Mit "Kunst nach 1970" startet das Haus eine Serie aus der eigenen Sammlung.
Aktionismus neben Albrecht Dürer, Rembrandt neben Roy Lichtenstein und Andy Warhol. Klaus Albrecht Schröder hat der Albertina ein neues Profil verpasst. Soviel ist seit der Wiedereröffnung 2003 und Ausstellungen wie der Günter-Brus-Retrospektive oder der Themenschau über "Pop Art und Minimalismus" gewiss. Jetzt hat der zielstrebige Direktor ein neues Kapitel seiner zeitlichen wie konzeptuellen Erweiterung aufgeschlagen. In der unterirdischen Ausstellungshalle werden 120 großteils monumentale Werke aus der über 20.000 Exponate umfassenden Albertina- Sammlung von Kunst nach 1970 präsentiert.
Dabei handelt es sich um den ersten Streich einer längerfristig angelegten Serie, bei der zweimal im Jahr ein "Szenenwechsel" erfolgen soll - so dass jeweils unterschiedliche Positionen für ein halbes Jahr zu sehen sein werden. Dies ist beim Rundgang gut zu wissen - denn sonst müsste man die Auswahl kritisch hinterfragen. Diese ist bei einer derart ausgewählten Schar von 16 Künstlerinnen und Künstlern zwangsläufig "ungerecht" - und ein "kleiner Ausschnitt, der in keiner Weise repräsentativ ist für die verschiedenen Künstlerschwerpunkte der Sammlung", wie Schröder selbst bekennt.
Ob man Sympathie für die großteils klassisch-monumentalen Werke mit meist gewichtigen Themen hegt oder nicht, stimmig ist die von Kuratorin Antonia Hoerschelmann zusammengestellte Schau in ihrer konzentrierten Hängung allemal. Positiv auch, dass hier das Konzept, österreichische und internationale Positionen zu zeigen, die traditionelle Techniken wie Holzschnitte, Aquarell oder Zeichnung zu neuer Blüte verholfen haben, ohne viele Erklärungen visuell vermittelt wird.
Eine stimmige Schau
Eindrucksvoll gleich zum Auftakt der erinnerungsschwangere mit Lack und Farbe überarbeitete Holzschnitt "Wege der Weltweisheit: Die Hermannsschlacht" (1993) des deutschen Künstlers Anselm Kiefer. Durch die serielle Aneinanderreihung von Porträts bedeutender deutschsprachiger Persönlichkeiten hinterfragt Kiefer, der sich seit Jahrzehnten mit dem schweren Erbe des Nationalsozialismus befasst, in Tableus wie diesen die Identität der deutschen Nation und deren Umgang mit Ikonen der Kultur.
Ganz anders neuere Papierarbeiten der österreichischen Künstlerin Maria Lassnig - berührend unprätentiöse Körperbilder, in denen sich die Malerin im Dialog mit Tieren darstellt. Gleichermaßen ironisch wie melancholisch entwirft sie in dem erstaunlich gegenwärtig erscheinenden grellgelben Aquarell "Die Illusion von meiner Tierfamilie - ein Blatt, das Lassnig 1999 im Alter von 80 Jahren malte.
Zu den Highlights der Schau gehören auch die Kohlezeichnungen des Südafrikaners William Kentridge, einem der vielschichtigsten Künstler der internationalen Kunstszene, dem mit seinen animierten Filmen über die vom Erbe der Apartheid geprägte südafrikanische Gesellschaft auf der Documenta X (1997) der internationale Durchbruch gelang. Kentridges "Reclining Woman" kam erst kürzlich in den Besitz der Albertina, für 60. 000 Euro angekauft von der Firma Arcon bei einem Fundrasing Dinner des Hauses. Ein Beispiel dafür, dass Museen ohne private Sponsoren heute offenbar kaum mehr zu wertvollen Neuerwerbungen kommen. Dass es sich dabei um ein Werk eines kapitalismuskritischen Künstlers handelt, gehört zu den Paradoxien des Kunstgeschehens.
Kunst nach 1970
Aus der Albertina
Albertina, Albertinaplatz 1, Wien 1
www.albertina.at
Bis 16.3. 2008 tägl. 10-18, Mi 10-21h
Katalog hg. v. Klaus Albrecht Schröder Eigenverlag, Wien 2007, 250 S., € 29,-
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