An György Ligetis kompositorischer Originalität hat sich seit der Stockholmer Uraufführung 1978 wenig geändert: Für die Salzburger Festspiele hat er sein grotesk-makabres Endzeitspiel „Le Grand Macabre” überarbeitet, von Dialogen befreit und im musikalischen Erscheinungsbild „modernisiert”. Ligetis Neufassung ist aber nicht ganz so nuancenreich, dreist und kurzweilig geworden wie erwartet.Ein Manko der Aufführung im Großen Festspielhaus ist Peter Seilars' Regie: Sie stößt die frivole Gesellschaft Breughellands (nach Michel de Ghelderode) vom Rand der Apoka-lypse gleich in
Robert Wilson liebt würdevolles Schreiten, langsame Bewegungen, bedeutungsschwere Gesten. Und setzt man im Musiktheater sonst auf blitzschnelles Funktionieren des Reiz-Reaktionsschemas, so scheint er dieses geradezu lustvoll aufzuheben. Verständlich, daß er sich von Stücken zwischen Traum und Wirklichkeit faszinieren läßt: Er hat seit gut eineinhalb Jahrzehnten seinen „Stil der Veränderungen und Verwandlungen in Zeitlupe” kultiviert. Für die Salzburger Festspiele bereitete er nun im Großen Festspielhaus Claude Debussys „Pelleas et Melisande” - eine Inszenierung für die
Die Uraufführung 1850 in Triest war nicht gerade ein durchschlagender Erfolg. Das war nur ein Jahr vor „Rigoletto”. Aber auch der Neuauflage als Kreuzrittertragödie „Aroldo” 1857 in Rimini war nicht mehr Glück beschieden: Giuseppe Verdis „Stiffelio”, von der Kritik geschmäht, vom Publikum vergessen, erlebt erst im 20. Jahrhundert eine kleine Renaissance. Nach London, Venedig, Mailand, New York und Graz steht die Rarität in der Wiener Staatsoper auf dem Programm. In der antiquierten Produktion von 1993 für die londoner Covent Garden Oper.„Stiffelio” ist ein
Mit „Jerusalem" aus dem Jahr 1847 wurde der Zyklus mit frühen Verdi-Opern fortgesetzt. Regisseur Robert Carsen und Ausstatter Michael hev\-ne stellten die Intrige rund um Gaston, Vicomte de Bearn, seine Liebe zu Helene und sein Kreuzfahrerschicksal im Heiligen Land in ein Einheitsbühnenbild. Egal ob es sich um Toulouse oder Jerusalem handelt, die Protagonisten sind in Scheinwerfer-Bäder getaucht und frönen ihren (Opern-)Po-sen.An der eintönigen Stimmung hatten aber auch die Sänger Mitschuld: Jose Carreras war stimmlich nicht in Hochform, es fehlten ihm Attacke und Ausstrahlung.
Vierzig Jahre nach der österreichischen Erstaufführung von „Kiss met Kate” an der Wiener Volksoper erlebte die Musical-Metropole Wien einen Flop der besonderen Art: Die Neuinszenierung von Cole Porters Meisterstück ist schlichtweg zum Wegwerfen.Stars und Sternchen tummeln sich auf der Drehbühne der Volksoper: Mario Adorf, Filmbösewicht und -Clanvater, versucht Shakespeare zu sprechen. Und Porter zu singen. Beides sollte er lassen. Julia Stemberger stemmt das Stimmchen ins Mikrophon, aber was als „My Fair Lady” möglich ist, reicht für „Kiss me Kate” noch lange nicht.Rundum:
Mozarts „Le Nozze di Figaro” wurde neu, anders und spektakulär erwartet. Allein, es blieb bei der Erwartung. Nikolaus Harnoncourt und das nicht ganz festspielreife Chamber Orche-stra of Europe bescherten eine ruppige und laute Deutung. Harnoncourts „Klangrede” zermarterte die Bezita-tive zu epischem Palaver und spulte die szenische Umsetzung mancher Arie im Eilzugstempo ab.Ein Tempo, dem das mittelklassige Ensemble mit Dmitri Hvorostovsky (Graf), Dorothea Böschmann (Susanna), Solveig Kringelborn (Gräfin), Susan Graham (Cherubino) oft nur schwer folgen konnte. Herausragend: Bryn
Intrigen, Auseinandersetzungen umBudget und Werbestrategien, ein Intendant, der durch den politischen Zank frustriert ist: Das ist der Hintergrund des 73. Opernfestivals von Verona, das mit Verdis „Rigoletto” eröffnet wurde. Für „Rigoletto” holte man Ka-rajans einstigen Lieblingsbühnenbildner Günther Schneider-Siemssen: Die malerische Stadt Mantua, die er auf die Ruhne baute, begeisterte. Und vor allem: statt endloser Umbauten funktionieren die Verwandlungen zwischen den verwinkelten Gäßchen der Stadt, dem goldgleißenden Herzogspalast und Sparafuciles
Mit der Uraufführung von „Gesualdo” erfüllte die Staatsoper . eine langgehegte Erwartung. Ein großer Wurf ist dem Komponisten aber nicht gelungen.Zugegeben, mit einem schwülstig altmodischen Text wie jenem von Richard Bietschacher hätte sich jeder Zeitgenosse schwergetan. Weist Schnittke mi^ dröhnendem Glockengeläute, wogenden Klangeffekten und expressiven Ausbrüchen auf das Schicksalhafte in den Daseinsverstrickungen des neapolitanischen Renaissancefürsten Don Carlo Gesualdo, so treibt Bietschacher die Dramatik mit blumenreichen Worten aus.Warum Donna Maria, Gattin Ge-sualdos,
Mit Joseph Haydns letzter Oper L'anima del filosofo ossia Orfeo ed Euridice” (1791) gelang Dirigent Nikolaus Harnoncourt und Regisseur Jürgen Flimm eine überzeugende und ungewöhnliche Aufführung im Theater an der Wien. Anders als Haydns frühe Opern zeigt das „Dramma per musi-ca” den Weg in die musikalische Neuzeit: Dem Chor kommt mehr Bedeutung zu; die Figuren sind diffizile Charakterstudien geworden; und die Klangfarben des Orchesters haben an Ausdruck gewonnen.Für Harnoncourt, seinen Concen-tus musicus (auf Originalinstrumenten) und den hervorragenden Arnold Schönberg Chor ein
Ob der Wiederbelebungsversuch gelungen ist, wird sich zeigen. Giuseppe Verdis „König für einen Tag” („Un giorno di regno”) lockt zwar zu einer, wenn auch kleinen musikalischen Entdeckungsreise; die Oper bleibt aber ein entbehrliches Randwerk.Ein falscher, von Polens König Stanislaus gesandter Regent, viel jugendliche Liebe und zwei alte Geizhälse: Feiice Romanis Libretto wäre ja vergnüglich verwirrend. Aber was Verdis Musik dazu fehlt ist Rossinis Verve und Donizettis Erfindungsgeist. Und doch hat es auch von beiden etwas. 1840 uraufgeführt, deutet es schon in Verdis Zukunft als
Wer Rudolf Nurejews berühmte Wiener Inszenierung des Balletts „Dornröschen” kannte, ist von der Neuinszenierung des Teams Sir Peter Wright (Choreografie: nach Marius Retipa und Sergejew), Philip Prowse (Bühne) und James Tuggle (Dirigent) etwas enttäuscht: Hat doch der schöne Prinz Florimund, dem Nurejew bereits im ersten Akt einen effektvollen Auftritt verschaffte, hier allzu wenig zu tanzen.Gerade die begeisterten Anhänger Vladimir Malakhovs bedauerten das bei der Wiener Staatsopernpremiere von Tschaikowskys „Domröschen” besonders. Malakhov ist als Florimund ein Prinz von
Erstaunlich, welche Farbenvielfalt Donald Runnicles dem oft sehr überlasteten Orchester entlockt und wie er die Musiker gerade bei einem so extrem schwierigen Werk perfekt zusammenschweißt.,,.. . keusch scheint ihr Wesen, voll Sanftmut und Zartheit. Unmöglich wohnt der Teufel in dieser Hülle”: Ritter Ruprechts getäuschtes Ego verfängt sich im Lauf des bösen Spiels trotz Warnung vor Magie und Aberglaube in gefährliche Abhängigkeit und satanische Netze. Renata zieht ihn mit magischer Kraft ins Ungewisse, in Abgründe der Seele.Prokofjews sinnlich aufregende, bedrohliche Musik des
Nach dem erfolgreichen Start mit Stefano Landis „Morte d'Orfeo” mit dem englischen Ensemble Tragicomedia war Glucks „Orfeo ed Euridice” mit Thomas Hengelbrock,' dem Balthasar-Neumann-Chor und dem Freiburger Barockorchester ein weiterer Höhepunkt. Zwar geizte Hengelbrock mit Gefühlen und Sinnlichkeit, Orpheus' tränenreicher und qualvoller Abstieg in die Unterwelt der Gattenliebe wegen begeisterte aber dennoch.Überzeugte da doch Michael Chance in der Titelpartie mit Durchhaltevermögen, Stimmkultur, souveräner Technik. Ihm gelang es sogar, wunderbare Ausdrucksfarben in seine Klage
Das Wetter paßte: Wolkenbrüche tobten über Verona und dem wilden gallischen Druidenwald, den Werner Herzog und sein Bühnenbildner Maurizio Bald in die Arena gebaut hatten und ließen Belums „Norma" beinahe baden gehen.Daß die Produktion tatsächlich „baden" ging, besorgte indes Werner Herzog selbst. Dem Filmmagier fiel ein Banalitätenzirkus ein, über dessen Peinlichkeiten das Publikum lachte. Und der Dirigent Gustav Kuhn brachte in diese eiskalte, nasse Arena kein Feuer: Bellini, der Schwärmer klang so leidenschaftslos, undramatisch, unin-spiriert.Tristesse machte sich da
Svetlana Kuznetsova und Vladimir Malakhov waren die Stars der ersten großen Ral-lettpremiere der Ära Anne Wool-liams. Weniger spektakulär war dagegen das ausgewählte Werk, nämlich Kenneth MacMillans fast zwanzig Jahre alte „Manon". Der vor einem Jahr in London verstorbene Choreograph hielt sich mehr an Prevosts Roman als an Massenet und Puccini mit ihren Librettisten. Leighton Lucas arrangierte dazu Musik aus Werken Massenets, die aber nur so dahinplätschert.Für die Wiener Staatsoper haben Monica Parker und Wendy Walker die publikumswirksame Ballettkreation betreut. MacMillans
Jetzt endlich war es soweit: „Oscar"-Preisträger Istvan Szabo und Zubin Mehta traten nun zur „Troubadour"-Premiere an. Es wurde eine Pleite mit einem Buhskandal, wie er in Wien seit langem nicht zu erleben war. Mehta dirigiert mit großen, effektvollen Gesten. Aber Verdis grandiose dramatische Steigerungen, seine zündenden Duette und Ensembles und die glühenden Farben im Orchester -das alles wirkte etwas gebremst, weil er da ein Sängerensemble zu „tragen" hatte, das alles andere als souverän wirkte. Cheryl Stu-ders Leonora enttäuschte ein paarmal mit verwackelten
Während des Franco-Regimes war Österreich in Spanien kaum präsent. Die Diktatur ging gegenüber der Demokratie auf Distanz. Das soll nun endlich anders werden. Um die kulturpolitischen Kontakte neu zu knüpfen, reiste Wissenschaftsminister Erhard Busek nach Madrid.Ein österreichisches Institut und eine Prachtausstellung der Wiener Kunst der Jahrhundertwende, 1993 im Kulturpalast Reina Sofia, sind erste Zusagen Wiens. Man macht - so wie zu Kaiser Maximilians I. Zeit - mit Kunst Politik. Und fünfzig Kilometer weit von Madrid, der europäischen Kulturhauptstadt 1992, und abseits der Expo '92
(Arena von Verona; „Andrea Chenier“ von Umberto Giordono, „Mädchen aus dem goldenen Westen“ von Giacomo Puccini) Ein Unglück-kommt selten allein. Intendant Renzo Giacchieri trat eu-rück und den zigtausend Österreichern, die auch heuer ins sommerliche Opernmekka pilgern, bot schon die Eröffnung mit dem Revolutionsspektakel „Andrea Chenier“ kaum mehr als eine pompöse Pariser Modeschau des ausgehenden 18. Jahrhunderts. Attilio Colonnello (Regie und Ausstattung) baute einen Rokokopark mit Hochstrahlbrunnen, Hecken, Statuen und Musikpavillon und läßt seine Protagonisten in