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jenseits der ,3annmeile

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den, ebenso wie etwa die Koproduktion von Mauricio Kagels „Tanzschul“' mit der Wiener Staatsoper.

Die steirische Kulturpolitik legt kulturelles Angebot über das ganze Land aus. Unter großen finanziellen Anstrengungen der Landesregierung und oft im Zusammenwirken mit den steirischen Gemeinden und privaten Kräften ist in den letzten Jahren ein dichtes Netz von guten Häusern entstanden: Kindergärten und Schulen, Musikschulen und Büchereien, Musikheime und Heimatmuseen, Veranstaltungssäle und Mehrzweckhallen. Dieses Netz wird Schritt für Schritt vervollständigt. Diese dezentrale Schau hat zum Ziel, Provinz - dort, wo sie ein Ort allzu großer Enge ist — abzuschaffen, geistige Lebensräume zu öffnen, Atemluft für die Seele zu spenden. Das ist der Sinn dezentraler Politik jenseits der Bannmeile der Landeshauptstadt Graz. Aus diesem Humus wachsen vielfältige Begabungen.

Das steirische Ortsbildgesetz hat an die 50 Gemeinden dazu angeregt, sich eine Schutzzone zuzulegen, in der mit alter Bausubstanz besonders sorgfältig umgegangen wird. Auch die Ortsemeuerun g hat bereits um die 30 Gemeinden erfaßt. Der steirische Weg besteht dabei darin, daß Veränderung nicht von oben technokratisch verordnet wird, sondern von Volksbildnern im breiten Gespräch mit Bürgern und Bürgermeistern begleitet wird.

Seit 1978 werden die steirischen Landesausstellungen jeweils in einer anderen steirischen Region durchgeführt. Von der „Gotik“ in St. Lambrecht führte der Weg über die „Musik“ in Admont zum „Erzherzog Johann“ nach Stainz und weiter über „Erz und Eisen“ in Eisenerz, die Steiermark — „Brücke und Bollwerk“ auf Schloß Herberstein zu den „Hexen und Zauberern“ auf die Riegersburg. Seit Mai 1988 ist die große Landesausstellung „Glas und Kohle“ mitten im erneuerten Glasbetrieb Oberdorf in Bärn-bach zu sehen. Der steirische Architekturpreisträger Klaus Kada hat dafür eine neue Halle geschaffen, einen Solitär aus Glas, Eisen und Beton, der nach der Landesausstellung das modernste Glasmuseum Mitteleuropas sein soll. Die Landesausstellung entpuppt sich als kräftiger Motor für die Erneuerung der weststeirischen Wirtschaft und schickt sich an, ein Musterfall für die Symbiose von Kultur und Wirtschaft zu sein.

Unsere Landesausstellungen entwickeln sich immer stärker als Lokomotive für eine regionale kulturelle und wirtschaftliche Renaissance. In der Weststeiermark geht es um den Sprung von der bekannten Glasmachertradition ins neue Design und damit zu neuen Märkten. Schon jetzt rüstet die Region um Judenburg für , Menschen & Münzen & Märkte“ im Jahr 1989, die Südsteiermark bereitet sich auf die Landesausstellung „Wein“ 1990 in Gamlitz vor, und im Jahr 1991 kommt Mürzzuschlag mit einer großen Landesausstellung „Sport“ zum Zug. „Erkundungen der Zeit“ ist ein neues Projekt gewidmet, das unter dem Markenzeichen „Akademie Graz“ heuer erstmals in den Monaten Juli bis September Graz mit einer Fülle von Veranstaltungen überzieht. Es geht um Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, um Forschung und Wissenschaft, um Kunstzeit, Zeitkunst, um Okologie, Gesundheit, Reise und Fremdsprachen.

Die Linie der steirischen Kulturpolitik, die Zusammenarbeit mit jenen Ländern zu suchen, die einst näher zu uns gehörten, führte schon unter Hanns Koren über Trigon, die Steirische Akademie, die Internationalen Malerwochen herauf zu lebendigen Kontakten im Rahmen der mitteleuropäischen Arbeitsgemeinschaft Al-pen-Adria. Man kann heute von einer intensiven regionalen Auslandskulturpolitik sprechen, die von der Steiermark geführt wird. Ein Großprojekt, gleichzeitig ein Markenzeichen für diese Politik, ist das „Trigonmuseum“, das in den nächsten Jahren im Herzen der Grazer Altstadt gebaut wird.

Ein internationales Gremium wird in Kürze einen österreichweiten öffentlichen Architektenwettbewerb ausschreiben und auch Architekten aus den Nachbarländern gezielt zur Beteiligung einladen. Das Museum selbst wird neben großen Ausstellungen jeweils Kunst der letzten zehn Jahre zeigen und auf diese Art neueste Tendenzen präsentieren. Es wird damit die Tätigkeit der Neuen Galerie ergänzen, die in den letzten 20 Jahren gewaltige Horizonte aufgerissen hat.

Steirische Kulturpolitik ist dem Erbe — ein Beispiel dafür ist das Osterreichische Freilichtmuseum in Stübing — ebenso verpflichtet wie der Zukunft. Nicht in isolierter Provinzialität, sondern in Weltoffenheit. Ich behaupte: Wenn gewisse Wirtschaftszweige, die heute in großen Nöten sind, so früh so mutig in die Welt von heute geschaut hätten, wie das der „steirische herbst“ von Anfang an getan hat, wären sie besser gewappnet gewesen gegen manche Stürme, in die sie leider geraten sind.

Der Autor ist Landeshauptmann-Stellvertreter und Kulturreferent der Steirischen Landesregierung.

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