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Der Kulturpolitik des Landes Oberösterreich liegt ein Konzept zugrunde, das sich an ebenso einfachen wie lebensnahen Grundsätzen orientiert.

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Der Kulturpolitik des Landes Oberösterreich liegt ein Konzept zugrunde, das sich an ebenso einfachen wie lebensnahen Grundsätzen orientiert.

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So gilt es zum einen, die Förderung des zeitgenössischen Schaffens so auszubauen, daß sie den Künstlern und Wissenschaftlern gern benutzte Arbeitsvoraussetzungen schafft. Mit anderen Worten: wir betrachten es als unsere Aufgabe, den schöpferischen Menschen unseres Landes die Integration in die Gesellschaft zu erleichtern. Das gelingt uns umso eher, je mehr wir unsere Förderungsmaßnahmen vom Verruf als Almosenverteilung zu befreien und als selbstverständliche Hilfestellung, oder, noch besser, als Verpflichtung zu deklarieren vermögen. Die Künstler und Wissenschaftler müssen das Gefühl haben, daß die Gesellschaft vor allem zwei Anliegen anerkennt: ein den anderen Berufsschichten adäquates Anrecht auf Unterstützung der Ausbildung und Entfaltung des Talentes und die

Wertung der künstlerischen und wissenschaftlichen Leistungen als wichtige Wertschöpfung eines Volkes.“

Aus diesem Grund hat Oberösterreich das System der Förderungsmöglichkeiten um gewisse Schwerpunkte konzentriert und zum Teil neue Akzente gesetzt. Bei der Förderung der jungen Generation betrifft dies neben Ausbildungsbeihilfen, Stipendien und Subventionen bei Aufbau ihrer freiberuflichen Existenz vor allem die sogenannte Talentförderungsprämie. Es ‘ handelt sich dabei um eine Förderungsmaß- nahme, die, wie der Name andeutet, dem talentierten Nachwuchs zugute kommen soll. Über Vorschlag einer unabhängigen Jury wird diese Prämie im Ausmaß von entweder 2000 Schilling monatlich für zwei Jahre oder im Betrage von monatlich 4000 Schilling für ein Jahr vergeben. Sie wird jährlich fünf jungen Talenten zuerkamnt. Im Bereich der mittleren Künstlergeneration liegt der Schwerpunkt der Förderung bei den vermehrten Werkankäufen und den Kunstaufträgen. Neu aufgegriffen soll in diesem Zusammenhang ein langgehegter und gelegentlich auch erfüllter Wunsch der Künstler- schaft werden, der bei vom Land Oberösterreich finanzierten Neubauten den Einsatz bestimmter Mittel für künstlerische Gestaltungsaufgaben vorsieht. Derzeit ist man bemüht, daß sich das Land in diesen Fällen zur Bereitstellung eines Betrages in Höhe von zumindest einem Prozent der Bausumme bekennt. Ein erster diesbezüglicher Vorstoß wurde bereits im Kulturbudget 1974 unternommen.

Für den wissenschaftlichen Bereich gibt es eigene Förderumgsmdglich- keiten. Die Maßnahmen gelten hier sicherlich zunächst der Sicherung der Forschung im Lande, wie sie vom oberösterreichischen Landesmuseum, dem Öberösterreichischen Landesarchiv, dem Adalbert Stifter-Institut, dem Institut für Volksbildung und Heimatpflege und von vielen privaten Einrichtungen, wie etwa dem Öberösterreichischen Musealverein, sowie von verschiedenen Einzelpersönlichkeiten betrieben wird. Ebenso aber werden die finanziellen Zuschußleistungen von der Sorge um einen entsprechenden wissenschaftlichen Nachwuchs geleitet.

Ein zweiter Grundsatz, nach dem unser Kulturkonzept ausgerichtet ist, geht davon aus, daß die Kulturbemühungen nur dort als aktuell und attraktiv empfunden werden, wo es gelingt, den Kulturkonsumenten in zeitgemäßer Form anzusprechen. Es gibt im Lande einen erstaunlichen

Reichtum an Kulturwerken und Kulturwerten. Diese der Bevölkerung nicht nur auf unkomplizierte Weise zugänglich zu machen, sondern die Menschen obendrein für eine geeignete Auseinandersetzung mit diesen Kulturgütern zu gewinnen, ist eine emstzunehmende Aufgabe. Was darunter zu verstehen ist, sei an zwei Beispielen erläutert.

Oberösterreich darf sich rühmen, im Linzer Schoß ein Museum zu besitzen, das sowohl von der Qualität der Ausstellungsobjekte wie von der Ausstellumgsgestaltung her in der Fachwelt hohe Anerkennung genießt. Es ist dem Land aus diesem Grunde ein Anliegen, daß dieses bedeutsame Institut von möglichst vielen Menschen besucht wird. Um dieses Ziel wenigstens in der näheren Zukunft zu erreichen, wurde die Aktion „Jugend in die Museen“ ins Leben gerufen. Dank einer sorgsamen ■und bis ins Detail reichenden Planung von seiten der schulpädagogisch und fachwissenschaftlich zuständigen Stellen und dank einer möglichst unbürokratischen Handhabung werden interessierte Schulklassen mit dem Bus kostenlos zum Schloßmuseum und zurück gebracht, wobei sie im Museum die Möglichkeit haben, sich in methodisch richtiger Form an Hand der Schaustücke über eine bestimmte Periode der Geschichte und ihre Bedeutung zu informieren. Und was dabei eine wirkliche Neuheit ist: die Kinder werden nicht von einem Museumsbeamten, sondern vom eigenen Klassenlehrer fachlich betreut. Eine andere Aktion, die schon über ein Jahr mit außergewöhnlichen Erfolg durchgeführt wird, zielt; darauf ab, die Jugend unserer Schulen näher an das Landestheater heranzuführen. Einen Tag lang werden die jungen Leute mit all dem vertraut gemacht, was sich hinter den Kulissen abspielt, ehe ein Stück über die Bühne geht. Der Besuch einer Bühnenprobe, ein für die meisten Jugendlichen faszinierendes Erlebnis, ist mitinbegriffen. Das Landestheater unternimmt darüber- hinaus seit mehreren Jahren große Anstrengungen, um in unseren Kleinen in den Kindergärten die Freude zum Spiel und die Liebe am Spiel zu wecken. Intendanz und Schauspielern begegnet dabei ein lebhaft zustimmendes Interesse.

Ein weiterer wichtiger Schritt auf einen bisher nur wenig beschrittenen Weg gelang im heurigen Jahr im Zusammenhang mit der Buchwoche. In dieser Zeit wurde einer Reihe von Schriftstellern die Gelegenheit geboten, in Schulen zu lesen und mit den jungen Menschen zu diskutieren. Der Kontakt, der dabei geschlossen wurde, bedeutete, wie aus Berichten vielfach hervorgeht, für Jugendliche und Schriftsteller einen erfreulichen Gewinn. Daß derartige Begegnungen noch ausbaufähig sind, steht fest.

Der dritte Grundsatz unserer Kulturpolitik geht von dar Erkenntnis aus, daß das Kulturbewußtsein in unserer Bevölkerung wohl nur dann in wünschenswerter Form geweckt oder gestärkt werden kann, wenn wir uns zu einer Dezentralisierung des Kulturbetriebes bekennen und immer wieder Initiativen setzen, die eine möglichst große Breitenwirkung erzielen. Beides wurde in Ober- österreidi vor allem in der letzten Zeit mit großem Eifer angestrebt. Unter diesem Gesichtspunkt stand die eben zu Ende gegangene Schwanthaler-Ausstellung in Reichersberg, von der übrigens derzeit ein Teil im Belvedere in Wien zu sehen ist. Diese Ausstellung sollte unserer Bevölkerung und den kunstinteressierten Menschen des In-und Auslandes zeigen, welche starken Kräfte das kulturelle Antlitz unseres Landes mitgeprägt haben. Unter diesem Aspekt sollen die Anstrengungen verstanden werden, die auf dem Sektor der Erwachsenenbildung überall in unseren Dörfern, Märkten und Städten unternommen werden. Eine besondere Aufgabe übernehmen die Erwachsenenbildungseinrichtungen im Rahmen der Aktion „Kultur und Bildungswochen“, die darauf abzielen, in möglichst vielen Gemeinden die kulturellen Kräfte zu mobilisieren und sie in den Dienst einer gemeinsamen Aufgabe zu stellen. Innerhalb der Kultur- und Bil- dungswochen sollen die kulturellen Möglichkeiten eines Ortes wahrge- nommen, aber auch die Kulturprobleme kurzzeitig in den Mittelpunkt des Interesses gerückt werden. Unter dem Motto der Stärkung des Kulturbewußtseins sind ferner die in den nächsten Jahren geplanten Großvorhaben zu sehen. Darunter fallen im

Jahre 1975 die Margret-Bilger-Aus- stellung im Stift Schlierbach, sowie die über das ganze Land verteilten denkmalpflegerischen Aktionen als Beitrag des Landes Oberösterreich zum Jahr der Denkmalpflege. Oberösterreich gibt hier ein nachahmenswertes Beispiel, indem es im Zusammenwirken mit dem Bundesdenkmalamt die Erfassung aller erhal- tenswürdigen Kulturobjefcte veranlaßt und die einzelnen Gemeinden eingeladen hat, 1975 wenigstens eine denkmalpflegerische Maßnahme zu setzen. In das Jahr 1976 fällt das Gedenken an die oberösterreichischen Bauernkriege, das mit einer großen Landesausstellung und mit vielen sonstigen Veranstaltungen verbunden sein wird. Im gleichen Jahr werden wir das 1000-Jahr-Jubiläum von St. Wolfgang festlich begehen. Im Jahr 1977 wird das Stift Kremsmünster, das dann auf eine 1200jäh- rige Geschichte zurückblicken kann, im Mittelpunkt von Gedenkfeiern stehen und 1979 werden wir uns in besonderer Weise der 200jährigen Zugehörigkeit des Innviertels zu Oberösterreich erinnern.

Im Sinne der Dezentralisierung des Kulturbetriebes erfolgt der Auf- und Ausbau von Kulturzentren. An erster Stelle ist hier das Landeskulturzentrum Ursulinenhof zu nennen, in dem zu Beginn des kommenden Jahres viele bisher nur notdürftig untergebrachte Kulturveredmgungen künftig ihren Arbeitsplatz finden werden. Durch den Erwerb des ehemaligen Konvents der Ursulinen im Zentrum der oberösterreichischen Landeshauptstadt und durch den Ausbau des Komplexes zu einer Stätte der Begegnung für unsere Künstler und Wissenschafter wurde nicht nur ein bedeutendes Kulturdenkmal vor dem Verfall oder einer unpassenden Verwendung bewahrt, sondern unseren. Künstlern und Wissenschaftlern zugleich eine große Chance eröffnet. Als echte Kulturzentren haben sich die Statutar- städte Linz, Wels und Steyr erwiesen und es ist erfreulich, in welchem Maß dort kulturelles Leben pulsiert. Daneben aber entstanden in den verschiedensten Teilen des Landes solche kulturelle Zentren. Zu ihnen zählen, um nur die wichtigsten zu nennen, die Stifte Reichersberg, Schlierbach, sowie St Florian, Kremsmünster, Schlägl, Wilhering und Garsten, das Schoß Almegg mit seinem Keramikseminar, das Schloß Scbarnstein mit dem Strafrechtsmuseum, das Künstlerzentrum Parz bei Grieskirchen, das Schloß Walchen mit seinem Kulturkreis, das Schloß Haiding bei Wels mit seinen literarischen Veranstaltungen, Schloß Kammer im Raume Vöcklabruck mit den Sommerkonzerten, Bad Ischl mit seinen Operettemwochen, Gmunden mit seinem kulturellen Jaihres- programm, das Sommertheater in Grein, der Musdksommer in Klaus, das Blldhauersymposion in Mauthausen, das Kulturzentrum Gnei- senau im oberen Mühlviertel. Ein neues Zentrum wird in naher Zukunft im Schloß Zell an der Pram entstehen, das adaptiert wird und zu einem musischen Zentrum aus,gebaut werden soll.

Auf der Ebene des Bemühens, kul-

turelle Breitenarbeit zu leisten, liegt ferner der Ausbau des Musikschulwesens in Oberösterreich, wobei in fachlicher Hinsicht unserem Brucknerkonservatorium eine wichtige Rolle zuikommt, sowie die Gastspieltätigkeit des Linzer Landestheaters und des Bruckner-Orchesters-Linz. Um die Konzerttätigkeit auf das wünschenswerte Ausmaß ausweiten zu können, wird das Orchester auf 96 Musiker aufgestockt, ein Projekt, das bereits weitgehend verwirklicht ist. Aber auch die erfolgreiche Arbeit auf dem Sektor des Abonnementwesens, die es der Bevölkerung in relativ günstiger Form ermöglicht, an den großen Kulturveranstaltungen in der Landeshauptstadt teilzuneh men, gehört hierher. Oberösterreich verfügt gerade auf dem Sektor des Theaters über ein ausgezeichnet organisiertes Abonnementsystem und unterliegt daher nur im geringen Maße den anderwärts feststellbaren Schwankungen in der Besucherfrequenz.

‘Und schließlich ist in diesem Rahmen die Förderung der wertvollen Tätigkeit unserer Einrichtungen der Volkskultur, vor allem der Blasmu- sikkapellen, der Liebhaberorchester, der Laienchöre, der Laientheater, der Volks- und Braucbtumsgnuppen sowie der Heimatpfleger anzuführen. Es sind viele Tausende Menschen, die in diesen Institutionen in uneigennütziger Weise Zeit, Kraft und ihr Können investieren. Sie helfen mit, daß das kulturelle Fundament des Landes gesund und tragfähig bleibt.

Oberösterreich ist ein Land mit starker Wirtschaft. Oberösterreich ist aber auch ein Land, das alles daransetzt, um sich im kulturellen Bereich immer stärker zu profilieren. Der hohe Einsatz, den es dafür leistet, geschieht nicht nur, weil eine mit den Namen Anton Bruckner, Adalbert Stifter und Franz Stelzhammer gekennzeichnete Tradition einen solchen fordern darf, sondern weil unsere Menschen immer mehr erkennen, daß Wirtschaft und Kultur einander nicht ausschließen dürfen, sondern einander ergänzen müssen.

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