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Hauptwerke der bildenden Kunst in der Steiermark

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Geographische Struktur und landschaftliche Formation des Landes lassen summarisch auch eine Trennung nach erhaltenen Denkmälern erkennen: die Mehrzahl mittelalterlicher Werke sind in den Gebirgstälern der Enns, Mürz und oberen Mur bewahrt, jene der Renaissance und des Barock erstrecken sich vermehrt auf das Flach- und Hügelland des Grazer Beckens und der östlichen Steiermark.

Als erlesenes Zeugnis hallstattzeitlicher Kultur ist der Strettweger Opferwagen aus einem Grabhügel bei Judenburg überliefert, und im Schloß Seggauberg besitzt das Land die umfassendste Sammlung römischer Reliefsteine aus der vespasienischen Zivilstadt Flavia Solva südlich von Leibnitz.

Im hohen Mittelalter sind es die Städte- und Klostergründungen (Göß vor 1200, Admont um 1074, St. Lambrecht 1102, Rein 1128, Seckau 1140, Vorau 1163) und die Errichtung eines Burgengürtels, die das 1180 zum Herzogtum erhobene Land kulturell und wirtschaffttch festigen. Anfänglich durch Sälzburger Einfluß bestimmt (Admonter Riesenbibel um 1140, Gaaler Kruzifix und Freskenzyklus in der Johanneskapelle in Pürgg um 1170) erlangt vornehmlich die Wand- und Glasmalerei in der Uebergangszeit zur Gotik im sogenannten Zackenstil (1270—1300) eine eigene Prägung auf steirischem Boden (Göß, Bischofskapelle, Seckau, Johannesfresko; St. Walpurgis ob Leoben, Glasgemälde). Diese beiden Ausdrucksmittel gotischer Ausstattungssysteme sind in relativ hoher Zahl bewahrt: nennenswert die Wandgemälde in Murau, Judenburg (St. Magdalena), Radkersburg (Pistorhaus, profane Darstellungen vor 1400), Utsch, Oberzeiring, St. Ruprecht bei Bruck, Graz (Dom) und die monumentale Gestaltung in der Minoritenkirche in Bruck 1380—1390 (Marter der Zehntausend). Vom reichen Bestand an Glasmalereien verdienen die Scheibenfolgen der Grazer Leechkirche, in Straßengel, der Judenburger Magdalenenkirche und von St. Erhard in der Breitenau .(Herzogswerkstatt) besondere Erwähnung. Hervorragenden Einblick in die mittelalterliche Tafelmalerei und Plastik des Landes gewährt die umfassende und hochbedeutende Sammlung im Landesmuseum Joanneum in Graz (Lambrechter Votivtafel, Meister von Großlobming, große Kreuzigungstafel des Conrad Laib von 1457). Die Baukunst besitzt in der Stiftskirche von Seckau das gültigste Beispiel einer romanischen Basilika (Mitte 12. Jahrhundert), von den zahlreichen Burgen stechen die Riegersburg, Neuberg bei Hartberg und Strechau hervor. Die Leechkirche in Graz, die Stadtpfarrkirche in Murau gelten als früheste gotische Kirchenbauten des Landes (Ende 13. Jahrhundert); in reicher Folge entstehen im 14. und 15. Jahrhundert, oft unter dem Einfluß der Wiener Bauhütte, bedeutende Gotteshäuser (Hallenkirchen in Neuberg, Straßengel, Sankt Lambrecht, Mariazell, Pöllauberg, Grazer Dom), bis sich, bereits nach 1500, Sonderformen der’ spätesten Gotik deutlich abzeichnen (Kirchen in Göß, Rottenmann, Eisenerz, Aflenz und im bürgerlichen Profanbau das Kornmesserhaus in Bruck). Reformation, Bauernkriege und Türkennot treten hemmend in die kulturelle Entwicklung. Im 16. Jahrhundert herrscht der Wehrbau vor und der aus Lugano berufene Festungsbaumeister dell’Allio (Grazer Landhaus, 1 557—1565, Stadtbefestigung von Radkersburg) bestimmt mit seiner Formensprache eine Reihe von Schloßbauten (Hollenegg, Thannhausen, Frondsberg, Herberstein u. a. m.). Graz selbst wnrd 1564 Residenz der innerösterreichischen Lande und erfährt in Verbindung mit den von Erzherzog Ferdinand durchgesetzten Maßnahmen der Gegenreformation eine reich Bautätigkeit. Noch herrschen italienische Baumeister, Stukkateure, Maler und Bildhauer vor. Als Sonderleistung Pietro de Pomis’ kann das Mausoleum in Graz Geltung erlangen (1614—1635), dem das eigenwillige Grabmal der Eggenberger in Ehrenhausen, von Joh. Walter errichtet, vorausgeht. 1595 schafft S Carlone das Mausoleum für Erzherzog Karl in Seckau; ab 1623 entsteht das prächtige Schloß Eggenberg bei Graz, nach dem zweiten Weltkrieg wiederhergestellt und allgemein zugänglich gemacht.

Im 1643 erbauten Zeughaus in Graz ist noch heute das vollständigste Waffenmagazin aus der Türkenzeit zu sehen. Zu Ende des 17. und zur Wende des 18. Jahrhunderts folgen die großartigen Gesamtleistungen hochbarocker Kunst — die einheitlichen, Stuckdekor, Malerei und Altäre umfassenden, ikonographisch geschlossenen Ausstattungen großer Ausschnitt aus dem Kreuzigungsfresko der Filialkirche St. Ulrich in Utsch, vor 1400. Entdeckt 1957 Aufnahme: Bundesdenkmalamt Wien Kirchenräume in Mariazell, Vorau, Poliau, Stainz, Leoben, St. Xaver und Frauenberg bei Admont, wobei, nach mehr als jahrhundertelangem Wirken italienischer Künstlerfamilien wieder deutsche Namen aufscheinen. Die Einflußsphäre verschiebt sich, der „deutsche” Barock gelangt zum Durchbruch und die Baumeister Hueber, J. Fux, Stengg, und in wenigen Werken der Raumausstattung auch Fischer v. Erlach, die Maler Weißenkircher, Remp, Hackhofer, Görz, Mölck, die Bildhauer Schoy, Stammei, später Veit Königer, prägen die Kunst in der Steiermark im 18. Jahrhundert. Die Stiftskirche Rein, die Doppelturmfassaden der Wallfahrtskirchen Mariatrost, Weiz- berg, der Mariahilferkirche in Graz, die Bibliothek im Stift Admont, die Prälatur in Vorau, die Kuppelkirchen von Ehrenhausen und St. Johann im Saggautal sind die wesentlichen Objekte im kirchlichen, zahlreiche Stadtpaläste in Graz (Palais Attems, Herberstein, Welserheimb), die Schlösser Gösting, Schieileiten und Kirchberg im profanen Bereich.

Ausgezeichnete Uebersicht über die Standardwerke barocker Kunst gewährt die Sammlung der Alten Galerie in Graz; die Neue Galerie verwahrt die subtilen Werke der bürgerlichen Kunst vom ausgehenden 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart, mit denen sich die Namen Gauermann, Loder, Th. Ender, Kriehuber, Raffalt, Kreuzer und Kuwasegg verbinden.

Die Baugesinnung hält bis zur Mitte des vergangenen Jahrhunderts an. Der reife und späte Klassizismus schließlich zeigt Leistungen in Fassaden-, Straßen- und Platzbildungen (Freiheitsplatz mit dem Schauspielhaus Peter v. Nobiles von 1824/25; Opernring mit Bauten Hauberissers; Glacis), die noch heute in ihrer noblen Behaglichkeit wesentlichen Anteil am Gepräge der Landeshauptstadt besitzen.

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