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Landesausstellungen sind wichtig für das Geschichtsbewußtsein

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Es gehört zu den kulturellen Besonderheiten des Landes Oberösterreich, daß hier seit 1974 alljährlich eine Landesausstellung veranstaltet wird. Der große Auftakt zu dieser Reihe war allerdings bereits neun Jahre früher mit der Ausstellung „Die Kunst der Donauschule” im Stift St. Florian erfolgt. Die zweite Ausstellung, eben jene des Jahres 1974, war der Bildhauerfamilie Schwanthaler gewidmet und im Stift Reichersberg untergebracht.

Im folgenden Jahr stand das Stift Schlierbach im Zeichen der

Margret-Bilger-Ausstellung. Das Jahr 1976 galt ausstellungsmäßig dem Gedenken an den großen oberösterreichischen Bauernkrieg, der vor 350 Jahren stattgefunden hatte. 1977 feierte Oberösterreich zusammen mit dem Stift Kremsmünster in einer Ausstellung das 1200-Jahr-Jubiläum dieser Abtei; 1978 rückte Eferding mit einer Ausstellung über das Geschlecht der Schaunberger in den Vordergrund des Interesses; 1979 beherbergte die Stadt Braunau anläßlich der Feiern zur Erinnerung an die zweihundertjährige Zugehörigkeit des Innviertels zu Oberösterreich eine Landesausstellung über die Bildhauerfamilie Zürn.

1980 gab es im Zusammenhang mit der 1000-Jahr-Feier der Stadt Steyr auf Schloß Lamberg die große internationale Hallstattausstellung; 1981 wurde die Kultur des Mondseelandes in einer Ausstellung näher beleuchtet. Und 1982 hat sich in Erinnerung an den 1500. Todestag des hl. Severin die Stadt Enns für eine entsprechende Landesausstellung angeboten.

Uberblickt man diese Ausstellungsreihe und denkt man hinzu, daß sie in den nächsten Jahren fortgesetzt werden, soll, dann stellt sich unwillkürlich die Frage nach dem Sinn und Wert solcher Landesausstellungen. Es darf ja schließlich nicht verschwiegen werden, daß große Ausstellungen mit hohen Kosten verbunden sind.

Zunächst wird man davon ausgehen müssen, daß eine Landesausstellung nicht einfach nur eine möglichst groß angelegte Schau in einem möglichst repräsentativen Rahmen ist, wenngleich sie natürlicherweise ein Thema von überregionaler Bedeutung in umfassender und repräsentativer Weise zu behandeln sucht. Eine Landesausstellung ist auch kein kultureller Kraftakt, der ohne breite Zustimmung gesetzt wird. Immer muß die Ausstellung einem wichtigen Anlaß bzw. dem kulturellen Bedürfnis vieler Menschen entspringen.

Eine Landesausstellung ist ferner keine protzige Geste, die zeigen soll, was sich ein Land im Kulturbereich finanziell leisten kann. Und eine Landesausstellung darf sich nicht als eine Alibihandlung erweisen, die üppiges kulturelles Leben vortäuscht, das es in Wahrheit nicht gibt. Es steht außer Frage: Eine Landesausstellung kann nicht als Ersatz für ein breitgefächertes kulturelles Angebot gelten. Eine Landesausstellung will etwas anderes sein.

Sie will ein Großereignis sein, in dem wichtige kulturelle .Zielsetzungen verwirklicht werden. Ein Großereignis, das durch die Bedeutung des Themas, die Sorgsamkeit und Gediegenheit der Aufbereitung und die Qualität der Exponate möglichst viele Menschen anlockt Und ein Großereignis, das durch die Anschaulichkeit, Vielseitigkeit und Originalität der Präsentation den vielen Menschen zu einem Erlebnis verhilft.

Frage nach Sinn und Wert

Gelingt es, dieser Aufgabenstellung gerecht zu werden, können auch andere Forderungen mit eingelöst werden. So darf mit Recht erwartet werden, daß eine Landesausstellung einen Beitrag zur Erkenntnis der Bedeutung und des Wertes der Kultur erbringt, indem sie zeigt, wie sehr kulturelle Leistungen vom Denken, Fühlen und Handeln der Zeit geprägt werden und wie sehr sie andererseits die Zeit prägen. So kann verlangt werden, daß eine solche Ausstellung das Landesbewußtsein stärkt.

Immer ist es ja ein Stück Geschichte des eigenen Landes, das präsentiert wird, sind es Kunstschätze, die die Menschen dieses Raumes geschaffen -haben. Die Ausstellung—und das soll bewußt gemacht haben — zeigt also einen Teil des gemeinsamen Kulturerbes. Und schließlich soll eine Landesausstellung das Geschichtsbewußtsein der Menschen fördern.

Geschichtsbewußtsein, das heißt: Einbeziehung der Erkenntnisse, Errungenschaften und Leistungen der Vergangenheit in unser gegenwärtiges geistiges Gesichtsfeld; heißt Eingeständnis,

Gemeinsames Kulturerbe daß auch der Mensch von heute nur ein Glied in der Kette der Entwicklung ist; heißt Anerkennung der Tatsache, daß jede Generation ihre speziellen Aufgaben hat, und daß es der beste Dienst an der Zukunft ist, die gegenwärtigen Aufgaben zu lösen.

Eine Ausstellung soll schließlich mithelfen, daß sich die Menschen auch für den Ausstellungsort und das Ausstellungsgebäude interessieren. Aus diesem Grund werden durch solche Ausstellungen vielfache Impulse ausgelöst: Impulse in Form umfangreicher denkmalpflegerischer Maßnahmen und von Aktionen zur Orts-bildverschönerung; und Impulse in Gestalt der Abwicklung groß angelegter kultureller Rahmenprogramme.

Damit eine Landesausstellung so weitreichenden Forderungen entsprechen kann, müssen viele Hände ineinandergreifen. In erster Linie bedarf es eines Teams von Fachwissenschaftern, die das Ausstellungsthema geistig kon-zeptiv und praktisch-demonstrativ erarbeiten, die die Exponaten-und Leihgabenliste erstellen und die Herausgabe des unentbehrlichen Katalogs ermöglichen. Es ist erforderlich, daß Pädagogen mitreden, damit die Ausstellung nicht allzusehr im streng Wissenschaftlichen hängenbleibt, sondern daß es zu einer methodischdidaktisch richtigen Ubersetzung ins Allgemeinverständliche kommt.

Kein Garantierezept

Es muß ein entsprechendes schöpferisches Team zur Verfügung stehen, dem die Gestaltung der Ausstellung obliegt. Es muß eine geeignete Werbe- und Informationsstelle vorhanden sein, die den Menschen den Besuch der Ausstellung schmackhaft macht und auch zu verschiedenen Serviceleistungen bereit ist. Und es ist eine guteingespielte Organisation vonnöten, die alle Fragen der Vorbereitung, der Abwicklung und des Abbaues und Rücktransportes der Ausstellung löst.

Landesausstellungen sind also aufwendige Unternehmungen. Aber zugleich Unternehmungen, die nach all den bisherigen Erfahrungen gern angenommen werden. Es gibt wohl kein Rezept, das eine bestimmte Besucherzahl garantiert, im Gegenteil, jede neue Ausstellung bringt neue Überraschungen. Dennoch bleibt bestehen, daß die Menschen den Einsatz honorieren. Man sollte sich daher der Mühe solcher Ausstellungen unterziehen, solange es die Finanzen des Landes erlauben und solange es großzügige Leihgeber gibt.

Der Autor leitet die Kulturabteilung der Oberösterreichischen Landesregierung.

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