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Großschau im Barockjuwel

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Das ehemalige Benediktinerstift Garsten beherbergt bis 27. Oktober die Oberösterreichische Landesausstellung über die Entwicklung der oberösterreichischen Kirche und des Bistums Linz.

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Das ehemalige Benediktinerstift Garsten beherbergt bis 27. Oktober die Oberösterreichische Landesausstellung über die Entwicklung der oberösterreichischen Kirche und des Bistums Linz.

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Stift Garsten, im Bewußtsein der Allgemeinheit eher als Männerstrafanstalt denn als Barockjuwel verankert, beherbergt die diesjährige Oberösterreichische Landesausstellung. „Kirche in Oberösterreich - 200 Jahre Bistum Linz” lautet der Titel, der bereits über ein Novum dieser Ausstellung Auskunft gibt: erstmals arbeiteten Land und Diözese bei einem derartigen Großprojekt zusammen. Geteilt werden auch die Kosten, 12 Millionen Schilling für die Exposition und weitere 7 Millionen für die Adaptierung der Räumlichkeiten. Der Ausstellungsarchitekt wurde mit Dombaumeister Gottfried Nobl ebenso wie der Ausstellungsleiter, Diözesankonservator Erich Widder, von der Diözese gestellt. Weiters war der Historiker Rudolf Zinnhobler von der Theologischen Hochschule am Gelingen der Schau beteiligt.

Den Besucher der Ausstellung beeindrucken zunächst die vorbildlich restaurierten Räume, wobei die Aufmerksamkeit zuallererst der Stiftskirche zu gelten hat. Die Dynastie der Carlone hat in Garsten, dessen erste urkundliche Erwähnung tausend Jahre zurückliegt, ganze Arbeit geleistet. Vater Pietro Francesco schuf die Pläne, Sohn Carlo Antonio wirkte als Architekt des Baues, und dessen Bruder Giovanni Battista Carlone steuerte den überreichen Stuck des Gotteshauses bei. Die meisterlichen Statuen am Hochaltar stammen vom Garstener Laienbruder Marian Rittinger, die Altarbilder schuf Johann Carl von Reslfeld.

Die eindrucksvollen Grabmäler des heiligen Berthold und des Markgrafen Otakar II. von Steyr, der das Wirken der Benediktiner in Garsten im 12. Jahrhundert ermöglicht hat, haben ihren Platz in der Kirche.

Ein Fest für die Augen ist die in die Ausstellung miteinbezogene Losensteiner kapeile, letzte Ruhestätte eines alten Adelsgeschlechts, in der die Brüder Carlone einen prachtvollen Stuckaltar und Gewölbeverzierungen geschaffen haben.

Auch die Prälatenkapelle, erstmals seit Einzug der Strafanstalt für die Öffentlichkeit zugänglich, die Sakristei, der Sommerchor, die Winter Sakristei, die Paramen-tenkammer und der Kapitelsaal sind in die Ausstellung integriert und für sich sehenswert.

Daß wegen seiner aktuellen Verwendung ein Großteil des Stiftes nicht zur Verfügung steht, wurde für die Aussteller zum Problem. Denn man hat sich bemüht, das Werden der Kirche in Oberösterreich von den Anfängen weg zu dokumentieren. Ausgrabungen aus Enns/Lorch, zu sehen bereits bei der Severin-Ausstellung im Jahr 1982, fehlen ebensowenig wie die Zeugnisse mittelalterlicher Sakralkunst, die im vergangenen Jahr in Stift Reichersberg ausführlich zu bewundern war. So hat man — auf objektiv zu wenig Raum — 812 Exponate zusammengetragen. Das schadet der Übersichtlichkeit, eine thematische Beschränkung, die sich aus dem Titel „200 Jahre Diözese Linz” ergeben hätte, wäre der Schau wohlangestanden. Durch die sich wiederholenden Ausstellungskonzepte und -objekte läuft man Gefahr, auch die interessiertesten Besucher mit der Zeit zu verlieren.

Platzmangel

Dabei gäbe es verschiedene Stoßrichtungen, in denen verstärkt weitergearbeitet werden könnte. Der Teil der Ausstellung, der sich auf die Zeit der Reformation, der Gegenreformation und der kirchlichen Erneuerung bezieht, wurde gemeinsam mit der evangelischen Kirche gestaltet, so konnte dem ökumenischen Gedanken Rechnung getragen werden. Aus Platzmangel ist dieses wichtige Thema, das mit der Luther-Bibel von Thening und den Prozeßakten des 1527 in Schärding verbrannten Protestanten Leonhard Käser veranschaulicht wird, in einen kleinen Raum gedrängt.

Die Geschichte des Bistums Linz beginnt mit dem Jahr 1785, in dem es aus der Diözese Passau ausgegliedert wurde. Unter den zwölf Linzer Bischöfen nimmt Franz Josef Rudigier eine Sonderstellung ein. Er war der Initiator des Linzer Domneubaues; mit dem „Mariendom” besitzt die Landeshauptstadt die größte neugotische Kirche Österreichs. Erstmals wird der Historismus ohne Überheblichkeit als Kunststil gewürdigt, das handwerkliche Können der Bildhauer Rint, Kepplinger, Raweder und Ober-huber wird ins rechte Licht gerückt.

Kirche als Mäzen

Ein Ausstellungsraum ist der zeitgenössischen Sakralkunst gewidmet. Damit wird in Erinnerung gerufen, daß die Funktion der Kirche als Mäzen und Förderin der Künste, wenn auch in bescheidenerem Maß als einst, auch heute noch aufrecht ist.

Bei der Ausstellungseröffnung bekannte sich Landeshauptmann Josef Ratzenböck dazu, daß die Geschichte der Kirche in Oberösterreich auch die Geschichte des Landes selbst sei. Bischof Maximilian Aichern' betonte, daß sich die Kirche der Vergangenheit bewußt sei, aber sich ebensosehr auf Gegenwart und Zukunft ausrichte. Die Bedeutung der Glaubensverkündigung bei den 38 anläßlich des Diözesanjubiläums gefeierten Dekanatsfesten und der Hauskirche als Grundpfeüer des Glaubens seien dafür ein Zeichen.

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