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Mit Kunst Politik machen

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Während des Franco-Regimes war Österreich in Spanien kaum präsent. Die Diktatur ging gegenüber der Demokratie auf Distanz. Das soll nun endlich anders werden. Um die kulturpolitischen Kontakte neu zu knüpfen, reiste Wissenschaftsminister Erhard Busek nach Madrid.

Ein österreichisches Institut und eine Prachtausstellung der Wiener Kunst der Jahrhundertwende, 1993 im Kulturpalast Reina Sofia, sind erste Zusagen Wiens. Man macht - so wie zu Kaiser Maximilians I. Zeit - mit Kunst Politik. Und fünfzig Kilometer weit von Madrid, der europäischen Kulturhauptstadt 1992, und abseits der Expo '92 in Sevilla präsentiert sich Österreich bereits jetzt mit Spaniens und Österreichs gemeinsamer habsburgischer Vergangenheit.

„Könige und Mäzene", ein kulturelles Großereignis im prächtigen Santa-Cruz-Museum in Toledo, läßt die Zeit der katholischen Könige in Spanien Revue passieren. Bis 31. Mai dieses Jahres werden in der kastili-schen Stadt über 300 kostbare Objek-*te gezeigt und übersiedeln ab 3. Juli ins Innsbrucker Schloß Ambras. „Reyes y Macenas" soll anhand eines Stücks Geschichte die gemeinsamen Wurzeln stärker bewußt machen, Spanien und Österreich einander wieder näher bringen.

Glanzvollstes Ausstellungsstück ist das prächtige Santa-Cruz-Museum selbst. Aber die Schau läßt die Künstwerke „sprechen" und Appetit auf die Geschichte einer der brillantesten europäischen Epochen machen, die mit der berühmten Doppelhochzeit begann: Margarethe von Österreich heiratete Juan von Spanien, Kaiser Maximilians Sohn Philipp der Schöne Johanna die Wahnsinnige.

Allerdings stehen in Toledo nicht die politischen Dimensionen der Doppelhochzeit und der „Casa d' Austria" im Vordergrund. Das Wiederaufflammen der Inquisition bleibt ebenso vernachlässigt wie die Vertreibung der Araber und Juden oder die brutale Eroberung Amerikas ab 1492. Nutznießer der Reconquista, der Befreiung Spaniens von islamischer Herrschaft, waren Fernando von Aragon und Isabella von Kastilien -sie erhielten vom Papst den Titel „Katholische Könige", den die Habsburger erbten. Und so wurde auch Karl V., der Sohn Philipps, 1516 der Erbe und Herrscher des Reiches, in dem die Sonne nie unterging.

In dieser politisch brisanten, die Weltordnung verändernden Zeit des 15. und 16. Jahrhunderts zeigten die beiden „Reichsteile" extrem unterschiedliche Kunstauffassungen. In Spanien herrschten klerikale und adelige Förderer und Mäzene über die schönen Künste. Kunstliebhaber wie die Familie Mendoza, Kardinal Cis-nero oder Don Fernando Colon holten Kunstschätze ins Land. Vor allem Werke aus Italien und Flandern. Sie kauften, sammelten und stifteten, was gut, berühmt und teuer war. Was sich auch auf die spanische Kunst merkbar auswirkte. So ließen zum Beispiel die Mendozas ein Hospital, das heutige Santa-Cruz-Museum, in prachtvoller Spätgotik erbauen.

Anders die Absichten des Herrscherhauses Habsburger in Österreich: Für sie diente die Kunst als Werbemittel, also zu Publicity-Zwecken. Maximilian I. forcierte vor allem das flinke - und billige - Medium Druckgrafik zur Selbstdarstellung. Die Glorie des Kaisertums darzustellen, wurden berühmte Künstler engagiert. Bis hin zur verherrlichenden Zur-Schau-Stellung der Kriegsmaschinerie und triumphalen Siegesapotheosen Kaiser Karls V.

Schwerpunkt der Spanien-Abteilung der Ausstellung bildet das weltliche und geistliche Mäzenatentum. Kostbare Sakralgefäße, Tragaltäre, Vortragkreuze und Meßgewänder, niederländische Tapisserien, Majolika- und Marmorreliefs und Ölgemälde wurden in spanischen Klöstern und Kirchen aufgespürt, restauriert und nicht immer sehr geschickt (ohne schriftiche Erläuterungen) eher lieblos im Parterre des kreuzförmigen Baus aufgestellt. Dazu kommen Objekte, die aus der halben Welt zusammengetragen wurden, aber auch philosophische Traktate und Bücher (Erasmus von Rotterdam) des spanischen Mäzens Don Fernando Colon.

Österreich schickte Schätze wie die Habsburgerporträts aus dem Kunsthistorischen Museum, die herrliche Pergamentrolle aus dem Schloß Ambras, Waffen, Rüstungen und Objekte aus der Kunstkammer, Modelle der „Schwarzen Mander" aus der Innsbrucker Hofkirche. Dokumente, denen schon Maximilian „politische" Bedeutung zumaß und die heute - wenn auch unter anderen Vorzeichen - wieder Politik machen: Österreichs Europa-Kulturpolitik!

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