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Monumentalwerk über Prinz Eugen

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J RINZ EUGEN VON SAVOYEN. EINE BIOGRAPHIE. Band 3. Zum Gipfel des Ruhmes. 4M Setten, 23 Tafeln, 3 Karten, 1884, Leinen, 205 S / Band 4. Der Staatsmann. 497 Seiten, 5 Tafeln, 1965, Leinen, 220 S / Band 6. Mensch und Schicksal. 567 Seiten, 25 Tafeln, 1965, Leinen, 2 6 S. Von Max Braubach, Verlag für Geschichte und Politik, Wien.

Das zum 300. Geburte tag des Prinzen Eugen 1963 mit dem 1. Band („Die Furche”, 9/1964) erschienene Monumental werk Braubachs erhielt 1964 den 2. Band („Die Furche”, 33/1964) und liegt jetzt abgeschlossen vor. Fortab gibt es nur drei Publikationen zur Informierung über den Prinzen Eugen: das Werk des Wiener Kriegsarchivs, Braubach und für die breiten Leserkreise Czi- bulka.

Der 3. Band umfaßt die Jahre 1711 bis 1718, vom Tod Josefs I. über die Friedensschlüsse von Utrecht und Bestatt bis zum Türkenterieg 1717/18 mit dem Frieden von Passairowitz. Der Riaistätter Friedensschluß ragt hoch hinaus aus dem 14jährigen Ringen um die europäische Machtverteilung, er gilt mit Recht als eine Spitzentat der beiden Feldherrenstaatsmänner V’illars und Eugen: „Olim Duo Fulmina Belli — Nunc Instrumenta Quietis.” Eingehende Würdigung findet der Türikerikrieg, fast mehr in der den Sieg sichernden vorausblickenden Vorbereitung als in der glanzvollen Durchführung. Den Krieg solange wie nur möglich überhaupt vermeiden, für den Kriegsfall alle Tätigkeit nur auf den Feldzug konzentrieren, den Ausbruch bis zur Erreichung der nötigen militärischen Stärke hdnauszögem: In dieser Beachtung der Gleichwertigkeit und zugleich Einheitlichkeit politischen und militärischen Wirkens entfaltete sich der wirkliche Staatsmann im Savoyer, der sich im Soldatenkleid „als ein Meister der Diplomatie” erwies und der „zu dem berühmtesten Kapitän Europas geworden war”. Neben der persönlich besorgten amtlichen Diplomatie, so u. a. bei der Kaiserwahl Karls VI. oder bei der Londoner Mission, handhabte der Prim eine quer durch Europa eingerichtete Geheimdiplomatie, deren Beschreibung einen fesselnden Einblick in das Gesamtgetriebe der Politik bietet.

Im 4. Band gelangen die nur von den militärischen Aktionen auf Sardinien, Sizilien und Korsika unterbrochenen 14 Friedens j ahne von 1718 bos 1732 zur Darstellung, die den inneren und äußeren Bemühungen um Frieden und Zukunft gewidmet waren. Ein kunstvolles Netz von Bündnissen mit England, Frankreich, Holland (Quadrupelallianz), mit Sachsen und Hannover, mit Spa nien, Rußland und Preußen verhin- nerte neue Kriege und im Verein mit Abkommen im Heiligen Römischen Reich wurde die Anerkennung der Pragmatischen Sanktion erreicht: Erblickt man hier in Eugen nicht den Lehrmeister von Kaunitz, Metternich und Bismarck? (V. — 361.) Vom Jahre 1732 schrieb Bartenstein, das System der Vereinigung mit den Seemächten war gefestigt, das kaiserliche Ansehen so groß, daß man auf die Mehrheit im Reichstag im voraus rechnen konnte, von der Türkei war nichts zu befürchten, Schweden konnte nicht schaden, mit Dänemark stand man im Bündnis wie auch mit Rußland und Preußen, und in Italien konnten weder Spanien noch Sardinien die Ruhe stören. Ebenfalls für 1732 berichtete der Wiener venezianische Gesandte Bra- gadin, seit Kari V. habe sich kein Fürst des Hauses Österreich einer größeren Machtstellung erfreut, der Kaiser habe den Prinzen Eugen in jeder Beziehung rühmend bevorzugt, Eugen sei die Seele und das Haupttriebrad der Regierung.

Vom Inhalt des 3. und 4. Bandes wären noch hervorzuheben: die zutreffende Einschätzung des Grafen Johann Wenzel Wnatislaw als eines außergewöhnlichen Staatsmannes und als des wichtigsten „politischen Mentors” Eugens, dann die mehrfache Ergänzung des Persönlichkeitsbildes Karls VI., der als wahrhaft bedeutender Herrscher in den Vordergrund tritt. Ferner finden sich bemerkenswerte Hinweise auf das Heilige Römische Reich, diese ewige Sorgenkammer mit der armseligen Reichsarmee, die Eugen als Reichsgeneralfeldmarschall zeitweise zu führen verurteilt war, und auf die sogenannten Assoziationsverträge innerhalb des Reiches, durch deren Erneuerung dasselbe wieder an Zusammenhalt gewann.

Für alle Historiker sind die Abschnitte über die personelle Umwelt des Prinzen von Interesse, hier öffnet sich die Werkstatt des Staatsmannes in kleinsten Details, hier kommen auch die oft düsteren Randfiguren zum Vorschein, die Neider, Widersacher, Intriganten, Verleumder, Fälscher und Gerüchtemacher. Nicht nur einmal steht der Leser vor der Frage, was nun tatsächlich wahr sei? Braubach kann es selbst nicht immer sagen, wie er auch nicht im mer eindeutig die Richtigkeit der diplomatischen Berichte zu unterstreichen vermag. Wer immer Quellenauswertung betreibt, wird in der neuen Eugen-Biographie einen beachtenswerten Fingerzeig dafür finden, daß nicht jedes Archivstück deshalb Wahrheit aussagen muß, weil es ein ehrwürdiges Originaldokument und sorgsam registriert ist.

Uber den 5. Band werden sich alle Kunstliebhaber freuen, er zeigt den Prinzen als den Bauherrn seiner Schlösser und Paläste, denen sich gerühmte Menagerien und Gartenanlagen anschlossen und in denen sich Architekten, Bildhauer und Maler aus aller Herren Ländern betätigten. Als Sammler von Plastiken, Gemälden, Büchern und Handschriften leitete Eugen eine umfassende Fachkenntnis. Ein Querschnitt durch seinen geselligen Kreis in Familie, im Theater, auf Jagd und Reisen, sein Verkehr mit politischen Freunden und Kriegskameraden, seine Beziehungen zu den Geistesgrößen seiner Zeit bis zu Leibnitz, Rousseau, Voltaire und Montesquieu bekunden, daß die einmütig zuerkannten Charakterisierungen als „roi des honnėtes hornmes”, als „phi- losophe Querrier” und als „Edler Ritter” vollberechtigt sind. Nicht unerwähnt sei der interessante Exkurs über Einkünfte und Vermögen des schöpferischen Mäzens. Die letzten Lebensjahre, durch Alter, Krankheit und neuen Krieg getrübt, sind als „Tragischer Ausgiaing” zusammengefaßt. Gewiß sind der polnische Erbfolgekrieg, 1733 bis 1735, und die damalige außenpolitische Lage in starkem Gegensatz zum Glanz der früheren Dezennien, wenn man jedoch die potentielle Übermacht der französisch-spanisch-sardinischen Koalition, die in 16 Friedensjahren, mitunter dem Prinzen Eugen angelastete, eingetretene Minderung der Armeeschlagkraft, dazu die Unbrauchbarkeit der Reichsheerverbände in Betracht zieht, wird man den nicht sehr befriedigenden Ausgang dieses lustlosen Krieges gut verstehen, in dem es übrigens auch Frankreich nicht geglückt ist, die Operationen weitausgreifend und ergebnisreicher zu gestalten. Dieses komplizierte Kapitel stellt auch an gebildetere Leser erhöhte Anforderungen.

Braubachs Werk schließt mit einem Rückblick „Der Mensch und sein Werk”, der wohl am bisherigen Bild des Prinzen Eugen im Wesen nichts ändert, der aber doch in klassischer Formulierung dieses Bild verdeutlicht: „Man mag seine Siege und seine staatsmännische Leistung bewundern, eine lebendige Vorstellung von der eigenartigen Größe dieses vielseitigen Mannes werden die meisten Menschen von heute und morgen erst gewinnen, wenn sie durch die Säle und Gärten seiner Bauschöpfungen gehen und vor den großartigen Fronten seiner Bibliothek stehen… Die Schlösser… künden von dem hochfliegenden Geist des Barocks … während die Bibliothek, aber auch des Prinzen persönliche Haltung in geistiger Beziehung in eine neue Richtung weisen, der es weniger… um die reiche Entfaltung des Gefühls als um die kühle Anwendung der Vernunft zu tun war.., Der Savoyer … steht kaum minder bedeutungsvoll in der Geschichte seiner und der folgenden Zeiten als durch seine Schlachtensiege und seine politischen Leistungen.” Vorbildlich sind des Autors grundsätzliche Ablehnung uralter, nicht beweisbarer Legenden und Gerüchte, seine Vervollständigung der Quellen und Literatur und das Namensregister als nützlicher Nach- schlagebehelf für die Personengeschichte eines halben Jahrhunderts. Max Braubach ist der unentbehrliche Wegweiser für jede mit Prinz Eugen zusammenhängende weitere Forschung, zugleich bleibt mit seinem Namen eine der erstaunlichstein Leistungen auf dem Gebiete der Geschichtsforschung und -dar- stellung verbunden.

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