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Groteskes Endzeitspiel

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An György Ligetis kompositorischer Originalität hat sich seit der Stockholmer Uraufführung 1978 wenig geändert: Für die Salzburger Festspiele hat er sein grotesk-makabres Endzeitspiel „Le Grand Macabre” überarbeitet, von Dialogen befreit und im musikalischen Erscheinungsbild „modernisiert”. Ligetis Neufassung ist aber nicht ganz so nuancenreich, dreist und kurzweilig geworden wie erwartet.

Ein Manko der Aufführung im Großen Festspielhaus ist Peter Seilars' Regie: Sie stößt die frivole Gesellschaft Breughellands (nach Michel de Ghelderode) vom Rand der Apoka-lypse gleich in deren Abgrund. Seilars berühmter Mut zu Ulk und Tollerei schlägt diesmal keine Purzelbäume. Im Bühnenbild von George Tsypin voller Elektronikmüll und Glüh-röhren bleibt es kühl, beinahe sachlich. In dieses Szenario tritt der Tod (Nekrotzar), der den Kometen und den apokalyptischen Beiter, also den Weltuntergang verkündet.

Auch Figuren wie Fürst Go-Go oder Piet vom Faß, der als Quartalsäufer den Tod durch Alkohol aus dem Zeitplan wirft, läßt Sellars bedeckt, im unklaren. So ist Ligetis Musik mit ihren vielen Zitaten und Anspielungen auf die Väter und Urgroßväter, mit ihrem raffinierten In-strumenten-Einsatz vom schillernden Geigenton bis zum Telefon-Klingelwerk die erste Kraft des Abends. Trotz Esa-Pekka Salonens wenig dynamischer und durch das Philharmonia Orchestra eher dumpf klingenden Interpretation.

Dem jungen Sängerteam kommt vor allem die Eliminierung der Dialoge zugute: Derek Lee Ragin, der sich als eunuchischer Fürst Go-Go um Countertenor-Qualitäten bemüht; Jard van Nes' lasterhafte Mescalina, Wilford Whites Nekrotzar, Sybille Ehlerts barbusige Venus (sowie Geheimdienstchefin) und Graham Clarks wenig frecher Piet. Frechheit und Sinnlichkeit waren auch wirklich kein Leichtes in Peter Sellars arg frequentierter 1 OOO-Volt-Todeszone.

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