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Reichtümer Kuriositäten

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Dem Marchfelder Schlösserver- ein, bemüht um die kulturelle Wie- derbelebung der Ostregion, ist es wie in den Vorjahren gelungen, in den weitgehend sanierten Prinz- Eugen- und Habsburger-Schlös- sern Schloßhof und Niederweiden Ausstellungen zu veranstalten, deren Inhalte in enger Beziehung zu den früheren Besitzern stehen. Im nach Plänen von Lucas von Hildebrandt erbauten Schloßhof stehen bis 28. Oktober unter dem Titel „Sigismund III. Sobieski - Stanislaus" Exponate im Mittel- punkt, die gleichermaßen mit dem Sieg über die Türken und dem Fortbestand des Abendlandes ver- bunden sind, wie der Name des Savoyers: Das Türkenzelt zum Bei- spiel, das der polnische König Jo- hann Sobieski 1683 bei Wien er- beutete, oder das Gemälde „Die Schlacht bei Wien" aus dem Kreis des Meisters Jan van Huchtenburg aus dem 17. Jahrhundert.

In dem von Johann Bernhard Fischer von Erlach geschaffenen Jagdschloß Niederweiden, das Prinz Eugen 1726, Kaiserin Maria There- sia 1755 erworben hat, kann man ebenfalls bis 28. Oktober „Kaiser- liche Geschenke" sehen: Kostbar- keiten und Kuriositäten, die ent- weder an die Adresse des Kaiser- hauses gerichtet waren oder von diesem an Verwandte, Institutio- nen oder verdienstvolle Unterta- nen vergeben wurden.

Die meisten Exponate der Schloßhofer Schau stammen aus Königsburgen und Nationalmuseen in Krakau, Warschau und Posen. Einige Stücke hat das Wiener Kunsthistorische Museum beige- steuert. Anknüpfend an die 1986 vom Nationalmuseum Krakau in der Schallaburg konzipierte Schau sollen sie die nachfolgende Epoche der polnischen Geschichte veran- schaulichen: die Regierungszeit der Wahlkönige von 1573 bis 1795 und somit die Welt des polnischen Adels, eines Standes, der, mit zahlreichen Privilegien ausgestattet, als einzi- ger wahlberechtigt war und den Königen zu Krone und Thron ver- half.

Nach den Themenkreisen „Die Jugendzeit eines Adligen", „Priva- tes Leben", „Öffentliches Leben", „Militärwesen und Krieg" und „Pompa funebris" (Totenfeierlich- keit) wird in Schloßhof die Welt der polnischen Aristokratie vorgestellt. Was an Porträts der Wahlkönige von Heinrich Walezy (Valois) bis zu Stanislaus Augustus Poniatowski, was von ihren Herrenhöfen und Palästen auf dem Lande an Möbeln aus Frankreich, Teppichen und Wandbehängen aus Persien, der Türkei und Brüssel, was an Meiß- ner Porzellan und böhmischen Gläsern übrig blieb, dokumentiert noch heute den Reichtum der da- mals Mächtigen im Osten Europas, die ihre Abstammung von den anti- ken Sarmatern, iranischen Noma- den, ableiteten.

Gekleidet waren, wie die Aus- stellung zeigt, die sarmatischen Königmacher in eine exotisch wir- kende Nationaltracht, zu der als schmückendes Beiwerk ein reich verzierter Säbel gehörte.

Künstlerischer Höhepunkt der Schau ist das Gemälde „Die Wahl des Königs Stanislaus Augustus Poniatowski" von Bernardo Bellet- to, genannt Canaletto, aus dessen Hand bekanntlich auch die im Wiener Kunsthistorischen Museum aufbewahrten Bilder von „Schloß Hof an der March" stammen.

Quasi als Epilog wird im letzten Saal das „Ende der sarmatischen Kultur unter der Regierung Öster- reichs in Galizien" Bildnisse Kai- ser Franz Josephs bei Besuchen in Polen vorgeführt.

Für das intime Schloß Nieder- weiden haben die Veranstalter nach dem Riesenerfolg bei der Europalia 1987 in Brüssel und der 1989 im Schloßmuseum von Linz präsen- tierten Ausstellung die kaiserlichen Geschenke aus vier Jahrhunderten abermals aus den Hofmobilien- depots, den Bundesmuseen sowie dem Historischen Museum der Stadt Wien an die Öffentlichkeit geholt.

Der Reiz der Schau liegt in dem Nebeneinander von Kleinodien und Monstrositäten sowie der Möglich- keit für den Besucher, Rückschlüs- se von der Gabe auf den Geber zu ziehen. So etwa bei einem Kaffee- service, das Kaiser Franz Joseph einer böhmischen Köchin der Hof- küche zu deren 50. Geburtstag überreichte.

Daß Geschenke auch dem Infor- mationsbedürfnis des Monarchen zu dienen hatten, bezeugt eines der Spitzenobjekte der Ausstellung: das Bild der „Infantin Margarita Tere- sa" aus dem Atelier Diego Velaz- quez', das 1683 von Madrid nach Wien gesandt wurde, als sich Kai- ser Leopold I. mit der Tochter König Philipps IV. von Spanien verloben sollte.

Als Geschenk der Stadt Wien an das Kaiserhaus war der anläßlich der Silberhochzeit Kaiser Franz Josephs mit Elisabeth von Öster- reich veranstaltete „Makart-Fest- zug" über die Ringstraße gedacht. In Niederweiden erinnern reiches Bildmaterial und lebensgroße, mit den originalen Kostümen bekleide- te Figurinen an diese spektakulär- ste Feier des späten 19. Jahrhun- derts.

Für beide Ausstellungen gibt es handliche Kataloge, die je öS 68,- kosten.

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