Alten Meistern neu begegnen

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Die Gründung der Dresdner Gemäldesammlung fiel in den selben Zeitraum wie die Sammlung Prinz Eugens, in dessen Winterpalais die Schätze nun vom Belvedere gezeigt werden.

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Die Gründung der Dresdner Gemäldesammlung fiel in den selben Zeitraum wie die Sammlung Prinz Eugens, in dessen Winterpalais die Schätze nun vom Belvedere gezeigt werden.

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Als "Begegnungsort kunstsinniger Persönlichkeiten des Barock" beschreibt Belvedere-Direktorin Agnes Husslein das Winterpalais Prinz Eugens aktuell. Denn dort, wo der Feldherr einst lebte und seine große Kunstsammlung aufbaute, werden nun Kostbarkeiten aus einer anderen Kollektion seiner Zeit gezeigt. Die Dresdner Gemäldegalerie Alte Meister wird derzeit renoviert und hat rund 100 Werke auf Reisen nach München, Groningen und Wien geschickt. Diese sind bis 8. November im Winterpalais in der Himmelpfortgasse im Ersten Bezirk zu sehen.

Es waren vor allem August der Starke und sein Sohn August III., die in Dresden durch geschickte Kunstankäufe eine einzigartige Sammlung Alter Meister zusammen trugen, die bis heute weltweit einen besonderen Ruf genießt. Dies liegt unter anderem daran, dass man Raffaels "Sixtinische Madonna" und Vermeers "Brieflesendes Mädchen am offenen Fenster" sein Eigen nennen kann.

Eine direkte Verbindung zwischen den beiden Sammlungen gibt es: August III. kaufte von Prinz Eugens Erbin, die dessen Kollektion veräußerte, drei antike Statuen - die Herculannerinnen können aber nicht reisen und sind somit nicht Teil der Ausstellung. "Es ist ein herber Verlust für die heimische Kunstwelt, dass Prinz Eugens Sammlung nicht mehr in Österreich ist, sondern von seiner Nichte großteils nach Turin verkauft wurde", sagt Kurator Georg Lechner, der die Ausstellung für Wien betreute, zur FURCHE. "Gerade deshalb ist es schön, dass nun einmal etwas zu Gast ist, das Einblicke in die Entstehung einer ähnlichen adeligen Sammlung gibt." Keinesfalls sei es so, dass man für die reisende Ausstellung nur das Depot in Dresden gelüftet habe, vielmehr war es ein Anliegen, die Dresdner Gemäldegalerie in ihrer Breite zu präsentieren. Daher sind Höhepunkte wie Tizians "Bildnis einer Dame in Weiß", Rembrandts "Ganymed in den Fängen des Adlers" und Anthonis van Dycks "Darstellung des Heiligen Hieronymus" zu sehen, auch Antoine Watteaus "Liebesfest" und Arbeiten von Velázquez und Guercino sowie Bellotto sind mit dabei. "Tizian und Rembrandt in einer Sammelausstellung zu haben ist selten, aber wir wollten eben das Beste zeigen", sagt Lechner zur FURCHE. "Die Schau soll ja Gusto machen, selbst nach Dresden zu fahren, wo 2018 wieder aufgesperrt werden soll".

Für heutige Sehgewohnheiten überfrachtet

In einem Raum hat man auf Anregung des Dresdner Direktors sogar eine barocke Hängung, die viele Bilder neben-und übereinander zeigt und für unsere heutigen Sehgewohnheiten überfrachtet wirkt, gewagt. Auch Antonio Graf Rotaris zwölf Charakterköpfe, bei denen es mehr um die Erfassung eines speziellen menschlichen Ausdrucks als um die Personen selbst geht, hängen nah beisammen. Dem Thema Kopie hat man einen eigenen Raum gewidmet. "Einerseits lag das nahe, weil man Calvaerts Raffael-Kopie der Heiligen Cäcilie zeigt, durch deren Ankauf die sächsischen Kunstsammler versuchten zu kaschieren, dass sie vorerst keinen Raffael hatten -erst später kam eben die Sixtinische Madonna in die Sammlung. Andererseits hatten Kopien im 18. Jahrhundert gar keinen negativen Beigeschmack, sondern es war ganz normal, dass man noch ältere Meister kopierte und Original und Kopie bewusst nebeneinander präsentierte, um Unterschiede zu diskutieren", erklärt Lechner.

Die Schau im Winterpalais ist in Kapitel wie Historienmalerei, Landschaft - vor allem mit dem Sehnsuchtsort Italien samt Bildern des Canal Grande von Canaletto -, Stillleben und Porträt gegliedert. Auch auf die sächsischen Sammler selbst und natürlich auf ihre Vorlieben wird eingegangen. "Während Prinz Eugen französische Meister aus persönlicher Abneigung ausschloss und einen Schwerpunkt auf Italiener und Holländer setzte, sammelte man in Dresden sehr breit gefächert und engagierte außerdem Hofmaler." Ein solcher war Bellotto, dessen Ansicht Wiens vom Oberen Belvedere aus gesehen man hierzulande gut kennt. Die Schau im Winterpalais startet mit seiner Ansicht des blühenden Dresden -und endet mit jener der eingestürzten Kreuzkirche nach dem Siebenjährigen Krieg. "In Dresden war man bemüht, enzyklopädisch zu sammeln", sagt Lechner - was der aktuellen Ausstellung eben nun die Möglichkeit gebe, ein "Standardprogramm auf höchstem Niveau" zu präsentieren.

Rembrandt, Tizian, Bellotto

bis 8.11., Belvedere täglich 10-18 Uhr, www.belvedere.at

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