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Autofruhling

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In wenigen Wochen wird die Wiener Frühjahrsmesse traditionsgemäß ihre Pforten öffnen, um all das zu zeigen, was es auf dem österreichischen Markt Interessantes und Kaufens-wertes gibt. Bemerkenswert ist jedoch heuer, daß in ihrem Rahmen nach zwei Jahren Pause wieder die Internationale Automobil- und Motorradausstellung stattfindet. Außer dem, was Oesterreich auf diesem Gebiet leistet, wird auch eine ganze Reihe ausländischer Vertretungen ihre Modelle vorstellen. Dadurch wird man einen Ueberblick über die internationale Fertigung gewinnen können. Man erwartet auch wieder für die heurige Schau einige interessante Neuheiten, um nicht zu sagen Sensationen. Eines können wir auf jeden Fall heute schon feststellen: Es wird für jede Geldtasche sicherlich zumindest ein Fahrzeug zu sehen sein, denn die Kraftfahrzeugindustrie hat im Laufe der Nachkriegsjahre alle nur denkbaren Lücken geschlossen und darüber hinaus Typen geschaffen, die es vor dem Kriege noch gar nicht gab. Es wird demnach vom Fahrradhilfsmotor bis zum schwersten Lkw. ein Querschnitt durch die gesamte Kraftfahrzeugproduktion geboten werden.

Wenn auch die reinen Nutzkraftfahrzeuge, wie Omnibusse, Lkw. und Traktoren, nicht allgemeines Kaufinteresse finden können, weil sie zweckgebunden sind und eben nur für die Wirtschaft in Frage kommen, so soll dennoch erwähnt werden, daß es sich gerade hier überwiegend um österreichische, also heimische Erzeugnisse handeln wird. Wir wollen der Auto-mobilaüsstellung nicht vorgreifen — dies wäre auch gar nicht leicht, denn vielfach wissen die Industrie und die Händler heute noch nicht, welche Novitäten letzten Endes wirklich zur Ausstellung gelangen —, jedoch ist es sicher, daß die in Oesterreich gefertigten Erzeugnisse auf diesem Gebiet durchaus internationales Niveau besitzen bzw. besitzen werden. Der österreichische Nutzkraftwagen genießt heute auch im Ausland einen sehr guten Ruf, da die Anschaffungskosten im Verhältnis zu seiner Leistung und Lebensdauer billig sind. Auch die heimischen Autobuserzeugnisse können sich mit jenen des Auslandes ohne weiteres messen.

Es ist nicht schwer vorauszusagen, daß das größte Publikumsinteresse dem Sektor der Kleinkrafträder, der Mopeds und der Roller gelten wird. Die schwereren Motorräder sind heute, bedingt durch die geringen Anschaffungskosten geschlossener Fahrzeuge, leider etwas ins Hintertreffen geraten, obwohl es ihrer Konstruktion nach heute weniger berechtigt ist denn je. Die moderne Motorradkonstruktion hat in den letzten lahren einen Grad der Vollkommenheit erreicht, der auch dem ihm gleichgültig Gegenüberstehenden Hochachtung abzwingt, soweit er auch nur eine gewisse Ahnung von Technik hat.

Ist die Aufmerksamkeit des Motorradkäuferpublikums voraussichtlich vor allen Dingen auf die kleinen und kleinsten Einheiten konzentriert, so sind es auf dem Sektor des Automobils vorzüglich die Klein- bis Mittelklassewagen, denen erfahrungsgemäß große Beachtung geschenkt wird. Der Kleinstwagen, so interessant er als Konstruktion und so brauchbar er als fahrbarer, witterungsgeschützter Untersatz ist, hat dank Konjunktur nicht den Verkaufserfolg zu verzeichnen, den man ihm noch vor wenigen Jahren als ziemlich sicher voraussagen konnte, obwohl es heute auf diesem Gebiet eine Reihe von wirklich erstklassigen, sehr hübschen Konstruktionen gibt, die weit von bloßen „Notlösungen“ entfernt sind. Sie sind erstens aus dem Bereich des Versuches schon lange heraus und haben sich zweitens zu einer eigenen Fahrzeugkategorie entwickelt, die im allgemeinen gar nicht den Ehrgeiz besitzt, dem Automobil so ähnlich als möelich zu sein. Es ist hier eine ähnliche Entwicklungsrichtung zu verzeichnen wie beim Roller. Hier handelt es sich wohl in beiden Fällen um einspurige Fahrzeuge, die jedoch ihrer Konzeption und Ausführung nach vollkommen getrennte Wege gehen.

Aber nicht nur die Automobil- und Motorradschau wird mit Neuerungen und bereits bekannten Erzeugnissen aufzuwarten haben, auch der Zubehörhandel wird zumindest mit den größten Firmen vertreten sein, und hier werden sich sicherlich sehr sehenswerte kleinere Details für das Kraftfahrzeug finden, die praktisch und billig sind und den Fahrbetrieb, die Wartung des Fahrzeuges oder dessen Bequemlichkeit unter Umständen fühlbar steigern können. Wir möchten heute schon darauf hinweisen, daß alle unsere verehrten Leser, die die Automobilausstellung besuchen werden, dies nicht allzu rasch tun mögen, denn es ist eine bekannte Tatsache, daß durch die Vielfalt des Gebotenen die wirklich beachtenswerten Dinge leicht übersehen werden, und dies natürlich auf dem Gebiet des Zubehörs, das im allgemeinen nicht so sehr anspricht wie etwa die oft bestechend schöne Linienführung der Fahrzeuge, wenn sie im Scheinwerferlicht erstrahlen. Gerade für den alten, ausübenden Kraftfahrer aber bietet der Zubehörhandel meist weit wichtigere Kleinigkeiten, an denen dann vorbeigegangen wird, obwohl gerade sie es wären, die sich der Beschauer einerseits leisten könnte und anderseits effektiv benötigen würde. Der Weg durch eine solche Ausstellung ist vielleicht vergleichbar mit einem Museumsbesuch. Man soll ihn systematisch und nach ganz gewissen Richtlinien durchführen, da man sonst zwar alles, aber doch nichts wirklich gesehen hat.

Wir werden an dieser Stelle zu gegebener Zeit ausführlich über die diesjährige Internationale Automobil- und Motorradausstellung berichten und uns natürlich vor allen Dingen der Novitäten annehmen, um sie den interessierten Lesern in entsprechender Weise zur näheren Betrachtung zu empfehlen.

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