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Von der Lainsitz zur Schwarza

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Die Niederösterreichische Landeskunstausstellung 1957, vom Landesverband der Niederösterreichischen Kunstvereine und dem Kulturreferat der Landesregierung im Kurhaus von Baden bei Wien veran- staltet, liefert mit 269 ‘. Nummern vor allem’ einen Beweis für die Vielfalt der künstlerischen Bestrebungen in dem Bundesland, das es, bei dem Fehlen einer eigentlichen Hauptstadt uhd der aufsaugenden Wirkung Wiens, nie leicht gehabt hat. Man braucht nur zu fragen, wo dieser, wo jener Künstler wohnt, wie verloren und oft ganz auf sich gestellt er schaffen muß. Es ist daher vor allem zu begrüßen, daß die Ausstellung von Baden weiterwandern wird sie erfüllt damit nicht zuletzt einen hohen volksbildnerischen Zweck. Sollte die Schau, wie wir hören, auch ins Ausland kommen, wird es aber nötig sein, das Wesentliche herauszunehmen. Das Wesentliche in der künstlerischen Aussage und das. Bezeichnende auch für das so vielgestaltige Niederösterreich. Weniger ist in diesem Falle sicherlich mehr.

Thematisch begegnen wir natürlich einmal der Landschaft. Der Natur, übersehen, vergessen, wie sie Karl Schellnast am „Bahndamm” sieht, Oskar Matulis (Kollektivausstellung) mit seinen klaren Tuschezeichnungen, Franz ErntI mit seinen Oel-’ und Aquarellbildern in feinen Valeurs („Blühender Baum”, „Herbstlaub”), Traude Dreßler mit ihren Monotypien, Rudolf Buchner und vor allem Franz Traunfellner, von dem leider nur drei, aber hochwertige Holzschnitte und ein Litho zu sehen sind. Traun- fellner weiß noch um die Welt hinter den Dingen, er steht zur Poesie, zur zarten Sprache des Herzens (die „Winterlandschaft” gemahnt an die subtilen Reize der ostasiatischen Künstler). Neben der reinen Natur ist, zwar noch sehr schüchtern, die Industrielandschaft da, welche Niederösterreich auf so weiten Strecken das Gepräge gibt, und ist auch, wenn auch ebenfalls karg, die landschaftsverändernde Tätigkeit des Menschen dargestellt („Goldbergwerk im Naßfeld” von Dobrowsky, „Autobahn” von Franz Dreßler, „Kraftwerkbau Ybbs-Persenbeug” von Emil Beischläger).Am 11. August 1868 schrieb Leopold von Ranke an Alfred von Ameth über das österreichische Haus-, Hof- und Staatsarchiv: „Ohne Zweifel ist es das für die deutsche Historie wichtigste Archiv.” Ein Haus wie dieses, das 70.000 Urkunden aus der Zeit von 816 bis 1957, 150.000 Faszikel und amtliche Bücher sowie 3000 Handschriften verwahrt, vermag wohl zum Thema „Frauen in der Geschichte” wesentliche Gesichtspunkte zu eröffnen — es ist aber eine Qual der Wahl, wo beginnen, wo enden, wenn der Ausstellungsraum begrenzt ist und wenn es bei dieser Menge von Archivalien in absehbarer Zeit einfach unmöglich ist, alles zum Thema Gehörige aufzusuchen, zu vergleichen, zu wägen.

Indes: Es ist bei dieser Sonderausstellung von 178 Dokumenten nicht bei Papier geblieben. Es war der Zweck der Schau, aufzuzeigen, wie vielartig im Verlaufe der Zeiten die Frauen beeinflußten; wie sie lebten, was sie soziologisch bedeuteten. Wer nur ein wenig Phantasie besitzt, der ahnt aber noch viel mehr von dem, was hinter den krausen Schriftzügen steht: urewiges Menschenschicksal, das auch .den Trägern großer Namen Freude und Leid, Hoffen und Enttäuschung bėschepte,Im Anfang sind es ge-A wohnlich Urkunden, welche die Frau als Gütererwerberin vorstellen, dann tauchen Eheverträge auf — und welche Tragödien stehen oft dahinter!

Dann spricht die herrscherliche Frau als , Mutter, als Erzieherin, als Bewahrerin des religiösen Glaubens, als Förderin von Kultur und Wirtschaft, Hüterin künstlerischen Erbes, als Verkünderin humanitärer Ideell.

Viele bekannte Namen der großen Geschichte lesen wir in dem stillen Raume auf dem Minoritenplatz: Köpigin Margarethe, Ottokars Frau, verlassen, m Krumau am Kamp vor 690 Jahren gestorben, durch Grillparzers Trauerspiel auch in die Literaturgeschichte eingegangen;. Herzogin Maria von Burgund, spätere Frau Maximilians, des „Letzten Ritters”; Maria Tpdor; Katharina von Medici; der Name Philippine Welser taucht auf; Königin Elisabeth I. von England, welche mit Rudolf II., 1601 einen Handels- und Schiffahrtsvertrag schloß; Königin Anna von Frankreich berichtet, Ferdinand II. ,üb6r. den Sieg von Rochelle; wir lesen die Namen Christine von Schweden, Maria Theresia, Liselotte von der Pfalz, Katharina von Rußland, Marie Antoinette, Luise von Preußen, Maria Louise berichtet über ihren Empfang durch Napoleon, Kaiserin Lu- dovika erzählt Franz 1. von dem letzten Zusammensein mit Goethe, Katharina Fröhlich steht auf diesem Papier, Antonie Adamsberger,. Charlotte Wolter, George Sand. Zarah Bernhardt, Lilli Lehmann. Co- sima Wagner, Anna Bahr-Mildenburg auf anderen. — Das Staatsarchiv hat zu dieser Ausstellung, die an den Wänden der ständigen Schau „Oesterreichi- sche und europäische Geschichte in Dokumenten des Haus-, Hof- und Staatsarchivs” untergebracht ist, einen neuen Gesamtkatalog herausgebracht, der überaus instruktiv gearbeitet ist.

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