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Die Stifte Steiermarks

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Ein Ehrenbuch der Heimat. Von Dompfarrer Dr. Rochus Kohlbach. Domverlag, Graz 1954

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Ein Ehrenbuch der Heimat. Von Dompfarrer Dr. Rochus Kohlbach. Domverlag, Graz 1954

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Der greise, nach siebenundzwanzigjähriger Regierung krankheitshalber von seinem Amte zurückgetretene Oberhirte der Diözese Seckau- Graz, Erzbischof Dr. Ferdinand Pawlikowski, hat sich in vielen Bereichen des kulturellen Lebens verehrungsvollen und dauernden Dank verdient. Ein besonders glücklicher Augenblick seiner wachen Sorge aber war es, als er seinem federgewaltigen Dompfarrer den Auftrag erteilte, eine Geschichte der Kirchen von Graz zu schreiben, die vor allem der in ihnen verkörperten Kunstgeschichte gelten konnte. Der hohe Protektor und sein gelehrter Historiograph ahnten damals Wohl beide noch nicht, wie kronenweit und lebensstark der Baum ihres liebenden Wunsches in den steirischen Himmel ragen werde.

In voller Natürlichkeit erwuchs die jeweils nächste Aufgabe — auf den Band „Domkirche” mußte jener über die gotischen Kirchen von Graz folgen, .und erst mit der Schilderung des Barocks konnte die kirchliche Kunsttopographie von Graz als abgeschlossen gelten. Ein schlechthin ungeheures, bisher nicht benütztes oder gar nicht gekanntes gegenständliches und archivalisches Material wurde zum ersten Male aufgeboten und damit das Wissen um die schöpferischen Kräfte der Steiermark entscheidend gefördert, und niemand kann sagen, ob diese Reihe gtundändernde Entdeckungen oder die mit der Größe der Aufgabe nur gewachsene Arbeitskraft des Forschers bewundernswerter sind.

Eine Steigerung solcher Leistung schien undenkbar. Und doch hat der Verfasser, ein von der Welt des Heiligen erfüllter Priester und ein zum Worte besonders, berufener, der Heimat verbundener Mann, auch hier den natürlichen Weg beschritten. Mit dem gegenwärtigen Bande erweitert sich sein Werk über die Kirchen von Graz zur kirchlichen Kunsttopographie der Steiermark.

Wie aus der engen Winkeltrautheit einer alten in sich lebenden Stadt der staunende Schritt den zwangvollen Mauergürtel hinter sich läßt und die maifrische Freiheit von Baumänger und Au, von Huben und Hofmarken, von saatgesegneten Gewannen und dunkelnden Wäldern gewinnt, so führt diese neue Gabe uns auf einen frohen und nachdenksamen Osterspaziergang ‘in die laubgrüne Welt der steirischen Stifte.

Hier gilt nicht sosehr Geviert und schmales, obzwar sinnvoll ergründetes und gedeutetes Maß. Hier herrscht der Raum in seiner herbholden Unendlichkeit, und „zum Raum wird hier die Zeit”.

Oder was hat die Zeit anderes zu sagen als Gotteslob, wenn du die jahrhundertealten Klosteranlagen, die Kirchen und Säle, die Bibliotheken und Kunstkammern von Admont, St. Lambrecht, Rein, Seckau und Vorau an der sicheren Hand dieses Mentors durchschreitest in einer Gegenwart, die ernteschwer ist von tausendjähriger Vergangenheit?

Ob wir die erste Nennung von Graz in einer Reiner Weltchronik gewahr werden oder die heute in der Grazer Universitätsbibliothek befindlichen 38 Seckauer Handschriften des zwölften Jahrhunderts bewundern, ob wir den ältesten deutschen Sammelkodex verehrungsvoll grüßen, der seit den Tagen des Hochmittelalters im Stifte Vorau beheimatet ist, oder ob wir uns vor dem Kronzeugen österreichischer und deutscher Ehren und Sturmnöte verneigen: dem Reimchronisten Ottokar, dessen ebenso dichterisch wie historisch einzigartig bedeutendes Werk in den zwei Foliobänden von Admont ruht — überall schmelzen die Zeiten dahin, welche den Beschauer von den Jahrhunderten der Entstehung dieser Denkmäler trennen, und gegenwartsnah und gültig wie die Strahlenmadonna von St. Lambrecht ergreift uns. was jene Mönche mit ihren heutigen Nachfahren verbindet: dasselbe Kleid des arbeitenden Gebetes, und daß ihre Klöster auf demselben steirischen

Grunde stehen, der auch die rauschenden Hochöfen und dröhnenden Werkhallen des heutigen Alltags trägt.

Doch „wenn diese schwiegen, würden die Steine reden“. Seit langem verstummt ist Chorgesang und mitteilendes Wort in den Stiften von Göß, Stainz, Neuberg, Rottenmann und Pöllau. Die Gebäude dienen, soweit erhalten, anderen Zwecken.

Wer aber ist ohne Ergriffenheit durch die Krypta von Göß gegangen? Wer hat ohne Ehrfurcht jenen Cruzifixus betrachtet, der schon hundertjährig war, als Rudolf von Habsburg die österreichischen Lande zu seiner Hausmacht verband? Wer hat nicht den gotischen Ernst der Landschaft von Neuberg mitempfunden und die barocke Fruchtseligkeit von Stainz und Pöllau? In den Zeiten, da von Schollentreue und Erdverbundenheit soviel die Rede geht, sollte ein einziges Mal ganz still bedacht werden, wo ihre wahren Zeugen und Garanten stehen.

Der Schilderung aller dieser Monumenta Styriae sacrae schließen sich in unserem Werke kleine Arbeiten an, deren jede eines besonderen Dankes wert wäre. Wieviel Neues ist zum berichtigten Alten gefügt im kurzen Kapitel „Die steirischen Carlone und die Stifte Oesterreichs"! Unter dem schlichten Titel „Baukundliches" — welche Fülle erfolgreicher Kleinarbeit! Wer nur den Index der „Künstler und Kunsthandwerker" überfliegt, kann die Fülle neuer und bekannter Namen und ihren Bezug auf die steirische Kunsttopographie nur sprachlos bewundern.

Dompfarrer Rochus Kohlbach — ein wahrer Maior domus Styriae — hat mit diesem Bande den stiftischen Reichtum steirischer Kunstfreude in lebendiger Darstellung aufgeboten. Möge ihm Kraft und Gnade gewährt sein, mit dem in Arbeit befindlichen Bande über die steirische Kunstgeschichte des Barocks ein Werk abzuschließen, wie es kein anderes österreichisches Bundesland aufweisen kann.

Archäologie. Von Dr. Andreas Rump f. I. Einleitung. Historischer Ueberblick. Sammlung Göschen. Band 538. Walter de Gruyter & Comp.

Die Bändchen der Sammlung sind für weiteste Kreise bestimmt, aber, da von bewährten Fachleuten geschrieben, stets auf einem wissenschaftlich beachtlichen Niveau gehalten. Vorliegende Arbeit stellt an die Nichtfachwelt sogar hohe Anforderungen, ist aber so klar und eindringlich geschrieben, daß die Aufzählung so vieler Zahlen und Namen keineswegs ermüdet. Dem mit der Materie näher Vertrauten aber ist es ein verläßlicher Behelf für weitere Studien. Gemeint ist fast ausschließlich die heidnisch-griechisch-römische Antike. Aegypten, Babylon, Kreta werden nur nebensächlich erwähnt, die christliche Antike ist nur mit den Arbeiten Wilperts eingeführt. Als Hauptaufgabe aller archäologischen Tätigkeit wird es hingestellt, „nicht durch neu gefundene und neu ausgegrabene Denkmäler die Sensationslust der Mitwelt zu befriedigen, sondern aus den vereinzelten Stücken ein Gesamtbild der antiken Kunst zu rekonstruieren". Schriftstellerische Leistungen von Plinius an bis zur Gegenwart, Ausgrabungsberichte, museale Tätigkeit, Denkmalschutzbestrebungen, auch Hinweise auf zeitweilige Irrwege der Forschung ergänzen sich vortrefflich, wobei jede Generation zur Antike die nur ihr gemäße Einstellung hat. Auch unserer Gegenwart, unserem technisierten Weltbild täte es gut, sich auf die eigene Jugend wieder zu besinnen. Nach dieser Einleitung darf man den folgenden Bändchen mit Vertrauen entgegensehen.

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