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Lichtbild und Film

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1931 fand in Wien die III. internationale Lehrfilmkonferenz statt, Veranstalter waren die Internationale Lehrfilmkammer, Basel, und der Österreichische Bildspielbund. Abgesehen von der besonderen Förderung seitens des Ministeriums, haben der Österreichische Lichtbild- und Filmdienst, der österreichische Schulkinobund und die Lichtbild- und Filmarbeitsgemeinschaft der Mittelschullehrer bei der Vorbereitung und Durchführung der Tagung wesentliche Mitarbeit geleistet. Allseitige und größte Anerkennung seitens der Kongreßteilnehmer fanden damals die an verschiedenen Volks-, Haupt-, Mittel- und Gewerbeschulen während der Unterrichtsstunden in den Klassenzimmern durchgeführten Musterfilmvorführungen. Damit sei, so hieß es, in der noch umstrittenen Frage der Verwendung des Films im Unterricht der augenscheinliche Nachweis erbracht worden, wie die Sache praktisch wirklich auszusehen hätte. Auf dieser Tagung ist auch die 16-Millimeter-Filmbreite als internationales Format für den Unterrichtsfilm empfohlen worden; die endgültige Entscheidung fiel allerdings später.

Zwei Jahrzehnte darauf .(1950) hat die UNESCO der türkischen Unterrichts- verwaltung zwecks Aufbaues einer türkischen Unterrichtsfilmorganisation einen österreichischen Experten, den Leiter der Bundesstaatlichen Hauptstelle für Lichtbild und Bildungsfilm, Professor Dr. Adolf Hübl, empfohlen, und ?war im Hinblick darauf, daß die österreichischen Einrichtungen auf diesem Gebiete als überaus gut. ja mustergültig eingesehen werden können.

Diese Gegenüberstellung soll, ohne auf so manche Einzelleistungen einzugehen, zeigen, daß Österreich, was die Verwendung moderner Anschauungshilfen in der Schule, aber auch in der völksbildne- rischen Arbeit angeht, international durchaus nicht zurücksteht, sondern im Gegenteil seit Jahrzehnten eine gewisse führende Stellung einnimmt.

Der Einbau der heute wohl allgemein anerkannten und geschätzten beiden Lehrmittel, des jüngeren Laufbildes und des älteren Stehbildes, in den Lfnterricht, setzt mehrere voraus: ein entsprechendes Lichtbilds beziehungsweise Film- yerät, geeignete Lichtbilder und Filme, Stromanschluß für den Apparat, eine passende Projektionsfläche und die Mög lichkeit wenigstens einer gewissen Abdunkelung des Lehrzimmers.

Um mit den letzten Punkten zu beginnen: elektrischer Strom ist heute m den allermeisten Schulen vorhanden und yird es in wenigen Jahren wohl überall sein; für das Lichtbild läßt sich übrigens im Notfall auch ohne ihn auskommen (Petroleumgasglühlicht). Als Projektionsfläche kann heute als einfachste und billigste Lösung ein gut weißgehaltener Teil der Zimmerwand empfohlen werden; die notwendige Verdunkelung des Klassenzimmers kann ebenfalls mit verhältnismäßig einfachen Mitteln (Vorhänge, passende große Kartons oder ähnliches) erfolgen, da bei den modernen Geräten mit ihrer großen Lichtstärke eine völlige Verdunkelung im Raum gar nicht mehr .nötig ist, was noch andere Vorteile mit sich bringt: so die Möglichkeit des Niederschreibens von Notizen während der Vorführung, gegebenenfalls auch bessere Aufrechterhaltung der Disziplin. Schon hier sei festgehalten, daß — der ideale Fall — das Zeigen von Lichtbildern oder eines Unterrichtsfilms im eigenen Klassenzimmer möglich sein soll; doch ist auch in vielen Schulen ein sogenanntes Lichtbildzimmer, das ist ein Lehrsaal, der für die Projektion von Steh- und Laufbildern besonders eingerichtet ist, in Verwendung, was gewisse Nachteile mit sich bringt, freilich auch wieder mit Vorteilen verbunden sein kann.

Das Wesentliche aber ist und bleibt: geeignete gute Bilder und Filme und dazu die notwendigen zweckentsprechenden Vorführungsgeräte. Der Unterrichtsfilm hatte als „lebendigstes" Lehrmittel das Lichtbild in den vergangenen Jahren etwas in den Hintergrund gedrängt. Da muß zunächst die Frage behandelt werden, wann rind wieweit sind Laufbilder und Stehbilder wirklich von Nutzen für den Unterricht. Darüber, daß sie es sein können, herrscht kein Zweifel: daß in verschiedenen Gegenständen, etwa in der Maturgeschichte, der Heimatkunde und der Geographie, aber auch in der Physik und der Chemie (besonders bei technischen Anwendungen) und noch in so 'manchen anderen Fächern charakteristische Stehbilder oder ein solches Lauf-

bi’ld manches verständlicher machen und klären, vertiefen tmd verankern kann,

wie es der Lehrer allein, wenigstens in so kurzer Zeit, gar nicht zu erreichen vermag, ist zu bekannt und zu leicht ein- zusehen, als daß noch mehr darüber gesagt werden müßte. Von Wichtigkeit aber ist, daß sich manches besser am ruhigen Stehbild klären und erfassen läßt (kunstgeschichtliche Betrachtungen, Erklärung einer Landschaft, einer technischen Einrichtung usw.), daß aber gerade in anderen Fällen der Film mit seinem bewegten Bild wertvoll, ja notwendig erscheint (das Tier in seiner Bewegung und in der Umwelt, die Meeresbrandung, ein Vulkanausbruch, bewegte Maschinenteile, womöglich auch im Trick dargestellt, usw.). Lichtbild und Film, insbesondere der letztere, sollen aber auch nicht in übertriebener Weise zur Anwendung kommen, schon gar nicht gehäuft an gewissen Tagen — heute ist Filmvorführung! —, sondern stets nach didaktischer Notwendigkeit in das besondere Lehrgut eingebaut, dort, wo sie eben zur Veranschaulichung eines Stoffes wirklich benötigt werden. Ihre Verwendung will ebenso wie bei anderen Lehrmitteln gelernt sein. Die einzelne Vorführung muß gewissenhaft vorbereitet werden (Auswahl, vorherige Besichtigung, um dann in der Unterrichtsstunde alles herauszuholen, was möglich ist).

Schon hier sei gesagt, daß Österreich gegenüber verschiedenen Stimmen, zum Beispiel aus den USA, den Standpunkt vertritt, im allgemeinen sei der stumme Unterrichtsfilm am Platz, dehn eine musikalische Untermalung sei überflüssig und ablenkend, ein Sprecher mit Erklärungen im Film selbst sei für Lehrer und Schüler eher hindernd, letztere können auch nicht für jede Altersstufe und jede Klasse passen. Die Schüler sollen ja vor allem schauen und selbst mit Hilfe des Lehrers im gemeinsamen Gespräch all das finden, was zum gesehenen, Bild zu sagen ist. In einzelnen Fällen freilich, wo etwa Tierlaute, technische Geräusche, insbesondere aber die menschliche Sprache wiederzugeben ist, also in eigenen Filmen für den Fremdsprachenunterricht, wird freilich auch der Tonfilm am Platze sein. Für den letzteren Zweck wird er übrigens heute bereits in verschiedenen unserer Mittelschulen eingesetzt.

Wie beschafft sich nun aber die Schule die gewünschten Bilder und Filme? Wenn es auch Lehrpersonen geben mag, die als hervorragende Amateurphotographen in der Lage sind, eigene passende Aufnahmen im Unterricht zu zeigen, so kann dies, ganz abgesehen von der finanziellen Seite, niemals eine Lösung bedeuten. Es müssen vielmehr geeignete Bilder und Filme für die Schulen bereitgestellt werden. Dabei erscheint es wünschenswert, daß wenigstens, was die Lichtbilder angeht, zumindest jede größere Schule mit der Zeit eine eigene gute Lichtbilder Sammlung anlegt, wie dies auch schon früher zum Teil der Fall war, Beim Film ist es aber aus mehrfachen Gründen nicht zu machen (Kosten, Austrocknen des

Films). Filme müssen also aus einer Bildstelle bezogen werden.

Zum Vorführen gehört aber auch das zweckdienliche und verläßliche Gerät, das freilich sachgemäß und sorgfältig bedient und gewartet werden muß. Dieses sollte der Schule stets zur Verfügung stehen daher ist anzustreben, daß jede Schule zumindest ein Lichtbild- und ein Filmgerät ihr eigen nennt. Das ist aber heute noch nicht der Fall, daher muß auch das Gerät oftmals aus einer Bildstelle entlehnt werden.

Die im folgenden kurz geschilderte Unterrichtsfilmorganisation geht in ihren Anfängen auf das Jahr 1937 (Unterrichtsfilmaktion für die Mittelschulen) zurück. Leihstellen für Lichtbilder gab es aber schon viel früher, so besonders in Wien.

In gaire Österreich bestehen heute, und zwar fast durchwegs am Sitz der Bezirkshauptmannschaft (Bezirksschulrat), 90 Bezirksbildstellen, die an die Sieben Landesbildstellen angeschlossen sind (in jedem Bundesland,' für Wien, Niederösterreich und das Burgenland eine große gemeinsame Stelle in Wien IX, Sensengasse 3). Diese Bildstellen sind mit Film- und Lichtbildgeräten, mit Unterrichtsfilmen und Lichtbildreihen ausgestattet, welche vdn allen Schulen gebührenfrei entlehnt werden können. Die Aufgabe der Bundesstaatlichen Hauptstelle für Lichtbild und Bildungsfilm, ebenfalls Wien IX, Sensengasse 3, aber ist es, aus den Mitteln des eingehenden Unterrichtsfilmbeitrags, den jeder Schüler (die landwirtschaftlichen Schulen ausgenommen), soweit nicht eine Befreiung aus sozialen Gründen vorliegt, einzahlt (derzeit S 1.10, seit 1947/48 noch nicht erhöht) für die

Beschaffung (Neuherstellung) von Unterrichtsfilmen und Lichtbildern, womöglich aber auch von Bild- und Filmgeräten zu sorgen und diese den Landesbildstellen zwecks Weitergabe an die Bezirksbildstellen zuzuteilen. Der Unterrichtsfilm wird im 16-Millimeter-Format ausgegeben. Für die Lichtbilder ist nach längeren Überlegungen und Versuchen das Kleinformat 5X5 Zentimeter gewählt worden (leichteres Gewicht, bedeutend geringere Kosten als beim seinerzeitigen Norm-'

format 8,5 X 10 Zentimeter und Bildqualität heute durchaus gleichwertig). Den Bemühungen des Ministeriums beziehungsweise der Hauptstelle ist es gelungen, österreichische Firmen für die Erzeugung von Film- und Bildgeräten zu gewinnen, bei denen allen Anforderungen und Wünschen der Schule Rechnung getragen ist: es sind die das 16-Millimeter - Eumig - Filmgerät, der 16-Millimeter - Ditmar - Filmprojektor, ferner die Kleinbildwerfer „Optilux , „Pantax und Wica II . Alle diese Geräte ergeben, in einem normalen Klassenzimmer von etwa 18 Meter Länge an der Rückwand aufgestellt, ein Projektionsbild von ungefähr 1,60 X 1 60 Zentimeter (Brennweite beim Filmgerät 5 Zentimeter, beim Bildgerät 18 Zentimeter). Da der Unterrichtsfilmbeitrag in den letzten Jahren nicht mehr ausgereicht hat, infolge der allgemeinen Preissteigerungen neben Filmen und Bildern auch Apparate zu beschaffen ist es durch eine Vereinbarung mit den Firmen gelungen, für Schulen, bei denen ja die Elternvereinigungen oft finanzielle Hilfe leisten, die Erwerbung dieser Schulgeräte im Wege der Hauptstelle zu verhältnismäßig günstigen Preisen zu erreichen. Insbesondere aber hat die Hauptstelle nicht nur bei vorhandenen guten Filmen Ersatzrollen in großer Zahl den Bildstellen zur Verfügung gestellt, sondern seit 1945 auch zahlreiche neue Unterrichtsfilme geschaffen und hersteilen können, welche in zusammen jeweils hundert Stück allen Bildstellen zugeteilt wurden. In den letzten zwei Jahren war sie ferner bemüht, durch Ausgabe von Kleinbildreihen (durchschnittlich 10 bis 20 Diapositive) dem Verlangen der Lehrer gerade nach inhaltlich und photographisch guten Lichtbildnern Genüge zu tun.

Einige Zahlen sollen diese Darlegungen ergänzen. Die Hauptstelle für Licht bild und Bildungsfilm hat seit 1945 die Zahl der Filmrollen bei den Bildstellen von 16.500 auf 27.500 erhöhen können. Sie hat in den letzten zwei Jahren

90 Kleinbildreihen in fast 1000 Exemplaren herausgebracht. Die Zahl der Unterrichtsfilme (Themen) beträgt heute 470, darunter etwa 100 neue Filme seit 1945, und zwar auch ausländische; des Raummangels wegen kann eine namentliche Aufzählung hier nicht erfolgen. Am wichtigsten aber erscheint, daß die Zahl der Schmalfilmgeräte, die 1945 — den Kriegsereignissen waren 850 zum Opfer gefallen — 1189 betrug, bis Ende 1951 auf 2548 gesteigert werden konnte (Steigerung 114 Prozent!). Damit kommt bereits fast auf jede zweite Schule ein Schmalfilmgerät, womit, soweit Statistiken vorliegen, Österreich unter allen Staaten an erster Stelle stehen dürfte. Von den neuen Kleinbildgeräten sind bereits 900 an den Schulen in Gebrauch.

Diese Ausführungen über unser Schul- film- und Lichtbildwesen müßten noch durch einen Bericht über die Veranstaltung von Schülervorstellungen mit wertvollen Kultur- ynd besonders ausgewählten Spielfilmen in ganz Österreich Ergänzung finden, aber auch durch einen solchen über die Aufgaben der Bildstellen (unter anderem auch Sammlung heimatkundlicher Aufnahmen und Unterstützung der volksbildnerischen Arbeit). Dies mag ein andermal geschehen.

Aus dem Gesagten aber kann wohl der Eindruck gewonnen werden, daß es, nicht zuletzt dank der steten Mitarbeit zahlreicher für Film- und Lichtbild besonders begeisterter Lehrpersonen (vor allem der Leiter der Bildstellen), gelungen ist, diese wichtigen Anschauungsmittel den österreichischen Schulen in reichlichem Maße und durch eine zweckdienliche Organisation zugänglich zu machen und so in fortschrittlicher Weise dem Unterricht und somit unserer heranwachsenden Jugend zu dienen.

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