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„Impulse für die Regionen"

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Hans-Peter Schleich, Leiter des Referats für Landesausstellungen in der Steiermärkischen Landesregierung, im Gespräch mit Christa Höller.

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Hans-Peter Schleich, Leiter des Referats für Landesausstellungen in der Steiermärkischen Landesregierung, im Gespräch mit Christa Höller.

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dieFurche: Wie umschreiben Sie Ihren Aufgabenbereich?

Hans-Peter Schleich: Landesausstellungen sind ein Unternehmen, das entscheidende Bedeutung für die Entwicklung einer Region hat. Meiner Meinung nach ist die Kultur dabei der Mittelpunkt und Motor vieler Neuerungen. Sie sind aber auch eine Be-reicherung für Wirtschaft und Tourismus. Die Kultur ist ein Hoffnungsträger geworden, sie ist progressiv und kann vieles in Rewegung setzen. Man muß auch selbst die Bereitschaft mitbringen, Ungewohntes zu wagen.

dieFurche: Ist es nicht zu viel, jedes Jahr eine Landesausstellung zu machen?

Schleich: Bis zum Jahr 2000 sind die Projekte schon fixiert: Im kommenden Jahr heißt es in Leoben „Made in Styria", es tolgt das 1 nema „Jugend" in Badkersburg, Knittelfeld wird das Gebiet „Verkehr" zeigen, und die Ausstellung im Jahr 2000 wird in Graz ein zukunftsbezogenes Thema bearbeiten, an dem noch gearbeitet wird. Es sind aber schon Überlegungen im Gange, in den folgenden Jahren einen anderen Bhythmus zu wählen.

dieFurche: Bisher waren die Landesausstellungen eher historisch orientiert Die kommenden Jahre scheinen aber einen anderen Schwerpunkt zu haben ...

Schleich: Das ist ganz richtig. Wir wollen in den kommenden Jahren neue Zielgruppen ansprechen und stärker gegenwarts- und zukunftsbe-zogen werden. Das heißt aber nicht, daß wir historische Dimensionen vernachlässigen werden. Die Ausstellung in Graz wird das ganz deutlich zeigen, denn wir werden den Schwerpunkt auf die Funktion der neuen Medien legen. Neubauten wird es dafür nicht geben, aber wir werden neue Inhalte präsentieren.

dieFurche: Gerade in der jüngsten Vergangenheit wurden Stimmen laut, man bekomme eine Landesausstellung nur, wenn man eine Aristokratiii sei, deren halbverfallenes Schloß restauriert werden soll...

Schleich: Das sehe ich wirklich nicht so. Gut, wir hatten Landesausstellungen in Herberstein und auf der Bie-gersburg, aber das ist wertvollster stei-rischer Kulturbesitz. Im Gegensatz zu dieser Meinung nenne ich Trautenfels, Mürzzuschlag, Pöllau und Mu-rau. Heuer ist es Mariazell, wo tatsächlich Restaurierungen notwendig waren, die aber auch ohne Landesausstellungen gemacht werden mußten.

Unsere Priorität bei der Vergabe ei -ner Landesausstellung ist der Nutzen für die Allgemeinheit, nicht für eine Einzelperson. Ich nenne in diesem Zusammenhang als Musterbeispiel Murau, wo durch die Landesausstellung ein ganzes Stadtviertel revitalisiert wurde, ein Viertel, das in katastrophalem Zustand gewesen war. Jetzt gibt es dort Wohnungen und Geschäfte für die Rürger dieser Stadt. Dieser Allgemeinnutzen hat sich natürlich herumgesprochen, und wir haben so viele Bewerber, daß wir bis 2020 Ausstellungen machen könnten.

dieFurche: Ilaben die Landesausstellungen langfristige Nachwirkungen?

Schleich: AVir versuchen, dem Ausstellungsort durch unser Konzept und Marketing einen Impuls für die folgenden Jahre zu geben. Mit unserem Werbebudget von etwa vier Millionen verschaffen wir der Region überregionale Bekanntheit, die sich positiv auswirkt. Wir können aber nur den Anstoß geben, vieles hängt dann von der Eigeninitiative der Region ab. Ich möchte hier wieder Murau nennen, das in diesem Monat ein Symposium über Fertighäuser veranstaltet, eine direkte Nachwirkung der Landesausstellung „Holz". Ein weiteres Beispiel ist Mürzzuschlag. Das Kunsthaus entstand im Zusammenhang mit der Landesausstellung und ist heute ein kulturelles Zentrum der gesamten Region geworden.

dieFurche: Zur Gestaltung der Landesausstellungen- Ich vermisse bei den Gestaltern die ausgebildeten Museologen, und ich stelle bei allen Landesausstellungen, nicht nur bei den steiri-schen, immer wieder schwere Mängel der Gestaltung fest Ich nenne nur schlechte Beschriftungen, ungünstige Lichtführungen, oft auch wenig Be-spekt vorden Objekten, etwa wenn man historische Personen durch moderne Schaufensterpuppen darstellt, unbequeme Wzgführungen, unbequeme Anordnung der Vitrinen ...

Schleich: Ich gebe zu, daß diese Vorwürfe nicht unberechtigt sind. Wir versuchen jedoch seit längerer Zeit, in engem Kontakt mit dem Landesmuseum Joanneum, diese Fehler zu vermeiden, und in jedem Jahr die Fehler des vergangenen Jahres nicht zu wiederholen. Die Schwierigkeit liegt immer darin, die verschiedenen Ansprüche, von den konservatorischen Auflagen bis zu den Wünschen des Publikums, zu befriedigen. Manchmal gerät man auch unter Zeitdruck - wieder ein Argument für längere Abstände zwischen den Ausstellungen. Man hätte dann mehr Zeit und auch mehr Mittel zur Verfügung.

dieFurche: Ich habe oft feststellen müssen, daß Ortsbilder durch Baumaßnahmen im Zuge der Landesausstellungen verunstaltet wurden Ich nenne als Beispiele Krieglach, dessen Hauptplatz nun eine barocke Nepo-mukstatue in einem neuen Wasserbecken ziert, Mariahof bei St Lambrecht, wo ein herrlich restaurierter gotischer Pfairfiof durch einen davorgestellten Holzbau verunziert wird, oder die Kirche von Pöllau, in der die barocke Bausubstanz über den Seitenaltären fiir einen funktionslosen Gang durchgebrochen wurde.

Schleich: Es gibt zu diesen Ortsbildgestaltungen viele Meinungen. Manche Neuheiten rufen Provokationen hervor, weil sie eben ungewohnt sind. Man muß aberfür neue Entwicklungen offen bleiben. Im allgemeinen aber versuchen wir, in Zusammenarbeit mit den für Ortsbildgestaltung zuständigen Organisationen positive Veränderungen zu schaffen. Eines aber sollte man wirklich nicht übersehen: Unsere Landesausstellungen führen in die schönsten Gebiete der Steiermark, die zu allen Zeiten einen Besuch wert sind.

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