — im Mittelalter hätte man gesagt — als „schwarze Kunst” gilt. Es ist verständlich, daß unter solchen Umständen Menschen tätig wurden und werden und zu Positionen gelangten und gelangen, die sie unter normalen Umständen nie hätten ausfüllen können. Wer aber soll hier eine Einteilung oder sogar eine Überprüfung durchführen? Die sogenannten Manager bzw. leitenden Persönlichkeiten, die heute 1h einem Alter stehen, in dem sie sieh nicht mehr gerne mit der sogenannten „zweiten industriellen Revolution” — wie das Zeitalter der Automation genannt wird — beschäftigen wollen, haben die Grundbegriffe — und um die handelt es sich ja — selbstverständlich nicht aufgenommen, Und so kommt es dazu, daß eine Situation voriiegt, die ich als Übergangsstadium zum „Zeitalter der Automation” bezeichnen möchte. Wenn es dazu kommt, und dies ist nicht zu verhindern, daß ein allgemein- und berufsbildender Unterricht für dieses spezielle Fachwissen eingeführt wird, werden auch im Laufe der Jahre ausgebildete Kräfte heranwachsen, denen gegenüber nichts mehr als „schwarze Kunst” ersehelften wird. Natürlich sollte man damit nicht zuwarten und sollte bestrebt sein, hier so rasch als möglich Hilfe zu schaffen, damit die Wohltat der Automation, über die zu sprechen in diesem Aufsatz nicht Aufgabe sein soll, zum Wohle des einzelnen und der Gesamtheit ©intreten möge.

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