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Mit Schwerlastwagen zum Nordkap

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Wenn eine Personenwagenfabrik ein neues Modell via Motorjournalisten bekanntmachen will, bieten sich meist zwei Versionen an: Sie schickt in alle Länder, in die sie exportieren will, Demonstrationisfahrzeuge und veranstaltet gleichzeitig, mit Hilfe ihrer Vertretungen, eine Pressekonferenz oder sie ladet die Experten ins Stammwerk ein, wo die Vorführungen, verbunden mit einer Besichtigung der Produktionsstätten, vor sich gehen. Eine dritte Möglichkeit ist die Präsentation an einem auch touristisch interessanten Ort, wobei die südlichen Länder Europas bevorzugt werden, die „Probefahrten“ können dann auch in der Form absolviert werden, daß die Gäste die neuen Fahrzeuge in die Heimat kutschieren. Welche Methode gewählt wird, entscheiden die Marketing-, Werbe- und Verkaufschefs, wobei die Kostenfrage gewiß eine wichtige aber nicht unbedingt die ausschlaggebende Rolle spielt.

Bei Lastwagenherstellern liegen die Dinge anders: Je schwerer die Brocken, je größer die Anzahl der Modellvarianten, um so höher die Kosten, die mit einer gleichzeitigen Vorführung in zahlreichen Exportländern verbunden sind und so liegt nahe, sich der dritten der erwähnten Versionen zu bedienen. Das taten denn auch die schwedischen Saab-Scanda-Werke, besser bekannt unter ihrer früheren Bezeichnung Scania Vabis. 16 Redakteure der bedeutendsten Lastwagenzeitschriften aus zehn europäischen Ländern und aus den USA wurden nach Miittelschweden geflogen, wo acht dicke Brummer (Solofahrzeuge, Sattelschlepper, Anhängerzüge) der verschiedensteil Gewichtsklassen und Abmessungen, Radstände und Achskonstruktionen darauf warteten, von den Redakteuren über 1200 km nordwärts bis nahe an das Nordkap gefahren zu werden.

Die Zeitungsleute lösten einander im Lenken und als Beifahrer ab, die Wagen wurden in Etappen gewechselt, so daß fast alle Teilnehmer beinahe alle Wagen praktisch kennenlernten. Fahrtschreiber und Meßapparate für den Treibstoffverbrauch gestatteten im Zusammenhang mit gewissenhaft geführten Bordbüchern, die Fahrt zahlenmäßig zu erfassen, Aufgabe der Computer im Stammwerk von Scania in Södertälje bei Stockholm wird es sein, die Daten auszuwerten. Die provisorischen Ergebnisse, die bereits nach Beendigung der Fahrt im Zielort Lakselv bekanntgegeben wurden, bestätigen im großen und ganzen die Werksangaben der Prospekte, so beispielsweise, was den Verbrauch pro 100 km anbelangt, und dort, wo es Abweichungen gab, muß berücksichtigt werden, daß neben sehr routinierten Testern auch weniger Geübte am Steuer saßen und daß die Resultate durch die verschiedenen Gewichts- und Längenvorschriften in den diversen durchfahrenen Ländern verzerrt wurden. So durfte das größte der Fahrzeuge, ein 49-Tonnen-Zug, überhaupt nicht nach Finnland einreisen und wurde daher an der Grenze zurückgelassen, an der norwegischen Grenze wiederum mußte ein Teil des Ballastes der ursprünglich voll-beladenen Fahrzeuge abgeworfen werden. Doch es ging ja nicht um Verbrauchsziffern und Durchschnittsgeschwindigkeiten allein (letztere sind übrigens ebenfalls durch die verschiedenen, aber immer streng gehandhabten polizeilichen Bestimmungen bezüglich der hochstzulässigen Geschwindigkeit begrenzt), es ging auch um die Bekanntschaft mit Europas stärkstem Lastwagen, dem neuen Typ 140 mit seinem 350-PS-Motor, und um die Beurteilung der vielen Maßnahmen, iie bei den Saab-Scania-Wagen auf Grund wissenschaftlicher Erkenntnisse getroffen wurden, um das Fahren mit diesen Wagen so sicher und bequem wie nur möglich zu gestalten, denn, daß die Kapitäne der Landstraße Schwerarbeiter sind, ist eine Binsenweisheit, und daß man die Verkehrssicherheit bedeutend erhöhen kann, wenn man das Lenken so ermüdungsfrei wie möglich macht, hat sich-ebenfalls bereits in weiten Kreisen herumgesprochen. Gerade in letzterer Beziehung geschieht bei Scania sehr viel, der Beweis wurde erbracht, denn nach vier aufeinanderfolgenden Fahrtagen mit vielstündigem „Dienst“ waren auch die weniger Routinierten nie überfordert, wozu die ganz hervorragend abgefederten Sitze (auch diejenigen der Beifahrer), die gute Sicht nach allen Seiten, die Geräumigkeit der Kabinen und die relative Geräuscharmut der Motoren und Getriebe, ja selbst der bequeme Ein- und Ausstieg sämtlicher Fahrzeuge beitrugen. Die jeweiligen Endpunkte der vier Etappen der Fahrt waren Piteä am Bottni-schen Meerbusen (das Zentrum der sogenannten „Schwedischen Riviera“), Rovaniemi in Finnland, knapp unter dem Polarkreis, Ivalo. mitten im Land der Lappen, und schließlich Lakselv, das Endziel der Fahrt, wo skandinavische Fachkollegen bereits warteten, um die Wagen auf der selben Strecke nach Schweden zurückzubringen. Die Teilnehmer der ersten Tour hatten, dank der ausgezeichneten Organisation der p. r.-Abteilung des Stammwerkes, die einzigartige Gelegenheit, das Fest der Mitternachtssonne und den Besuch des Nordkaps zu erleben und das nördlichste Fischerdorf der Welt zu besuchen.

Mit diesem „Husar“ der österreichischen Automobilfabriks AG. befinden sich zur Zeit Studenten österreichischer Hochschulen auf dem Wege zur Erstürmung eines Siebentausenders im pakistanischen Karakorum-geblrge

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