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Keine Menschenopfer

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Bellini-Mörder!”-Rufe und ein Ruh-Konzert, das die wenigen aus Mitleid Klatschenden brutal übertönte: So wurde Regisseur Niels-Peter Rudolph empfangen, als er nach der Premiere von Vincenzo Bellinis „Norma” die Bühne der Wiener Volksoper betrat. Selten muß jemand eine so einhellige wie vehemente Ablehnung seiner Arbeit erleben.

Die Oper spielt ursprünglich in der römischen Provinz Gallien. Die Drui denpriesterin Norma liebt den römischen Prokonsul Pollione, sie hat ihm sogar zwei Kinder geboren. Als Pollione Norma wegen einer anderen Frau verlassen will, gibt die Priesterin dem unterdrückten Volk das lange erwartete Zeichen zum Aufstand und verdammt sich selbst sowie den untreuen Geliebten zum rituellen Opfertod für das Gelingen der Sache.

Rudolph hat die Handlung in die Entstehungszeit der Oper, in das Italien von 1831 versetzt. Denn in „Norma” ging es Bellini nicht um Gallier und Römer: Italien war damals zu einem großen Teil von Frankreich und Österreich besetzt; um der Zensur zu entgehen, wurde die Sehnsucht nach Freiheit und Unabhängigkeit in ferne Vergangenheit gerückt. Doch Rudolphs Regieidee geht nicht auf: Druidische Riten und Menschenopfer ha ben- im italienischen Bürgertum des vorigen Jahrhunderts keine Entsprechung. Ziemlich mißglückt ist auch jene Szene, in der die Bebellion ausbricht: Die herumhüpfenden Aufständischen wirken nicht heroisch, sondern lächerlich.

Der in Österreich üblich gewordene Ritus Jubel für die Sänger - Buh für die Regie wird beiden Seiten nicht gerecht. Rei „Norma” ist die Inszenierung zwar in die Hose gegangen, aber das im Grunde kreuzbrav in Szene gesetzte Werk bleibt, etwas guten Willen des Zusehers vorausgesetzt, durchaus ansehnlich. Dafür vergaß das Publikum jenen gewaltigen Schnitzer, den sich Hasmik Papian als Norma und Heidi Brunner als ihre Bivalin Adalgisa in ihrem gemeinsamen Duett erlaubten - es blieb einem das Herz stehen! Ansonsten war die Leistung der Damen gut, aber nicht spektakulär' ebenso jene von Ergils Silins als Normas Vater und Johan Bo-tha als Pollione, dessen schauspielerische Qualitäten allerdings zu wünschen übrig ließen. Gewohnt routiniert dirigierte Asher Fisch das Bühnenorchester der Österreichischen Bundestheater. Insgesamt keine schlechte Aufführung.

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