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Maria-Theresien-Jahr ohne Schloßtheater?

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Die FURCHE hat einen neuen ständigen Mitarbeiter: Josef Klaus, Bundeskanzler a. D., wird von nun an in seiner persönlichen Rubrik „Büchertisch“ über Begegnungen mit Schriftstellern und Büchern berichten. Es ist uns eine Ehre, das Lesetagebuch dieses großen Österreichers in regelmäßigen Abständen veröffentlichen zu können.

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Die FURCHE hat einen neuen ständigen Mitarbeiter: Josef Klaus, Bundeskanzler a. D., wird von nun an in seiner persönlichen Rubrik „Büchertisch“ über Begegnungen mit Schriftstellern und Büchern berichten. Es ist uns eine Ehre, das Lesetagebuch dieses großen Österreichers in regelmäßigen Abständen veröffentlichen zu können.

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Das Wiener Schloß Schönbrunn wird sich zur Maria-Theresien-Aus-stellung im Jahr 1980 als Torso präsentieren. Die erwarteten 1,8 Millionen Besucher, die in Erd- und Obergeschoß des Schlosses über 1000 Exponate zu Persönlichkeit und Wirken dieser großen Monarchin Österreichs besichtigen kommen, werden eines nicht sehen: den Ort, an dem sich Maria Theresia samt Familie und Hof vergnüglichem Theaterpläsier hinzugeben beliebte: Das Schloßtheater, wesentlicher Bestandteil des barocken Ensembles, bleibt wegen Renovierung während der Dauer der großen Ausstellung geschlossen.

Offizielle Entschuldigung: Es wäre nie geplan gewesen, das Schloßtheater in die Maria-Theresien-Ausstel-lung einzubeziehen.

Das klingt, als sagte einer: „Ach, die Freitreppe, wissen Sie, wir mußten sie wegen Steinschäden vorübergehend entfernen. Das übrige Schloß ist ohnehin noch da.“

Nicht die Tatsache, daß renoviert wird, ist störend. Im Gegenteil. Das zuletzt 1923 baulich überholte Schloßtheater hat eine Restaurierung vom Schnürboden bis zum Heizkeller dringend nötig. So nötig, daß sich längst die Frage stellt, ob denn im März und April 1979 die Feierlichkeiten „50 Jahre Reinhardt-Seminar“ noch verantwortbar gewesen sind. Denn unmittelbar danach wurde im Mai 79 mit dem Umbau begonnen und da zeigte sich, daß nicht nur der gesamte Fußboden morsch, sondern auch fast alle Holzsäulen unter der Verkleidung bis zu einem halben Meter über dem Fußboden angefault waren. Solch faulende Theaterbretter hat sich Max Reinhardt wahrlich nicht verdient.

Was also den Festgästen der Seminarfeier noch zugemutet wurde, wollte man den Besuchern der Maria-Theresien-Ausstellung im nächsten Jahr nicht mehr antun. Nun gut. Doch die Terminplanung!

Seit 200 Jahren weiß man, daß der Monarchin rundes Todesgedenkjahr auf 1980 fällt. Seit 1977 steht durch Regierungsbeschluß fest, daß Schloß Schönbrunn Ausstellungsort sein wird. (Und nicht eines der zwei anderen Lieblingsschlösser Maria Theresias im Marchfeld, Schloßhof und Niederweiden, die derweilen halbrenoviert schon dem nächsten Verfall entgegendämmern).

Und im Bautenministerium tut man nun so, als wären Max Reinhardt und Maria Theresia daran schuld, daß zwischen ihren beiden Gedenkjahren 1979 und 1980 nicht genügend Zeit zur Renovierung blieb.

Eine Renovierung, die seit 1961 schon längst hätte erfolgt sein müssen. Damals wurde anläßlich eines Wasserrohrhfuches im Schloßtheater schon festgestellt, daß eine Säule unterhalb der Holzverkleidung ziemlich beschädigt war. Was man damals veranlaßte, erinnert an die Reichsbrücke: Man nagelte die Holzverkleidung gleich wieder zu.

„Erst jetzt stellte sich heraus, daß viel mehr Säulen in einem noch viel schlimmeren Zustand waren“, weiß Ministerialrat Karl Jaschke vom Bautenministerium, der für alle Ämter, Schlösser und Museen in Österreich zuständig ist. Trotz dieses Hinweises auf den Bauzustand 1961 wurde zur Gesamtrenovierung nichts getan. The show must go on: Im Winter probten die Schauspielereleven, im Sommer unterhielt die fröhliche Kammeroper.

Das blieb unverändert bis Herbst 1978. Da kam es zum entscheidenden Krach zwischen Bundestheaterverband und Hochschule für Musik und darstellende Kunst, der dem Nebeneinander von Profi- und Schulbetrieb am Akademietheater ein Ende setzte. Die Hochschule wurde mit ihren Schauspielschülern hinauskomplimentiert. Gegen eine Trostablöse von acht Millionen Schilling.

Das war genau jener Betrag, der von den Technikern des Bautenministeriums für die Modernisierung der Bühne des Schloßtheaters kalkuliert worden war. Man dachte 1978 also allein an eine kosmetische Operation für die zu kleine Bühne (Unterfangung des hochwassergefährdeten Orchestergrabens, Eiserner Vorhang, neue Scheinwerfer- und Elektroan-lagen), an die Gesamtrenovierung dachte man damals noch nicht.

Dann wartete man noch einmal die Seminarfeier im Frühjahr 1979 ab, erst im Mai darauf zogen die Handwerker ein. Insgeheim hofften damals noch die Optimisten, daß dieser Bühnenumbau doch bis 1980 fertig sein werde.

An den morschen Zuschauerraum hat offenbar niemand gedacht. Erst die ersten Handgriffe enthüllten: Wohin man griff, alles bröselig, wurmstichig und naß. Plötzlich erinnerte man sich auch, daß da 1961 schon einmal bei einem Wasserrohrbruch festgestellt wurde...

Jetzt auf einmal war das Geld da. Plötzlich wird doch von einer Gesamtrestaurierung gesprochen, für die nicht acht, sondern an die 50 Millionen Schilling veranschlagt sind; Vom Deckenfresko hört man, daß es zu erneuern ist, vom Blattgold, daß es neu aufgebracht werden muß.

Ist an eine Wiedereröffnung des Schloßtheaters zur Maria-Theresien-Ausstellung am 13. Mai wirklich nicht zu denken?

„Frühestens Ende 1980 werden Renovierung und Umbauten fertig sein“, erklärt Karl Jaschke. „Aller-frühestens im Oktober 80, wenn der Schulbetrieb des Reinhardtseminars wieder beginnt.“ Für die Maria-Theresien-Ausstellung kommt diese Wiedereröffnung zu spät. Die schließt am 26. Oktober, am Nationalfeiertag.

Maria Theresia wird, nachdem sie sich im Grabe auf die andere Seite gedreht hat, noch einmal 100 Jahre auf ihre nächste Gedenkausstellung warten. 1983 bereits wäre in Österreich aber der glorreiche Sieg über die Türken nach der großen Wien-Belagerung zu feiern. Nicht daran zu denken, was bis dahin schon jetzt renoviert werden könnte.

Man erlaube zuletzt die Frage: Gilt der Beschluß des Ministerrates hinsichtlich der Maria-Theresien-Aus-stellung nicht für das Schloßtheater? Sollte dieses nicht ein integrierender Teil der Ausstellung sein, und zwar mit einem reichen Angebot entsprechender Veranstaltungen? Die Zuständigen sollten sich doch noch einmal um eine Lösung bemühen.

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