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Vermenschlichung eines Idols

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Feldherr, Kunstsammler und Barockmensch - wie kann das Leben eines bedeutenden Mannes dargestellt werden? Der Vordenker der geplanten Ausstellung erläutert sein Konzept.

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Feldherr, Kunstsammler und Barockmensch - wie kann das Leben eines bedeutenden Mannes dargestellt werden? Der Vordenker der geplanten Ausstellung erläutert sein Konzept.

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In weiten Teilen Europas ist der Name des Prinzen Eugen von Sa-voyen allgemein bekannt. Er ist vor 250 Jahren, am 21. April 1736, in seinem Stadtpalast zu Wien im Alter von 73 Jahren gestorben. Um diese Zeit endete eine Periode der europäischen Geschichte, die man als Zeit des Hochbarock bezeichnet.

Prinz Eugen von Savoyen wurde am 18. Oktober 1663 in Paris geboren. Sein Vater zählte zu den französischen Prinzen, seine Mutter hieß als Mädchen Olympia Mancini und hätte als Nichte des Staatsmannes Kardinal Jules Mazarin in die französische Oberschicht einheiraten können.

Nachdem es Eugen nicht gelungen war, in das französische Heer aufgenommen zu werden, trat er im Sommer 1683, knapp bevor die Entscheidungsschlacht auf dem Kahlenberg mit dem Sieg über das Osmanische Heer die Geschichte Mitteleuropas veränderte, in die kaiserliche Armee ein. Rasch wurde er Oberst, General und Feldmarschall; seit 1708 bekleidete er auch die Funktion eines Reichsmarschalls. So hat er mit jenem kaiserlichen Heer, das in diesen Jahrzehnten geschaffen wurde, die Rückeroberung Ungarns und großer Teile des heutigen Jugoslawiens und Rumäniens für die Habsburger abgeschlossen.

Auch im Spanischen Erbfolgekrieg hat der Prinz zahlreiche Siege in Norditalien, in Bayern und in Belgien für die kaiserlichen Waffen errungen. Am weitesten bekannt wurde er aber durch die Erfolge während eines neuerlichen Türkenkrieges, insbesondere durch die Eroberung von Belgrad im Jahre 1717.

In seinen letzten Lebensjahren war Eugen vorwiegend als Heeresorganisator und Staatsmann tätig, allerdings nicht mit jenem Erfolg, wie er es als Feldherr gewesen war.

Prinz Eugen war darüber hinaus auch ein bedeutender Bauherr und Kunstsammler. Das Bel-vedere in Wien mit einem prächtigen Garten und zwei Palästen, das Schloß Räckeve in Budapest sowie Schloßhof und Niederweiden im Marchfeld zeugen von seiner Bautätigkeit.

Das mächtige Schloßhof, von dem aus man über die Grenze der Tschechoslowakei in die Gegend von Theben und Preßburg sieht, war sein letzter Sommersitz, den Johann Lukas von Hildebrandt erbaute. Aus Anlaß des 250. Todestages Eugens wird hier vom Bund und vom Land Niederösterreich eine repräsentative Ausstellung gestaltet, in deren Rahmen nicht nur seine Persönlichkeit und sein Wirken, sondern auch das politische und kulturelle Umland, eben die Zeit des Barock, gezeigt werden soll. Die soziale und wirtschaftliche Situation dieser Epoche soll ebenfalls anschaulich gemacht werden.

Durch seine Verwandtschaft mit dem savoyardischen Herzogshaus unterhielt Eugen enge Beziehungen zu Italien. Auch mit vielen deutschen Fürsten verband ihn reger Kontakt. So hat Carl Alexander von Württemberg, der lange Zeit als Gouverneur der eroberten Festung Belgrad tätig war, in Schloß Ludwigsburg bei Stuttgart nicht nur sein Porträt neben eines des Prinzen gestellt, sondern auch die wichtigsten Schlachten und Siege des Prinzen von August Querfurt in großformatigen Gemälden darstellen lassen.

In manchen Schlössern Österreichs oder der Tschechoslowakei findet sich noch ein Porträt des Prinzen, und auch König Friedrich Wilhelm von Preußen bat im Jahre 1727 Eugen, ihm sein Bildnis -zur Verfügung zu stellen, das ein Gegenstück zu dem Porträt des Herzogs von Marlborough bilden sollte. Beide Gemälde befinden

David Richter d. Ä.: Porträt des Prinzen Eugen sich noch im Schloß Charlottenburg zu Berlin.

Die Exposition in den Marchfeldschlössern, die am 21. April eröffnet werden soll, wird die Reihe der historischen Ausstellungen, die in Österreich in den letzten Jahren zu besonderer kultureller Bedeutung gelangt sind, fortsetzen. Auf diese Weise sollen die Österreicher durch neue Methoden mit ihrer Geschichte vertraut gemacht werden; auch das Geschichts- und Staatsbewußtsein der heranwachsenden Jugend will man stärken.

Tatsächlich sind diese Ausstellungen ein großer Publikumserfolg. Sie sind darüber hinaus aber nicht nur in kultureller und wissenschaftlicher Hinsicht bedeutsam, sondern auch ein wesentlicher wirtschaftlicher Faktor, weil sie imstande sind, eine Region zu beleben und verschiedene Investitionen und Innovationen auszulösen.

Der Veranstaltungsort Schloßhof an der March liegt an einer toten Grenze. Er wurde zudem bis zum Jahre 1955 von den russischen Besatzungstruppen beansprucht und in schlechtem baulichem Zustand zurückgelassen. Bisher war es noch nicht möglich gewesen, die Innenrestaurierung der Bauwerke in Gang zu setzen. Mit der Revitalisierung eines Teiles des Schlosses wurde nun ein erster und auch entscheidender Schritt gesetzt, der dazu führen wird, daß dieses bedeutende Denkmal österreichischen Baugeschehens und europäischer Kultur wieder in den ursprünglichen Glanz zurückversetzt wird.

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