Am Anfang wird nachgedacht

Werbung
Werbung
Werbung

Wer 875 Jahre urkundliche Erwähnung feiert, hat das Recht auf ein großes Fest. Graz, das 2003 dieses Jubiläum begeht, kann sich in diesem Jahr mit dem höchsten Titel schmücken, den die EU-Kulturminister zu vergeben haben: Kulturhauptstadt Europas.

Seit im Mai 1998 die Kulturminister ihre Entscheidung bekannt gaben, wird in Graz intensiv nachgedacht und projektiert. Wolfgang Lorenz, hauptberuflich im ORF tätig, entwirft das inhaltliche Konzept für 2003. Im zur Seite stehen zwölf steirische Köpfe, die ihm beim Denken behilflich sein sollen. Als Geschäftsführer für das 700 Millionen Budget wurde Gerbert Schwaighofer vom Linzer Landestheater nach Graz geholt.

Mitte Oktober sollen die ersten Ergebnisse der Denkarbeit präsentiert werden. Projektskizzen und längerfristige Schwerpunkte für die Kulturhauptstadt Graz werden dabei vorgestellt. Und Gelüftet wird auch das Geheimnis um das Logo für Graz 2003. Es wird also schön langsam konkret.

Den größten Schritt in der Vorbereitung für 2003 hat die Politik gemacht. Lob ist aber nicht angebracht. Denn immerhin 15 Jahre und rund 30 Millionen Schilling Steuergeld hat die Diskussion um eine Veranstaltungshalle für Graz gekostet.

Diskutiert wurde über Entwürfe und vor allem über Standorte. Die Unentschlossenheit der Politiker machte schließlich eine Volksbefragung (inklusive dazugehörigem Wahlkampf) notwendig. Das zur Abstimmung gestandene Projekt am Schloßberg fiel durch. Da sich das Jahr 2003 aber nicht verschieben ließ, war Eile geboten und Ende August dieses Jahres beschloß der Grazer Gemeinderat den Ankauf der Liegenschaft "Eisernes Haus", um dort das so lange geforderte Grazer Kunsthaus zu errichten. Ein Zentrum für Kunst und Kultur soll über der Mur entstehen, das Platz bietet für ein Museum und verschiedene Ausstellungen. Schon ist der Architektenwettbewerb EU-weit ausgeschrieben. Im Februar 2001 soll Baubeginn sein.

Mit der Entscheidung für das Kunsthaus werden die baulichen Investitionen für die Stadt nicht abgeschlossen sein. Programmkoordinator Lorenz wünschte sich vom Grazer Gemeinderat neben dem Kunsthaus noch den Ausbau des Grazer Congresses, ein Zentrum für neue Medien, ein voll nutzbares Forum Stadtpark, ein Konzept für den Schloßberg, eine Belebung der Murufer und die Neugestaltung der Grazer Innenstadtplätze.

Damit hat er seinen Finger in die Wunden der Grazer Stadtpolitik gelegt. In den letzten Jahren ist es gelungen, den Sommer mit Veranstaltungen wie Jazzsommer oder "Classics in the city" zu beleben, große infrastrukturelle Maßnahmen sind aber ausgeblieben.

Die Kulturhauptstadt 2003 hat keinen auf den ersten Blick erkennbaren Hauptplatz. Zahlreiche Marktstandln verstellen einen Blick auf den Brunnen. An ihnen donnern sieben Straßenbahnlinien vorbei. Beliebtes Argument gegen die Durchführung eines Events ist auch der Naturschutz. So versuchten etwa Naturschützer, als Sturm Graz seinen ersten Meistertitel in der österreichischen Fußballbundesliga mit einem Feuerwerk feiern wollte, die erwartete Lärmbelästigung mit einem Hinweis auf brütende Vögel am Schloßberg zu verhindern.

Drei Jahre bis 2003. Noch viel zu tun in Graz! Programmdirektor Wolfgang Lorenz hat seinen Vertrag nur bis zum Jahr 2001 verlängert. Das ist wohl als Appell an Politiker aufzufassen, sich für kulturpolitische Maßnahmen nicht immer 15 Jahre Zeit zu lassen. Zitat Lorenz: "Ich möchte nicht Kapitän der steirischen Titanic werden."

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung