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Eine gemeinsame Ausstellung von Kunsthalle Wien und BA-CA-Kunstforum zeigt den Einzug der Superstars in die Kunstwelt.

Es gehört zu den Qualitäten von Künstlern, dass sie Phänomene erkennen, die erst viel später die Massenkultur ereilen. "In Zukunft", prophezeite Andy Warhol Ende der 60er Jahre, "wird jeder für fünfzehn Minuten berühmt sein". Revolutionär war Warhols Aussage, weil sie Berühmtheit nun nicht mehr mit besonderen Talenten oder familiärer Herkunft verband und vorhersagte, dass auch Frau und Herr Jedermann bei entsprechend medialer Präsenz zu "Superstars" werden können. Zumindest kurzzeitig. Wie Recht Warhol hatte, führten Reality-Spektakel und Casting-Shows á la "Big Brother" und "Starmania" drastisch vor Augen. Man mag die Starproduktion durch derartige tv-Formate als Demokratiegewinn oder endgültigen Kulturverfall sehen, Teil der medialisierten Gegenwartsgesellschaft sind sie auf jeden Fall. Dies zeigt schon allein der Begriff "Superstar", der seit den 80er Jahren geradezu inflationär verwendet wird - und dass für Prominente aller Sparten, ob aus Politik, Sport, der Musik-oder Filmbranche. Dass auch die Kunstszene ihre "Superstars" braucht, versteht sich von selbst. Ohne Selbstinszenierung und geschicktes Ego-Marketing kann ein Künstler heute kaum mehr reüssieren.

Kunst als Ego-Marketing

Die Wurzeln der Vermarktung von Künstlern reichen allerdings bis in die Renaissance zurück. Bereits der Vater der modernen Kunstgeschichte Giorgio Vasari erkannte, dass ein Künstler nicht nur durch sein Werk, sondern auch durch die Mythisierung seiner Person bedeutsam wird. Durch die 1550 erstmals erschienenen "Viten" trug Vasari dazu bei, dass Künstler wie Raffael noch Jahrhunderte später, etwa von den deutschen Romantikern, wie Heilige verehrt wurden. Allerdings hat die Verehrung und Produktion von Stars im Zeitalter der weltweit ausstrahlenden Mediensysteme wie Fernsehen und Internet eine bisher nie da gewesene, globale Dimension erreicht.

Die Superstars der Kunst

Ausgehend von Andy Warhol, der durch seine Prominenten-Porträts erstmals den Glamour der Stars in das System der Kunst übertrug und durch geschicktes Ego-Marketing zugleich selbst zum Inbegriff des "Superstars" wurde, spürt ein Ausstellungsprojekt der Frage der Prominenz in der Kunst nach. Dabei handelt es sich um eine Kooperation zwischen der Kunsthalle Wien und dem ba-ca Kunstforum.

Den Rundgang durch die Doppelausstellung beginnt man am besten im ba-ca Kunstforum. Denn hier wird das Thema übersichtlich und strukturiert aufbereitet, während man in der Kunsthalle aufgrund einer Überfülle an Objekten mitunter den Überblick verliert. In der ersten Abteilung "Der Künstler als Star" begegnet man Künstlern des 20. Jahrhunderts, denen es unübertroffen gelang, ihr Äußeres, ihre Lebensgeschichte und ihr Werk zu einer unverkennbaren "Trademark" zu verbinden. Da findet man etwa die legendären Fotos von Pablo Picasso im gestreiften T-Shirt, Andy Warhols Selbstporträts mit der silbernen Perücke oder Joseph Beuys' sozialpolitisch orientierte Arbeit "Die Revolution sind wir", auf der Beuys dem Betrachter mit dem für ihn charakteristischen Filzhut bekleidet selbstbewusst entgegentritt. Besonders erfrischend ist hier die Gegenüberstellung mit Arbeiten von Gegenwartskünstlern, die sich kommentierend-ironisch auf die gezeigten "Klassiker" beziehen. So hat Marc Bijl in einer Skulptur Beuys durch Lara Croft ersetzt, Maurizio Catellan lässt eine Karikatur von sich selbst in einem Filzanzug von Joseph Beuys an einem Kleiderhaken baumeln.

Kunstwerk als Star

Der "Künstler Star" ist nur ein Aspekt des vielseitigen Themas. In einem eigenen Kapitel widmet man sich dem "Kunstwerk als Star" am Beispiel von Leonardos Mona Lisa. Die Schau bringt gemalte und fotografierte Prominenten-Porträts - darunter Johannes Paul II., Jackie Kennedy und Liz Taylor. Sie zeigt aber auch auf, wie industrielle Produkte und Markenzeichen zu Stars - auch zum Thema von Kunst werden können. Warhols Suppendosen-Bilder finden sich hier genauso wie die Bezugnahme von Tom Sachs auf Brancusis "Endlose Säule". Brancusis Plastik, Inbegriff der modernen Skulptur, mutiert bei Sachs zur Litfaßsäule für McDonald's.

Museen in Kooperation

Dass die beiden ganz unterschiedlich ausgerichteten Häuser - sowohl was das Programm als auch die Besucherschaft betrifft - sich erstmals für eine Ausstellung zusammengetan haben, ist in der vom Konkurrenzkampf geplagten Wiener Museumslandschaft als positives Signal zu verstehen. Gelungen scheint auch der Versuch, durch ein populäres Thema mehr Menschen für zeitgenössische Kunst zu begeistern. Selten zuvor hat man sich an Sonntagen vor der Kasse der Kunsthalle anstellen müssen. Dass kritische, subversive Zugänge in der Minderzahl sind, bleibt ein Wermutstropfen. Besonders, wenn man die einem ähnlichem Thema gewidmete Ausstellung "Born to be a star" mit weniger prominenten Künstlern vor eineinhalb im Künstlerhaus gesehen hat. Gerade in der Kunsthalle hätte man sich mehre Positionen wie jene der Schweizer Künstlerin Sylvie Fleury erwartet. In einem Video dreht Fleury die Geschlechterrollen der traditionell männlichen Sport-Stars um, indem sie eine fiktive Siegerehrung nach einem Formel-1-Rennen mit drei Frauen am Podest zeigt. Ein weiteres Highlight in der Kunsthalle ist die raumgreifende Videoinstallation von Candice Breitz. Durch das Nachspielen bekannter Filmmonologe spricht die südafrikanische Künstlerin auf subtile Weise die Frage nach Identität an - zugleich macht sie auf den Kontrast zwischen der Glamourwelt Hollywoods und der schlichten Alltagsrealität aufmerksam. Die eigene Michael-Jackson-Abteilung hätte man sich allerdings genauso sparen können wie die Ecke mit Ausschnitten aus der Big-Brother-Serie.

Notwendiger Katalog

Nachdenklich kritische Stimmen kommen im Katalog zu Wort. Hier wird in ausführlichen Essays so manches rund um den Themenkomplex angesprochen, was man beim Rundgang durch die Doppelausstellung visuell nicht vermittelt bekommen hat.

SUPERSTARS

Von Andy Warhol bis Madonna

Kunsthalle Wien

Museumsplatz 1, 1070 Wien

BA-CA Kunstforum

Freyung 18, 1010 Wien

www.kunsthallewien.at

www.ba-ca-kunstforum.at

Bis 22. 2. 10-19 (Kunsthalle Do bis 21), Fr 10-21 Uhr,

Katalog: Superstars. Das Prinzip Prominenz - Von Warhol bis Madonna, Hatje Cantz, Ostfildern Ruit 2005, 326 Seiten, e 29,

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