Das Wetter paßte: Wolkenbrüche tobten über Verona und dem wilden gallischen Druidenwald, den Werner Herzog und sein Bühnenbildner Maurizio Bald in die Arena gebaut hatten und ließen Belums „Norma" beinahe baden gehen.
Daß die Produktion tatsächlich „baden" ging, besorgte indes Werner Herzog selbst. Dem Filmmagier fiel ein Banalitätenzirkus ein, über dessen Peinlichkeiten das Publikum lachte. Und der Dirigent Gustav Kuhn brachte in diese eiskalte, nasse Arena kein Feuer: Bellini, der Schwärmer klang so leidenschaftslos, undramatisch, unin-spiriert.
Tristesse machte sich da um Norma, die Mondgöttin Galliens, breit. Das Geschöpf zwischen verbotener Liebe, Weisheit und Rachegelüsten, erleidet in Herzogs und Kuhns Deutung kaum Seelenqualen: Ihre Zuneigung zum römischen Besat-zungsoffizier Pollione bleibt schwer durchschaubar, ihre Fürsorge für seine Kinder unmotiviert. Doch ist für Heiterkeit gesorgt: Wenn Norma ihrem Geliebten mit dem Küchenmesser nachjagt, kommt
Marx-Brothers-Spaß auf; und wenn sie als Comics-Barbarella im riesigen Holzkohlengrill mit ihrer Liebe verglüht, wird allen klar: mehr als ein fauler Zauber ist Herzogs Arbeit nicht. Die Besetzung mit Maria Dragoni als Göttin Norma und Chris Merrit als Pollione entspricht kaum den Extremanforderungen der Partien.
Erfolg hatte man mit Verdis „Otello', der zum 25jährigen Verona-Jubiläum Placido Domingos von Guliano Montaldo neuinszeniert wurde. Auch wenn Placido Domingo erst ab dem 22. Juli die Titelrolle singen wird, war die Produktion von Anfang an sehens- und hörenswert.
Ein Abend, maßgeschneidert für die Wünsche des Publikums: Mit Stars wie Wladimir Atlantow als hinreißender Otello mit großer darstellerischer Gestaltungskraft, Giorgio Zancaro als verbohrt- haßerfülltem Jago.und der herrlichen Scala-Sopranistin Daniela Dessi als Des-demona; mit dem Dirigenten Daniel Oren als feinfühligem Verdi-Gestalter mit Faible für kammermusikalische Momente, und einem opulenten Bühnenbild Luciano Bicce-ris mit Türmen, Stegen, Zugbrücken und Freitreppen.
