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Aus den Schatzkammern Sachsens
Das Zustandekommen der außergewöhnlichen Schau im Salzburger Dommuseum ist der Öffnung jener durch vierzig Jahre quer durch Europa verlaufenden Grenzen zu danken. Während in der Domschatzkammer von Bautzen der Salzburger Domschatz gezeigt wird (die FURCHE berichtet demnächst), kann man in der Mozartstadt nun erstmals Kostbarkeiten aus den Schatzkammern von Sachsen sehen, so zum Beispiel aus den Zisterzienserinnenabteien St. Marienthal und St. Marienstern, aus der Domschatzkammer Bautzen sowie aus den Kunstsammlungen des wiedererstandenen Freistaates Sachsen.
Viele der über 200 Exponate waren bisher auch für die Kunstwissenschaf-ternicht zugänglich. Speziell läßt sich das für die sechzehn aus Silber geschmiedeten, teilweise vergoldeten und mit kostbaren Steinen besetzten mittelalterlichen Reliquiare sagen. Der Salzburger Kunsthistoriker Franz Wagner nennt es eine „Sensation von. europäischem Rang", daß diese Meisterwerke der Goldschmiedekunst nun zum ersten Mal ausgestellt und bekannt gemacht werden. Sie waren jahrhundertelang von den Mitgliedern des sie besitzenden Klosterkonvents verwahrt, fremden Blicken entzogen und damit für die Nachwelt erhalten worden. So erklärt sich auch, warum bei den Reliquienbehältern im Ausstellungskatalog noch exakte Datierungen und Werkstättenzuweisungen fehlen, ein Expertensymposion soll weitere Klärungen bringen.
Einige Stücke sind „redende Reliquiare", das heißt, sie haben die Form des Körperteils, der darin als Heiligenreliquie aufbewahrt wird. Da gibt es Behälter in Fingerform, ein Kopfreliquiar des Hl. Jaco-bus mit einem Stück Schädelknochen, ein Armreliquiar des Hl. Eustachius in Form einer emporgestreckten Hand mit edelsteinverziertem Ärmel. Weitere der prachtvollen Behälter haben die Form eines Schiffes, eines Turmes, eines Fäßchens.
Hohe künstlerische Qualität ist aber auch den anderen Exponaten zu bescheinigen. Das beginnt mit dem Tragal-tärchen,das 1220inLimoges in Emailtechnik angefertigt worden ist (abgebildet auf der Rückseite des sehr informativen Ausstellungskataloges). Das geht weiter mit der rund einen Meter hohen Holzfigur des segnenden Christus mit Silbernimbus, der auch auf dem Ausstellungsplakat zu sehen ist. Auch die Welt des Barock ist mit kostbaren Werken vertreten, beispielsweise den prächtigen Gewändern, die sich die Domdekane von Bautzen in Prag oder Wien anfertigen ließen. Von besonderer Schönheit ist das 1719 in Dresden aus dem Brautkleid der Maria Jose-pha, Tochter Kaiser Joseph I. und Gemahlin des Kurfürsten von Sachsen, Friedrich August III., genähte Meßkleid.
Die Beziehungen zwischen der Kulturlandschaft Sachsen und dem Raum des heutigen Österreich beschränkten sich aber nicht auf die Person der Erzherzogin. Es gibt auch viele andere Verbindungslinien. Eine solche repräsentiert der bedeutende Barockbildhauer Balthasar Permoser(1651-1732), der ab 1689 Hof bildhauer in Dresden war. Von ihm stammt der nun in Salzburg gezeigte großartige Christus an der Geißelsäule. Die nur 80 Zentimer hohe Figur aus Untersberger Marmor kehrte nun für etwa fünf Monate (bis zum Ende der Ausstellung am 18. Oktober) an ihren Entstehungsort zurück. Weitere Exponate zeigen, daß Permoser Kleinplastiken aus Elfenbein und Holz mit der gleichen künstlerischen Perfektion gestaltet hat wie die von ihm stammenden monumentalen Figuren am Dresdner Zwinger.
Spitzenminiaturen
Auch ein besonderes Meisterwerk aus der Porzellanmanufaktur Meissen bekommt der Ausstellungsbesucher zu sehen, eine 40 Zentimeter hohe Nepomukfigur nach einem Modell von J. J. Kaendler. Ebenso sind einige Prachtexemplare böhmischer und schlesischer Gläser mit herrlichen Schliffen zu sehen. Erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt wird auch eine kunsthistorisch bemerkenswerte - so der Kunsthistoriker und Ausstellungsorganisator, Dommuseumsdirektor Johannes Neuhardt - Sammlung von Spitzen-und Pergamentminiaturen. Sie wurden vor allem im 18. Jahrhundert von künstlerisch begabten Nonnen angefertigt und seither am Entstehungsort St. Marienthal verwahrt. Jedes der für die persönliche Andacht oder als Geschenk verfertigten Bildchen ist ein Kunstwerk für sich. Die Motive wurden auf Papier oder Pergament gemalt, teilweise mit Goldrändern verziert und mit filigranem Spitzenhintergrund, ausgeführt in Gitter- und Tüllschnitt oder in Messerstichtechnik, versehen.
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