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Die Witwe in Franz StephansMorgenmantel

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Vom 13. Mai - dem Geburtstag der Kaiserin - bis zum 26. Oktober - Nationalfeiertag - wird im Schloß Schönbrunn in Wien die große Maria-Theresien-Ausstellung offenstehen. Dieser Zeitraum entspricht ungefähr der tatsächlichen Aufenthaltsdauer der kaiserlichen Familie im 18. Jahrhundert. Im Winter waren nämlich die nur schwer heizbaren Prachträume so gut wie nicht benutzbar.

Hofrat Walter Koschatzky ist Organisator der gesamten Schau. Er hat sich selbst zur Aufgabe gestellt, mit ihr Jenes Bild zu entwerfen, das die Menschen des 21. Jahrhunderts von dieser bedeutenden Politikerin Österreichs einmal haben werden”. Als Kunst- und Zeithistoriker, als Herausgeber des prächtigen Maria-Theresien-Buches des Residenz-Verlages und als Leiter der weltberühmten „Graphischen Sammlung Albertina”, die eine Gründung des Schwiegersohnes Maria Theresias ist, war Hofrat Koschatzky wohl dreifach „wahlverwandtschaftlich” prädestiniert, dieser Jubiläumsausstellung Weltruhm zu verschaffen.

Dahinter steht allerdings (wie meist) eine Frau. In diesem Fall die Kunsthistorikerin Monika Knofler, die mit dem Albertina-Chef in zweijährigem Großeinsatz über 1200 Schaustücke aus ganz Europa zusammengetragen hat. Aus Museen, Klöstern, aus dem Besitz ausländischer Monarchen und privater Sammler.

Ein kleines Wunder ist, daß es überhaupt noch Gegenstände aus dem persönlichen Besitz Maria Theresias gibt. Zum Beispiel Kleider. Schon zu ihren Lebzeiten galt der österreichische Hof als äußerst bescheiden. Die Tochter Karls VI. hat, religiös und sittenstreng wie sie war, den Luxus ihrer Vorgänger bewußt abgelehnt, ja verurteilt. So wurden zum Beispiel das Hochzeitsgewand der Monarchin und der Prachtmantel Franz Stephans bald nach der Zeremonie zu Meßgewändern umgearbeitet. Die Staatsroben, die auf den Gemälden zu bewundern sind, bekam oft nur der Maler zu Gesicht, meist wurden auch diese kostbaren Kleider an Pfarren und Klöster verschenkt.

Der Priesterrock zum Beispiel, der zu sehen sein wird, und der in der Hofburg von Innsbruck aufbewahrt war, ist der umgenähte Schlafrock Franz Stephans.

Die Bescheidenheit Maria Theresias, die auch in ihrer Staatsgebarung zum Ausdruck kam, demonstriert in rührender Weise die Geschichte ihres letzten Morgenmantels, den sie bis zu ihrem Tod am 29. November 1780 trug. Er war aus dem Morgenrock gearbeitet, den ihr geliebter Gemahl bis zuletzt benützte. Sie, die nach seinem Tode am 18. August I76S mehrmals gesagt hat, daß sie nicht wisse, wie sie überhaupt weiterleben soll, hat sich in dieses persönlichste Kleidungsstück ihres Franzel geradezu eingehüllt. Tagsüber trug sie von da ab ja nur noch schwarze Witwentracht.

Diesem Morgenrock verdanken wir das Wissen über ihre Größe: 1,58 m. Die große Monarchin war also eher klein. Das geht auch aus der Größe der Bleifigur hervor, die Franz Xaver Messerschmidt von der Monarchin anfertigte und die heute aus dem Oberen Bel-vedere wegen ihres Gewichts nicht wegzuheben ist.

Für die Ausstellung in Schönbrunn mußte also ein Abguß angefertigt werden, woran sich eine köstliche Anekdote knüpft. Als Monika Knofler, übrigens eine resolute Tirolerin, eines Tages nach diesem Abguß fragte, wollte der Spediteur keinen gesehen haben. „Eine Figur in Lebensgröße meinen Sie?” rätselte er. „Ja, Lebensgröße!” beharrte sie. Darauf endlich der Spediteur: „Na, in Lebensgröße haben wir keine, nur eine, die so groß ist wie Sie”. Er zeigte auf Monika Knoflers zierlichen Wuchs und war überrascht. Offensichtlich hatte er sich die Regentin über Österreich, Ungarn und Böhmen als Walküre vorgestellt.

Aus dem persönlichen Besitz werden weiters außer Möbeln noch zu sehen sein: Das Wasserglas, die Blumenschere, die Schreibfeder und eine Haarlocke von ihr. Ein Kopftuch wurde als Leihgabe aus dem völkerkundlichen Krahu-letzmuseum in Eggenberg beigestellt, ein Cape von Marie-Antoinette wurde in Reims aufgetrieben.

Von deren Schwester, der Erzherzogin Marianne, die Äbtissin des Damenstiftes „Elisabethinum” in Klagenfurt wurde, stammt ein Kleid. Außerdem sind von Klein-Marianne noch ein Bügeleisen, eine Puppenküche und ein Silberpuppenbesteck erhalten. Auch Spielmarken aus Porzellan gibt es noch, die zu dem anno dazumal höchst beliebten Brettspiel „Pharao” gehörten.

Ziemlich sicher ist auch der ausgestopfte Hund aus der Rasse der Papil-lons, eine Spitzart, der friedlich auf dem Bett Maria Theresias kauern wird, wirklich von ihr. Die Monarchin hatte so einen getreuen Vierbeiner. Auf den großen Familientableaus ist er häufig mit von der Partie. Die Annahme, daß dieses ausgestopfte Viecherl aus dem Naturhistorischen Museum wirklich der von Maria Theresia ist, ist nicht so abwegig. Geht doch das Naturhistorische Museum auf eine Stiftung ihres Gemahls Franz Stephans zurück, der gleichzeitig mit der Gründung dem Haus am Ring seine Münz- und Mineraliensammlung vermachte. Das Blu-menbouquet aus Edelsteinen, ein Geschenk Maria Theresias an Franz Stephan, ist heute noch eines der schönsten Schaustücke, das selbstverständlich auch in Schönbrunn zu sehen sein wird.

Das Privatleben wird weiters durch eine Reihe wertvoller Gemälde abgerundet. Das „Verlobungsbild” wird zu sehen sein, und das berühmte „Hochzeitsmahl” der beiden Gatten, das pikanterweise im Schloß Gripsholm aufgetrieben worden ist.

Aus dem Louvre (Sammlung Rothschild) kommen wertvolle Bilder von und um die unglückliche Marie-Antoinette. Das Bild des kleinen Wolfgang Amadeus Mozart am Spinett stellt das Musee Carnavalet zur Verfügung.

Graphiken, Münzen, Briefe und einige der abertausenden Akte, die Maria Theresias Schriftzüge tragen, werden in den Vitrinen und an den Stellwänden ausgestellt sein, die - um die Gobelins in Schönbrunn zu schonen - eigens angefertigt wurden.

- Keine Angst. Nicht das gesamte Haus-, Hof- und Staatsarchiv wird herbeitransportiert, womit allerdings ein Einblick in den Fleiß und in die (quantitative und qualitative) Schaffenskraft dieser Frau vermittelt worden wäre. Nur eine Auswahl daraus.

Kanonenmodelle und mit Zinnsoldaten nachgestellte Schlachten werden die Kriege, ein goldenes Service und viel Porzellan werden den Frieden darstellen.

Um die Zeitenwende vom luxuriösen Absolutismus zum aufgeklärten Absolutismus zu veranschaulichen, die Maria Theresia durch ihre Reformen bewußt herbeigeführt (und damit Österreich eine französische Revolution erspart) hat, wollten die Organisatoren zuerst gleich beim Eingang zwei Wagen kontrastierender Verwendungsart postieren: Links die Prunkkarosse früherer Zeit, rechts ein Feuerwehrmobil. Dazu wird es aus Platzmangel nicht kommen, denn irgendwo muß leider auch die Kasse hin. (Eintritt für Erwachsene S 40,-, für Kinder und Studenten S 20,-.)

Aufgrund von gemeinsamen Bemühungen von Bundesdenkmalamt und Bautenministerium wird nun doch die Wiedereröffnung des renovierten Schloßtheaters zum Ausstellungsbeginn gelingen. Wenn es stimmt, sollen in dem reizenden Barocktheater den ganzen Sommer über musikalische Veranstaltungen geboten werden. Auch wird der Fernsehfilm „Maria Theresia”, der nach dem Drehbuch von Györ-gy Sebestyen entstand, zweimal am Tag am Ort aufgeführt werden.

Vor allem aber wird das Schloß selbst als Werk und liebster Wohnsitz Maria Theresias im neuen Licht zu bewundern sein. Nur die wertvollen Parkettböden bleiben unter Teppichbelägen versteckt: Sie würden die erwarteten 1,8 Millionen Besucher sonst nicht heil überleben.

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