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Die Albertina zeigt, was sie hat, obwohl es nicht zu ihrem Image gehört: amerikanische Zeichnungen und Druckgrafik.

Hört man weltweit den Namen Wiener Albertina, so denkt man sofort an kostbare grafische Blätter vergangener Jahrhunderte. Dürers "Feldhase" ist nur einer der Schätze, die mit dem traditionsreichen Haus in Verbindung gebracht werden. Dass die Albertina auch ein ganz anderes Gesicht hat, zeigt jetzt eine Ausstellung, die Direktor Klaus Albrecht Schröder höchstpersönlich kuratiert hat. Allein der Titel "Pop Art & Minimalismus. The Serial Attitude" signalisiert, dass man bei dieser Schau nicht mit großen Namen zu punkten versucht. Vielmehr basiert die Präsentation auf einer interessanten, kunsthistorisch orientierten Ausgangsthese. Schröder versucht einem breiten Publikum anschaulich vor Augen zu führen, dass die allgemein als gegensätzlich geltenden Kunstrichtungen Pop Art und Minimal Art viele Gemeinsamkeiten aufweisen.

Um diese zu finden, bedarf es eines zweiten Blicks. Denn zunächst stechen die Differenzen ins Auge. Die Pop Art erhebt banale Alltagsgegenstände zum Kunstwerk, Ikonen der Medienwelt wie Pop-Idole und Politiker sind ihre bevorzugten Motive. Auf den Bildern dominieren grelle Farben und eine von der Werbewelt und Massenkommunikation übernommene gegenständlich orientierte Bildsprache. Ganz anders die Minimal Art. Sie entstand als Reaktion auf die mit Inhalten überladene Pop Art in den sechziger Jahren und verbannte alles Gegenständliche aus der Kunst, indem sie ihre Formensprache auf einfache geometrische Grundstrukturen wie Gitter, Quadrat, Kreis reduzierte.

Serien statt Originalen

Beide Kunstrichtungen verbindet jedoch die Absage an die subjektive Handschrift des Künstlers, an die expressive Malgeste, die noch im Action Painting eines Jackson Pollock gefeiert wurde - vor allem aber an das einzelne "auratische" Kunstwerk. Andy Warhols Ausspruch "Ich würde gerne eine Maschine sein", dokumentiert das veränderte künstlerische Selbstverständnis. In Warhols "Factory" wurden demnach keine originalen Kunstwerke von Meisterhand geschaffen, sondern Kunst wurde mittels Siebdrucken, Fotografie, Filmen seriell und betriebsmäßig hergestellt.

"Serialität" bestimmt auch die Minimal Art. Viele Arbeiten dieser Kunstrichtung bestehen wie bei dem Amerikaner Sol Lewitt aus seriell aufgereihten gleichen Teilen, die erst durch das Prinzip der Serienreihe ihre Wirkung entfalten. Auch bedienen sich Minimal-Art-Künstler gerne reproduzierbarer Techniken wie Siebdruck oder Holzschnitt.

Die Parallelen zwischen Minimal Art und Pop Art werden in der Albertina auch für den Nichteingeweihten optisch erkennbar. Besonders gelungen scheint die Präsentation im ersten großen Raum der Ausstellung. Hier hat Klaus Albrecht Schröder eine stimmungsvolle Gegenüberstellung inszeniert. Auf der Hauptwand besticht eine 14-teilige schwarzweiße Siebdruckserie von Chuk Close. Zu sehen ist ein Porträt von Close' Künstlerfreund "Alex" (Katz) in unterschiedlichen Entwicklungsstufen - von ganz dunkel bis nahezu weiß - womit deutlich wird, dass ein und dasselbe Foto ganz unterschiedliche Bilder hervorbringen kann. Close` monumentaler, farblich reduzierter Zyklus tritt mit Andy Warhols bunten Mao-Tse-Tung-Serien aus dem Jahr 1972 in Dialog, die wiederum von den orangen und gelben geometrischen Holzschnitten "Ohne Titel" des Minimalisten Donald Judd spannungsvoll kontrastiert werden. Auch in den folgenden Sälen fehlen große Namen nicht: Stars der beiden Richtungen wie Jim Dine, Roy Liechtenstein, Brice Marden, Richard Serra und Robert Rauschenberg ergeben eine ungewöhnliche Mischung. Dass alle ausgestellten Werke aus den hauseigenen Beständen der Albertina stammen, erstaunt um so mehr. Diesbezüglich zollt der Direktor bei der Pressekonferenz ausnahmsweise seinem Vorgänger Konrad Oberhuber Anerkennung. Denn Oberhuber hat seit den siebziger Jahren kontinuierlich eine Sammlung amerikanischer Zeichnungen und Druckgrafiken aufgebaut.

Hauseigene Sammlung

Mit dieser Schau zeigt die Albertina, dass Grafik auch heute noch eines der zentralen Medien der bildenden Kunst ist. Zugleich wird deutlich, dass man auch ohne große Leihgaben und der Konzentration auf die Kernkompetenz eines Museums - im Fall der Albertina eigentlich Grafik - gelungene Ausstellungen verwirklichen kann.

Zeitgleich mit der Eröffnung von "Pop Art & Minimalismus" hat die Albertina einen weiteren Ausstellungsraum, die so genannte "Kapelle" der Öffentlichkeit vorgestellt. Hier zeigt sich Schröder betont auffällig als für Genderfragen aufgeschlossener Direktor. So wird der neue Raum zur Gänze von der jungen britischen Künstlerin Anoushka Fisz bestellt. In dem Foto-Text-Zyklus "Sleep With Me" thematisiert Fisz den Druck, sich als Frau in einer Männerwelt behaupten zu müssen. Zwar hat man schon überzeugendere Arbeiten zu dieser Thematik gesehen, die Absicht der Albertina, sich der Gender Art zu öffnen, ist dennoch zu begrüßen.

Pop Art & Minimalismus

The Serial Attitude.

Albertina, Albertinaplatz 3, 1010 Wien, Bis 29. August, täglich 10-19 Uhr,

Mittwoch 10-21 Uhr

www.albertina.at

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